Eifersucht

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RILEY

Der Abend, an dem ich Avary beinahe geküsst hatte, war nun drei Tage her, seitdem hatten wir nicht mehr miteinander gesprochen oder uns auch nur angesehen. Sie war mit ihren Freunden in der Schule beschäftigt und ihr Freund nahm sie permanent in Beschlag, küsste sie hier und dort, wann immer er mit ihr unterwegs war. 

Es machte mich wütend die beiden so zu sehen, wie er ihr den Arm um die Schulter legte und sie ganz für sich hatte. Dieses Gefühl, das mich beinahe zu ersticken drohte, sickerte in jede einzelne Pore meines Seins und ich wusste manchmal nicht wo oben oder unten war, was machte sie nur mit mir, warum empfand ich so ein stechendes ja gar schmerzendes ziehen, wenn ich sie beide zusammen sah. Selbst bei meiner letzten Freundin habe ich so etwas noch nie empfunden zumindest nicht derart stark. Eifersucht! Ich hasste sie, dieses Gefühl war sinnlos, es schmerzte und war Anregung vieler noch verschlimmernder Vorstellungen. Aber was hatte ich auch erwartet, nachdem was an dem Abend geschehen war, erst die Aufdringlichkeit meinerseits und dann auch noch die Standpauke meines Vaters, warum ich zu einigen Unterrichtsstunden nicht auftauchte. Natürlich hatte er vor ihr nicht so übertrieben, doch das hatte schon gereicht damit sie verlegen verschwunden ist. In den letzten drei Tagen schlief ich nur sehr wenig und war dauernd wütend, ich versuchte allen aus dem Weg zu gehen und mied inzwischen sogar Avary ich wollte sie nicht mit Tom sehen oder ihren Freunden, denn dies führte mir vor Augen, was ich niemals haben konnte und doch so sehr begehrte.

 Die Stunden zogen sich in die Länge und ich fragte mich ob der Tag niemals zu Ende gehen würde, es war gerade einmal die dritte Stunde angefangen und vor mir lagen noch weitere fünf Stunden, ehe ich der Freiheit entlassen wurde. Mr. Becks betrat den Klassenraum und kündigte an das die nächsten fünf Stunden für ein Projekt der Schule genutzt werden würde, was wie er erklärte, bedeutete das in Partnerarbeit ein Thema bearbeitete und am darauffolgenden Tag präsentiert werden würde. Alle in der Klasse begannen bereits sich einen Partner zu suchen als Mr. Beck plötzlich um ruhe bat und zwei Lostöpfe auf sein Pult stellte. „Da dieses Projekt der Teamfähigkeit gezollt ist, soll ein Zufallsprinzip entscheiden mit wem ihr an welchem Thema arbeitet..." Das Geflüster von Avary und Amanda lenkte Mr. Becks Aufmerksamkeit direkt auf die beiden. „Ms. Winter wie ich sehe wollen sie beginnen." Ich beobachtete aus dem Augenwinkel heraus wie sie ihre Schultern straffte und sich erhob ehe sie galant einen Zettel aus dem Lostopf zog. Neugierig mit wem sie arbeiten würde, bemerkte ich wie ihr Lächeln auf den Lippen versagte und sie in meine Richtung sah. „Wollen sie uns nicht daran teilhaben lassen mit wem sie zusammenarbeiten müssen?" Sie räusperte sich und nannte meinen Namen, ohne mich anzusehen, doch dafür taten es alle anderen. „Gut Ms. Blake dann sind sie nun damit dran das Thema ihrer Partnerarbeit zu ziehen." Wohl wissend, dass  sämtlichen Augenpaare auf mich gerichtet waren stand ich auf und schlurfte nach vorne ohne auch nur eine Person anzusehen, nicht einmal den Lehrer würdigte ich eines Blickes. Der Lostopf schien mich auszulachen und ich griff erzürnt hinein und betete nur dass es kein Peinliches Thema sein würde. Als der Zettel gezogen war wagte ich erst nicht ihn zu öffnen, doch das genervte Schnalzen des Lehrers ließ mich den Zettel dann doch auseinander falten. 

Meine Augen weiteten sich als ich das Thema las und ich versuchte nicht laut loszulachen, das konnte einfach nicht wahr sein. „Welches Thema haben sie gezogen Ms. Blake?" Ich las den Zettel erneut und straffte meine Schultern. „Das Thema ist Homosexualität." Ein Raunen ging durch die Klasse und Worte wie „Das passt" oder „Avary sollte aufpassen" wurden ausgetauscht bis der Lehrer um Ruhe bat und uns entließ, damit wir unseren Recherchen nachgehen konnten. Wie gut das er uns direkt entlassen hatte, ich glaube nicht das ich noch weiter in der Klasse hätte sitzen können. Wir nahmen unsere Taschen und verließen den Raum und ich war mir sicher das alle uns hinterher starrten. Beim Verlassen des Klassenraums war ich darauf bedacht Avary nicht zu nahe zu treten oder sie anzusehen. „Sollen wir in die Bibliothek oder willst du lieber in den Computerraum?" Ihre helle Stimme weckte die Sehnsucht in mir die ich versuchte zu verbergen und ich konnte nicht umhin sie anzusehen, warum nur begehrte ich diese Frau. „Ich würde sagen wir gehen in die Bibliothek." Mit einem nicken ihrerseits schritten wir durch die Hallen der Gellenhorn School und bogen ab und an um eine Ecke, bis wir vor den beiden Schwingtüren der Bibliothek zum Stehen kamen. Keine von uns beiden Sprach ein Wort, während wir die riesige Bibliothek betraten und Bücher zum Thema heraussuchten, wir nutzten sowohl positive als negative Verfassungen darüber. Meine Gedanken waren nicht im Stande an das Projekt zu denken, der Abend ging mir immer und immer wieder durch den Kopf und ich wollte so gerne mit ihr darüber sprechen, ihr sagen das es mir leid tat und das ich unsere Freundschaft vermisse, ich wollte einfach das sie wieder Teil meines Lebens hier war, sie war das einzige gewesen das mich aus meiner Depression hatte holen können. Gemeinsam beschlossen wir, uns in einen der Gänge zwischen den Bücherregalen zu setzten, um so möglichen blicken einiger unseres neugierigen Klassenkameraden zu entgehen. Die dritte Stunde schlich nur so dahin und als die vierte Stunde begann konnte ich nicht mehr länger nur in diesen veralteten Büchern stöbern, ohne auch nur ein Wort mit Avary zu sprechen. „Avary, ist alles gut zwischen uns?" Sie hielt inne, in der linken Hand den Stift, auf welchem sie beim Lesen herumgekaut hatte. Ihre Augen hatten diesen dunklen Schleier als sie zu mir Sprach. „Natürlich warum sollte dem nicht so sein." Sie log. „Wenn es wegen des Abends war, tut mir leid falls ich..." Mit einer abrupten Handbewegung schnitt sie mir das Wort ab. „Ist schon gut du kannst ja auch nichts dafür das dein Vater so ausgeflippt ist." Ich nickte teilnahmslos und widmete mich wieder den Büchern, wenn sie nicht mit mir reden wollte, konnte ich sie auch nicht dazu zwingen, auch wenn es mich schmerzte so musste ich dennoch warten bis sie von sich aus kam. So zogen sich zwei weitere Stunden und wir waren gerade einmal bei der Hälfte der Bücher angelangt, eines schlimmer als das andere. Irgendwann zwischen der fünften und sechsten Stunde fanden uns dann ihr Freund und Amanda. „Ach hier seid ihr beide, wir haben schon überall nach euch gesucht." Amandas stimme hatte diesen eisigen Tonfall, den sie auch bei den Guillions hatte und bedachte mich auch heute mit ihren niederträchtigsten Blick. „Hey Babe ich habe dich in der Pause vermisst." Ich beobachtete, wie er sich neben sie setzte und ihr einen Kuss gab. Genervt sah ich auf das Buch in meiner Hand, wobei mein Blick direkt auf die Worte „Abartigkeit, Abnormal und Krankhaft" vielen. Mein Magen zog sich zusammen und ich wollte einfach nur noch weg von hier, weg von Avary und ihrem Freund. „Eigentlich müsstet ihr doch schon längst fertig sein mit eurem Thema schließlich hast du doch eine Insiderin neben dir sitzen." Amanda sah Avary direkt in die Augen und deutete abschätzend auf mich. Sie wusste ja gar nicht wie recht sie hatte und doch war ich nicht bereit mich derart behandeln zu lassen. Dieses zerreißende Gefühl, das sich bereits die letzten Tage über angestaut hatte, ließ mich aufstehen. Ich richtete mich zu meiner vollen Größe auf und sah bedrohlich auf Amanda herab. „Was ist eigentlich dein Problem mit mir?" Meine Stimme war tiefer, als sonst und es scherte mich nicht wie laut ich sprach. „Das ist nicht dein Ernst oder sieh dich doch einfach nur mal an. Du gehörst nicht hier her und ganz sicher will dich niemand hier" Aus den Augenwinkel heraus konnte ich sehen wie Tom und Avary ebenfalls aufgestanden waren. „Selbst dein eigener Vater schämt sich für dich." Ich ging noch einen Schritt auf sie zu und warnte sie das sie mich besser in Ruhe lassen sollte.

 Amanda begann zu Lachen und selbst Tom stieg mit ein, wie Avary reagierte konnte ich nicht sehen ich war zu sehr darauf bedacht Amanda nicht auf der Stelle eine Lektion zu erteilen. „Amanda, müsst ihr nicht weiter an euren Thema Arbeiten?" Alle sahen zu Avary die ganz gelassen wirkte, obwohl ihre Augen eine andere Sprache sprachen. „Du hast ja recht." Sie lächelte wobei ihre perfekten weißen Zähne hervorblitzten. Widerwillig trat ich einen Schritt zurück und versuchte mich zusammenzureißen. „Erziehung ist schließlich eines der Wichtigeren Themen nicht das meine Kinder später so werden wie sie, wer weiß was ihre Mutter alles in der Erziehung falsch gemacht hat." Wieder dieses Lachen. Sie wandte sich mit Tom zum Gehen und etwas in mir schien zu brechen, ich wollte ihr einfach nur den Gar aus machen und gerade als ich meiner Wut freien Lauf lassen wollte griff Avary nach meinem Arm. „Tu es nicht, sie ist es nicht wert." Ich sah auf ihre Hand an meinem Arm und dann in ihr Gesicht. Es lag so viel Sorge in ihren Augen das mir beinahe die Luft weg blieb. „Lass uns weiterarbeiten okay?" Die Wut war verpufft und alles, was ich tun konnte war nicken und mich setzten. „Also ich finde das, dass meiste was in den Büchern steht Totaler Bullshit ist, ich meine hallo in welchem Jahrhundert leben wir, Homosexualität ist doch keine Sünde oder Krankheit. Niemand kann sich aussuchen in wen man sich verliebt und ganz sicher ist es keine Sünde zu lieben." Die ganze Zeit über hatte sie Recherchiert, ohne wirklich etwas zu sagen und nun offenbarte sie mir, dass sie Homosexualität Unterstützt. „Ich bin da voll und ganz deiner Meinung." Unsere Blicke trafen sich und hielten einander fest, bis sie sich schließlich räusperte und leicht errötete bevor sie weitersprach „Stimmt das eigentlich was Amanda behauptet hat?" Mein Herz setzte eine Sekunde aus und ich wich ihrem Blick aus. Ich wollte nicht dass sie anders von mir dachte, auch wenn sie nicht gegen Homosexualität zu sein schien so konnte ich mir nicht sicher sein ob sie mich nicht anders behandelte. Plötzlich spürte ich wie sie ihre Hand auf meinen Unterarm legte. „Du musst nicht antworten, wenn du nicht willst, du sollst nur wissen das mir dieses Detail nicht so wichtig ist, es verändert nichts daran wie ich mich dir gegenüber Verhalte." Ich schluckte schwer als sie ihre Hand wieder wegnahm und sich den Büchern widmete. „Es stimmt." Die Worte waren, ohne mein zu tun aus mir herausgebrochen und ich konnte sie nicht wieder zurück nehmen. „Warum verschwenden wir dann noch Zeit mit diesen ganzen Wissenschaftsbüchern, wenn du doch viel besser Informiert bist." Sie zwinkerte mir zu und schlug das Buch mit einem Lächeln zu. „Also fangen wir an die Wahrheit aufzuschreiben." Ich musste über ihre neu erweckte Motivation lächeln und so begannen wir alles aufzuschreiben was ich über das Thema wusste und das war nicht gerade wenig. Die folgenden Stunden vergingen viel schneller wie die Vorherigen und es war an der Zeit für uns zu gehen. Gemeinsam verließen wir mit unseren Unterlagen die Bibliothek und schlenderten die inzwischen leeren Flure entlang, nur noch vereinzelt traf man auf einen Schüler, der sich in den Wirren der Gänge herumtrieb. „Also es war wirklich interessant das Thema aus deiner Sicht erklärt zu bekommen." Ich nickte nur und setzte weiterhin einen Fuß vor den anderen. Wir hatten schon beinahe die Ausgangstür erreicht als sie auf einmal stehen blieb und mich fragend ansah. „Das wir in den Ferien gemeinsam Zeit verbringen steht doch noch, oder?" Sie klang in diesem Moment wie ein kleines Kind und ich konnte nicht umhin zu lächeln. „Natürlich steht das noch zumindest von meiner Seite her." Langsam hellte sich ihr Gesicht auf und ein mir undefinierbarer Ausdruck schlich sich in ihre Augen. „Hier bist du ja, komm endlich wir wollen los." Tom legte einen Arm um ihre Hüfte und zog sie besitzergreifend an sich. „Du siehst doch gerade das ich mich unterhalte." Ihr lächeln war verschwunden und ebenso jede Spur der Freude in ihrer Stimme. „Komm schon Babe du hast morgen früh immer noch genug Zeit um mit der über den ganzen Homo scheiß zu reden." Sie entzog sich seiner Umarmung und wies ihn an schon mal zum Auto vorzugehen, was er nach einigem Zögern auch tat. „Er ist ein Trottel und hat keine Ahnung, wovon er spricht... sollen wir morgen früh zusammen zur Schule gehen dann können wir alles noch einmal durchgehen bevor wir morgen die Präsentation halten müssen." „Können wir machen." Ohne Vorwarnung umarmte sie mich und schritt dann schnellen Schrittes hinter ihren Freund hinterher. Ich sah ihr noch einige Zeit nach und fragte mich, was in sie gefahren war.

Autor

Dieses Kapitel ist ein wenig kürzer als die vorherigen. Ich hoffe dennoch das es euch gefällt.

Sehnsucht (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt