Ein neuer Tag

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RILEY

Was ist es das mich zu ihr zieht, dass mich innerlich erschauern lässt, sobald ich mich in ihrer Nähe wähne. Ist es ihr Lächeln, die tiefgrünen Augen, an denen ich mich nicht satt sehen zu vermag oder ihr Geruch, der mich jedes Mal in ihren Bann sog. Egal wie sehr ich mich darum bemühte es zu verstehen ich konnte es einfach nicht greifen und so lag ich noch Stunden nachdem sie fort war, dort in meinem Boxspringbett. Gebannt von meinen Gedanken und Empfindungen, noch nie hatte ich so empfunden diese tiefe Begierde einen Menschen nahe zu sein, die Hoffnung auf ein schnelles Wiedersehen und das die Zeit stehen zu bleiben vermag, wenn sie bei mir war. Leider war dem nicht so, im Gegenteil.

 War sie bei mir so rannte die Zeit nur vor mir davon und es kam immer wieder dieser Schmerzende Moment, an dem sie zurück in ihr Elternhaus musste, zurück in eine Welt, in welcher ich nicht willkommen war, da ich nicht war wie jedes andere Mädchen in dieser kleinen Stadt. Hier kannte jeder jeden und alle schienen anzunehmen das ich das reine böse verkörperte mit meinen eins achtundsechzig, dem Schulterlangen zerzausten Haaren die beinahe sämtliche Farben innehatten und meine Art mich zu Kleiden. Die Mädchen in dieser Stadt waren beinahe alle mit einer zahlreichen Sammlung von Röcken und Kleidern ausgestattet, die vermutlich vermögen gekostet haben, während ich lieber dunkle Cargo Hosen, einfache Oberteile und meine schwarze Lieblingslederjacke trug. Schon seit dem ersten Tag in dieser Kleinstadt wünschte ich mir zurück nach New York ziehen zu können in das drei Zimmer Apartment meiner Mutter, jedoch saß ich hier fest, bei einem Vater, den ich kaum kannte und in einer Stadt die ich abgrundtief verachtete, alles in Gellenhorn rief in mir das Bedürfnis hervor fliehen zu wollen. Plötzlich drängte sich mir ein paar grüner Augen ins Gedächtnis, Okey vielleicht war nicht alles an diesem Ort schrecklich zumindest gab es eine Sache die es nicht war.

Ich streckte mich auf dem Bett aus, nahm das Kissen auf welchem ihr Kopf gelegen hatte und sog den mir inzwischen so vertrauten Duft ein. Ob sie mich wohl ebenso vermisste wie ich sie. Was rede ich da nur für einen Unsinn, sie war das beliebteste Mädchen der Schule, wenn nicht sogar der ganzen Stadt jeder Junge warb um sie und jedes Mädchen wollte so sein wie sie. Ich verstand noch immer nicht warum sie überhaupt mit mir redete, wo doch alle anderen mich mieden und einige sogar die Straßenseite wechselten sobald sie mich sahen.

 Mein biologischer Vater rief plötzlich nach mir doch ich wollte den einzigen Ort an dem ich mich wohlfühlte noch nicht verlassen, hier in diesem Zimmer befanden sich meine gesamten Einrichtungsgegenstände aus New York die ich mitnehmen konnte, das überdimensionale Boxspringbett, die leicht geschwungenen weiß schwarzen Beistelltische jeweils einen auf jeder Seite des Bettes, rechts davon um den großen Raum etwas zu teilen ein modernes in schwarz gehaltenes Stufenregal auf welchem eine riesige Auswahl an Romanen und Wissenschaftsbüchern stand. Ein gutes Stück daneben stand mein gigantisches Sofa in dunkelrot, auf diesem hatten mit Sicherheit vier Leute platz, davor lag ein schwarzer Kuschelteppich und auf diesen zierte ein eleganter Glastisch den Raum. Die Kirschbaum Wohnwand gegenüber der Sitzgarnitur vermittelte mit dem darauf stehenden Flachbildfernseher eher das Gefühl in einem Wohnzimmer zu sein als in einem Jugendzimmer. Da das Zimmer so viel Platz bot konnte ich es mir zumindest gemütlich machen, wenn ich schon hier festsaß. Als ich mich von meinem Bett abstieß um dem mittlerweile wütenden Rufen meines Vater folge zu leisten sah ich mich ein letztes mal in meinem Zimmer um, wobei mein Blick auf die an der hinteren Wand angebrachten Gitarren hängen blieb. Es hingen genau drei dort, meine eigene und die meiner Mutter und meines Stiefvaters, den ich mehr als meinen Vater sah wie meinen echten. Ein Stechen zog sich durch meine Brust und ich sah zu Boden, weg von der Erinnerung an sie. So machte ich mich schlussendlich auf den Weg nach unten auf in mein neues Leben. Mein Zimmer befand sich im Obergeschoss des riesigen Hauses, auf dieser Etage gab es außerdem eine offene Küche, zwei Badezimmer und eine Dachteerasse, auf der ich mich manchmal zurückzog, wenn ich mich von der Welt abkapseln wollte. Die Treppe zierte ein eleganter in Gold gehaltener Handlauf, der am Ende zu einem Löwen wurde. Mein biologischer Vater war einer dieser Reichen Snobs in Gellenhorn und wurde hier hoch angesehen, es hatte ihm gar nicht gepasst das seine Missratene Tochter zu ihm gezogen war, zumindest vermittelte er mir immer zu das Gefühl nicht erwünscht zu sein. Ich wollte nicht hier sein, nicht in diesem Haus das einem dieser Magazine für reiche Entsprungen sein konnte, ich hatte nicht darum gebeten bei ihm Leben zu müssen, nicht dafür und auch nicht für das Geld. „Riley komm endlich wir warten schon eine Ewigkeit." als ich um die Ecke bog sah ich meinen Vater und seine Frau, bei dem Anblick wurde mir schlecht sie sahen aus wie aus dem Ei gepellt. Er in seinem feinsten schwarzen Anzug und sie in einem eng geschnittenen blauen Seidenkleid das mehr Busen zeigte wie gut für sie war. Seine Frau war nicht hässlich, sie war groß zumindest größer als ich selbst, trug langes blondes Haar und hatte warme haselnussbraune Augen. Sie hatte vom ersten Tag meiner Ankunft versucht mit mir auf einen Nenner zu kommen, doch selbst nach den zwei Wochen die ich inzwischen hier bin habe ich ihr keine Chance gegeben. Es lag nicht einmal an ihr, ich war Momentan einfach nicht dazu bereit jemanden an mich heran zu lassen, ihm zu zeigen wie ich mich wirklich fühlte. Mein Vater scharte ungeduldig mit seinen Füßen und sah mich mit seinen eisblauen Augen abschätzend an. „Na wird ja auch endlich Zeit, so willst du mit zu den Guillions?" Sein Tonfall war eisig und ließ mich verärgert die Arme vor der Brust verschränken. Er schien das als ein ja zu deuten und ging einfach Kopfschüttelnd voraus, wobei er seine Frau hinter sich her zog. Während ich hinter den beiden her schlurfte dachte ich an den ersten Tag an dem ich bei ihnen angekommen war, ich war mehr als überrascht gewesen als ich ihn zum ersten mal gesehen hatte. Mein Vater hatte die selben Augen, die selben Haare und sogar sein Gesicht ähnelte dem meinen. Ich hatte meiner Mutter nie geglaubt als sie sagte ich wäre meinem leiblichen Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Vielleicht wollte ich es einfach nicht wahrhaben, einer Person ähnlich zu sehen die meine Mutter und mich für eine andere Frau verlassen hatte. Ich sah mein Spiegelbild in der Autoscheibe der Limousine und sagte mir selbst das ich meiner Mutter ebenso ähnelte, ich hatte ihre Stupsnase und die vollen Lippen, auch meine Augenform ähnelte mehr ihren als der meines Vaters. Bei dem Gedanken daran das ich sie immer irgendwie bei mir hatte musste ich Grinsen als ich in den Wagen stieg, doch dieses erlosch sobald mein Vater das Reden übernahm. „Es gibt zwei einfache regeln an die du dich zu halten hast, erstens mach keinen Unfug und zweitens sprich nur wenn du dazu aufgefordert wirst." „Rodger meinst du nicht das du ein wenig übertreibst?" Die Stimme seiner Frau war empört. „Nein das denke ich nicht." Entschlossen drehte er den Schlüssel im Zündschloss und Fuhr genervt über die Straßen Gellenhorns. Die Autofahrt dauerte kaum fünfzehn Minuten und als wir vor dem alten Herrenhaus parkten staunte ich über den guten Erhalt des Bauwerks, die Fassade bröckelte nicht einmal, es schien wie frisch erbaut und doch konnte man an einigen Stellen erkennen das es das nicht war. Der Efeu rankte die weißen Außenwände herauf und Äste einiger umstehender Bäume wogen auf dem Ziegel Dach. Beim Aussteigen knirschte der grau weiße Kiesel unter meinen schwarzen Boots. „Komm schon." Ich zog meine schmalen Schultern an und folgte den beiden in das Haus wo wir von einem älteren Ehepaar begrüßt wurden, auf dem ersten Blick könnte man meinen die beiden seien liebe alte Leute doch dem war nicht so, seit ich vor zwei Wochen hier angekommen war hatten sie sich mit meinen Vater nur über mich ausgelassen wenn sie dachten ich bekäme es nicht mit. „Geh doch zu den anderen Mädchen sie sind im Garten, sicher würden sie sich Freuen dich zu sehen." Ich setzte ein unwirkliches lächeln auf und nickte der älteren Dame mit ihrem beinahe schon weißen hochtoupierten haaren zu. Als ich in Richtung Garten ging hörte ich wie sie meinen Vater fragte warum sie mich nicht Zuhause hatten lassen können, die Antwort darauf konnte ich jedoch nicht verstehen da ich bereits außer hör weite war. Was hatten die Menschen hier nur für ein Problem mit mir. Als ich den Garten betrat sah ich die ganzen Mädchen und Jungen zusammenstehen, worüber sie sich unterhielten bekam ich nicht mehr mit da sie sofort mit ihren Erzählungen stoppten als sie mich sahen. „Was will die denn bitte hier?" „Ist sie nicht die Tochter von Rodger Blake?" „Niemals, ich hab gehört das er sie von der Straße aufgelesen hat, ich an seiner Stelle hätte sie dort gelassen." Die Worte und das Gekicher der Personen drang an mein Ohr und ich verspürte nur noch mehr den Drang zu verschwinden. Mit gesenkten Schultern und den Händen in der Tasche ging ich an ihnen vorbei ohne sie auch nur anzusehen. „Ich verstehe wirklich nicht warum Avary sich mit ihr abgibt." Bei dem Namen horchte ich auf und verlangsamte meinen Gang ein wenig. „Das ist bestimmt so eine Art soziales Projekt oder so, ihr wisst ja wie Sozial Avary ist." Alle stimmten der weiblichen Stimme zu und ich selbst fragte mich ob vielleicht dies der Grund war warum Avary mit mir Sprach und Zeit verbrachte. So schlenderte ich einige Zeit über die riesige Wiese, zwischen Bäume und Geäst hindurch bis ich an einen Kleinen in Vergessenheit geratenen Teich ankam, ringsherum standen einige Große Steine an vielen von ihnen versuchte das Moos ein Wettrennen hinauf und andere wurden ausgespart. Der Ort hatte etwas Friedliches umgeben von Bäumen geschützt vor neugierigen oder verhöhnenden Blicken setzte ich mich auf einem Stein nahe des Teichs und sah hinein. Mir entgegen Blickte eine verzerrte Version meiner selbst und die Gedanken begannen erneut ihren Kampf in meinem Kopf, jene Gedanken die mich seit Wochen nicht Schlafen lassen, die mich immer und immer wieder an das Erinnern was geschehen war und meine Sehnsucht nach meine Mutter und meinem Stiefvater tief in mir anfachte. Ich spürte das mittlerweile allzu bekannte brennen hinter meinen Augen und stützte mich mit meinen Ellbogen auf die Knie. Warum war ich nicht mit ihnen Gefahren, warum bin ich an diesem Tag zuhause geblieben, die Wut über diese Entscheidung durchschnitt die Trauer und machte sich in jeder Faser meines Körpers breit. Ich stieß einen Stein vor mir in das Wasser und betrachtete wie es Wellen schlug. „Hey du, was machst du hier ganz allein?" Ihre helle Stimme bahnte sich einen Weg durch meine verworrenen Gedanken, bevor ich sie ansah überprüfte ich schnell ob sich eine Träne gelöst hatte zu meinem Glück war dem nicht so. „Ich gehe den anderen aus dem Weg und was ist mit dir Prinzessin wo ist dein Gefolge?" Den Spitznahmen hatte sie bereits vor anderthalb Wochen von mir bekommen, sie hatte an dem Tag das erste mal mit mir gesprochen. Ich konnte mich noch an jede Einzelheit erinnern. Wie ihr Gefolge mich verfolgt und gequält hatte, sie waren mir bis zum Rand des Schulgeländes gefolgt, gerade dann als ich von einer dieser Zicken gepackt wurde Tauchte Avary wie aus dem nichts auf und Befahl ihnen sich zurück zu ziehen. Obwohl ich nicht gedacht hatte das sie es tun würden gehorchten sie ihr, von dem Moment an nannte ich sie so.

Sehnsucht (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt