CHAPTER 3

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„Isy...jetzt hör mich doch bitte einfach nur zu... Ich möchte doch einfach nur mit dir reden...", versuchte ich es mit Sicherheit schon ein tausendstes Mal, seitdem uns die Bullen auf die Polizeistation gebracht hatten.

„Ich möchte mich aber gerade nicht mit dir unterhalten, Julian...", entgegnete mir mein fester Freund in diesem Augenblick ungehalten und in seiner Stimme konnte ich definitiv einen verletzten Unterton heraushören.

„Isy...bitte... ich kann dir das alles erklären...", wagte ich einen letzten Versuch und vor Verzweiflung und Resignation hätte ich am liebsten meinen Kopf gegen die rohe Backsteinmauer der Aufbewahrungszelle gehauen.

„Hast du es nicht kapiert?", mischte sich jetzt ausgerechnet noch dieser Unsympath Logan mit ein und er rief: „Siehst du denn nicht, dass er nicht mit dir reden möchte?"

„Halt dich da raus, Logan...", knurrte ich Tess Cousin durch die Gitterstäbe ein und ich ballte meine Hand zur Faust, als ich beobachtete, wie dieser Wichser es auch noch wagte, dabei vorsichtig und auf Möchtegern-tröstende Art seinen trainierten Arm um Isys schmale Schulter zu legen.

Bestimmt war es eine nette Abwechslung für die Beamten des NYPD, dass sie heute eine keifende Streiterei zwischen drei Schwulen beobachten konnten. Und obwohl es mir auf gewisse Art und Weise mehr als unangenehm war, dass der Rest der Insassen der zwei Ausnüchterungszellen sowie das halbe Police Departement die Beziehungsprobleme von Isy und mir mitanhören konnten.

Natürlich hatte man uns nach diesem kleinen Zwischenfall auf Jonathans Party getrennt und zwecks Sicherheitsgründen hatte man mich und Logan dabei in verschiedenen, nebeneinander liegenden Zellen untergebracht.

Und es hatte mich zutiefst gekränkt, dass es Isy offenbar vorgezogen hatte, mit diesem Möchtegern Schönling die Zeit totzuschlagen, anstatt sich mir anzuschließen... Nicht einmal, als man den Schnitt in seiner Hand desinfiziert und verbunden hatten, hatte er mit mir reden wollen und hatte mich stattdessen stur ignoriert.

Jedoch konnte ich meinem festen Freund dieses Verhalten nicht gerade übelnehmen. Denn ich war es, der es zwischen uns verbockt hatte, indem ich Isy nichts von meinem One-Night-Stand mit Tess erzählt hatte.

Inzwischen war es kurz nach halb vier Uhr morgens und ich hoffte zutiefst, dass uns endlich jemand aus dieser schmuddeligen Aufbewahrungszelle herausholen würde, obwohl ich schon ein wenig Angst vor der Reaktion meiner beiden Väter hatte.

Denn vor knapp einer halben Stunde hatte einer der verwahrlost aussehenden Obdachlosen angefangen, sich in das kleine blecherne Plumpsklo zu übergeben und seitdem hing dieser übelriechende Gestank in dem kleinen, stickigen Raum fest.

Insbesondere Baba würde nicht erfreut von der Tatsache sein, dass er mich und Isy mitten in der Nacht, stark alkoholisiert und nachdem wir in eine kleine Schlägerei verwickelt waren, von einer Polizeistation des NYPD abholen musste.

Ich hoffte zumindest, dass ich noch heute Nacht die Chance bekam, mit Isy über dieses Missverständnis zu reden. Denn ich war mir nicht sicher, ob mich Baba mit Hausarrest bis zum Ende des Schuljahres strafen würden, wenn er und mein anderer Dad hier endlich ankämen.

„Und lass gefälligst deine Finger von ihm!", schickte ich dabei noch eine drohende Warnung an den braunhaarigen Lockenkopf hinterher und schlug mit einer Hand wütend gegen die eisernen Gitterstäbe.

„Beruhige dich doch, Jungchen...die Aufregung ist es doch gar nicht wert... ", ermahnte mich eine knapp sechzigjährige Frau, welche sich wohl im Untergrundmilieu als Prostituierte betätigte und aus diesem Grund wohl ebenfalls in der Ausnüchterungszelle gelandet war.

Denn auf andere Weise konnte ich mir die aufreizenden Dessous, für die sich gefühlt dreißig Jahre zu alt und zwei Kleidergrößen zu massig war und welche sie unter einem dicken Pelzmantel trug, nicht erklären.

Fire Heart #LGBT Julians GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt