Wir mussten ruhig bleiben. Das war unsere einzige Option in diesem Moment. Rachel war tot und ich hatte keinen blassen Schimmer, wer so etwas abscheuliches tun könnte. Ich hatte nicht mal eine Ahnung, ob es jemand von uns gewesen war. Soweit ich weiß, hatte Rachel keine Feinde. War ich überhaupt sicher in diesem Apartment oder würde gleich jemand ausrasten und ich wäre die nächste die abgestochen werden würde. Ich war mir nicht ganz sicher, was der nächste Schritt sein sollte. Das Einzige, was ich wusste, war, dass ich Rachels leblosen Körper nicht weiter ansehen wollte. Da war ich bestimmt nicht die einzige. Ich ging ins Wohnzimmer und holte eine von Jessicas Decken von ihrem Sofa und legte sie über Rachel. Margot löste sich langsam von Tommy. Sie hatte sehr viel geweint. Ihre gesamte Wimperntusche lief ihr Gesicht runter. Sie ging aus dem Raum und setzte sich auf das Sofa.
„Kannst du mal aufhören ständig hin und her zu laufen, dass macht mich total nervös. Setz dich einfach hin!", schrie Margot Max an.
Der blieb für einige Sekunden stehen und guckte Rachel schockiert an.
„Es ist mir egal, ob dich das nervös macht oder nicht! Meine Freundin liegt tot in diesem Bad und ich weiß nicht mal, wer ihr das angetan haben könnte. Vielleicht war es ja einer von euch Irren!", schrie Max und lief weiter im Wohnzimmer auf und ab.
Max hatte den gleichen Gedanken wie ich gehabt.
Es könnte einer von uns gewesen sein. Wir waren die einzigen die wusste, dass Rachel sich um diese Zeit in Jessicas Apartment befand.
Ich wusste nicht, wem ich es zutrauen würde, so eine abscheuliche Tat zu begehen. Man musste schon ordentlich Mut haben, um eine Frau von hinten zu erstechen und das auch noch mit so vielen Stichen.
Ich hatte mal ein Buch gelesen, indem stand, dass viele Stiche auf Wut hinweisen würden und dass es persönlich war. So viel Mühe würde sich kein fremder machen und ich wusste nicht, wer so wütend auf Rachel sein konnte, dass er sie einfach so abstechen würde.
Ich ging noch mal in die Hocke und nahm die Decke weg.
Ich dreht sie zurück auf den Bauch und zählte die Einstiche. 34 Einstichwunden konnte ich auf Rachels Rücken finden. 34 das war eine große Zahl und eine Menge Stichwunden. Das war definitiv kein Fremder gewesen. Der Täter kannte Rachel sehr gut.
Ich deckte Rachel wieder zu und ging ins Wohnzimmer, wo ein großes Blatt für Notizen an der Wand hing. Ich schrieb Rachels Namen auf.
Rachel Marie Clark (Opfer)
„Unser heutiges Opfer ist Rachel Marie Clark. Sie ist 23 Jahre alt und wohnt in Seattle, Washington. Die Todesursache sind die 34 Stiche in ihren Rücken. Das Opfer..."
„Rachel.", unterbrach mich Max.
„Rachel arbeitete in der Maple Elementary School in Seattle, Washington. Das Opfer..."
„RACHEL!! Verdammt nochmal ihr Name war Rachel. Rachel Marie Clark. Sie war unsere Freundin. Rede nicht von ihr wie von einem unserer Charaktere, die wir sonst erfinden. Das hier ist echt. Rachel ist tot. Sie kommt nicht mehr wieder. Sie war die Liebe meines Lebens. Nenn sie einfach bei ihrem Namen. Einfach Rachel. Tu nicht so als wäre sie jemand fremdes!", flippte Max jetzt komplett aus und schlug gegen die Wand.
Wir sahen ihn geschockt an.
Ich hatte bewusst Opfer gesagt, denn ich wollte das hier alles nicht wahrhaben. Aber er hatte recht Rachel war tot, sie würde nicht wiederkommen. Das hier war real, nicht erfunden wie sonst. Ich wollte Abstand zu dem ganzen Nehmen und es nicht ganz so persönlich nehmen. Ein weiterer Grund einfach nur Opfer zu sagen anstatt Rachel Marie Clark.
Wir waren alle geschockt von Max Ausraster. So kannte ich ihn gar nicht. Sonst war Max ziemlich ruhig und etwas geheimnisvoll gewesen. Nie hatte ich ihn wütend oder aufgebracht erlebt.
Er hatte Rachel wirklich geliebt. Die beiden hatten vor ein paar Tagen ihren ersten Jahrestag gehabt. Er hatte Rick erzählt, dass er Rachel zu Weihnachten einen Antrag machen würde. Das war jetzt nicht mehr möglich. Er hatte die Liebe seines Lebens verloren. Für immer.
„Tut mir leid..", sagte ich leise.
Mir tat es wirklich leid. Ich wollte ihn nicht verletzen.
„Wie machen wir jetzt weiter?", fragte Samuel.
Alle waren nachdem ich angefangen hatte zu reden in das Wohnzimmer zurück gekommen. Außer Jessica, die war immer noch in der Küche. Sie übergab sich nicht mehr. Mittlerweile weinte sie. Sie weinte bitterlich.
„Du gehst vielleicht mal nach Jess gucken. Sie braucht dich jetzt.", sagte Rick zu Samuel.
Rick war sonderbar ruhig. Normalerweise war Rick aufgedreht und laut. Es gab selten einen Moment, an dem er stillsitzen konnte. Aber er hatte eine Leiche gesehen und diese war niemand unbekanntes für ihn. Logischerweise war Rick gefasst und die Ruhe in Person. So etwas macht was mit einem.
Es verändert einen. Und das nicht im positiven Sinne. Mich würde es nicht wundern, wenn wir nach dem ganzen hier alle zum Psychologen mussten. Wenn wir überhaupt jemals jemandem von dem ganzen erzählen würden.
Niemand würde uns glauben, wenn wir erzählen würden, dass wir während eines Krimiabends die Leiche unserer Freundin gefunden hatten, und dann ohne jegliche Hilfe den Mordfall gelöst hätten. Die würden uns eher direkt einweisen und uns kein Wort glauben. Was würden wir überhaupt mit der Leiche machen. Die könnten wir nicht einfach so hier liegen lassen, bis sie anfing zu stinken und sie jemand finden würde. Irgendwann würden die auf uns kommen und wir würden unser gesamtes restliches Leben hinter schwedischen Gardinen verbringen. Keine Jury würde uns glauben, wenn wir denen das so erklären wie es war. Niemals. Ich sehe es schon in der Seattle Times: "Freundesgruppe tötet Frau kaltblütig."
„Francy? Hey, hörst du uns zu?", fragte Tommy.
„Hä was? Sorry nein ich hab nachgedacht. Was habt ihr gesagt?", stammelte ich.
„Ich hab gesagt, dass wir jetzt erstmal nach Beweisen suchen sollten und nach der Mordwaffe natürlich. So können wir wenigstens etwas Licht ins Dunkel bringen.", wiederholte sich Tommy.
„Klingt gut.", sagte ich und machte mich auf den Weg in den Hausflur, um zu gucken, ob die Fußspuren frisch waren oder nicht. Ich hatte Glück das Blut war noch feucht und ich konnte mit einem Stück Küchenrolle einen Abdruck nehmen.
Ich ging in Richtung Küche und dort stellte sich Samuel mir in den Weg. Jess war wohl immer noch da drin.
„Du solltest da jetzt wirklich nicht reingehen.", flüsterte Samuel.
„Ich brauche nur ein Stück Küchenrolle.", flüsterte ich ebenso.
Samuel nickte und holte mir ein Stück Küchenrolle von der Arbeitsplatte. Ich sah ihn dankend an und lief zurück in den Flur.
Ich nahm einen Abdruck und lief zurück in die Wohnung. Auf dem Weg dorthin begegnete ich Theo, Jess Nachbar. Er sah mich misstrauisch an und guckte sich die Fußabdrücke auf dem Boden an.
„Ist nur Farbe, die geht mit Wasser wieder ab. Wir machen einen Krimiabend.", sagte ich lächelnd. Er musste ja nicht wissen, dass das keine Farbe war, sondern Rachels Blut. Oh Gott, was machten wir hier bloß. Das konnte niemals real sein. Ich hatte bestimmt nur einen schlechten Traum und ich würde jede Sekunde aufwachen und Rachel würde noch leben.
Theo ging weiter. Ich hoffte, dass er jetzt nicht die Cops rufen würde. Das hätte uns jetzt noch gefehlt.
Ich ging zurück ins Wohnzimmer und schloss die Tür hinter mir. Ich nahm eine von den Beweistütchen die Rachel für uns bereitgelegt hatte und legte das Tuch mit dem Abdruck hinein. Danach nahm ich einen Pin und hing das Beweisstück #1 an das Notizblatt unter Rachels Namen. Ich schrieb Beweisstück 1 darunter und wo ich es gefunden hatte. So hatte jeder den vollen Überblick über den ganzen Fall.
Beweisstück 1
Wo: Hausflur
Was: blutige Fußabdrücke
Tommy kam mit einem Foto von Rachels Leiche wieder und hing es ebenfalls an die Wand.
Beweisstück 2
Wo: Bad
Was: Leiche von Rachel Marie Clark
Ich schluckte.
„Das kannst du da nicht hinhängen.", sagte ich zu ihm.
„Wieso nicht? Das ist ebenso ein Beweisstück.", sagte er überzeugend.
Er hatte recht und ich nickte nur widerwillig.
Das hier war wirklich heftig. Anstatt eines normalen Krimiabends lösten wir jetzt einen wasch echten Mordfall und dann war es auch noch der Fall von Rachels Tod. Ich hoffte wir würden nicht zu lange dafür brauchen. Ich konnte mir dieses Foto nicht so lange angucken und vor allem wollte ich nicht so viel Zeit mit Rachels leblosem Körper in einer Wohnung verbringen. Wie lange würde es wohl dauern bis die Leiche anfing zu stinken. Ich holte mein Handy raus und fing an zu recherchieren.
Laut diversen Webseiten würde dies nur ein paar Stunden dauern, aber es käme auf die Raumtemperatur an und wie die Person gestorben ist, bei offenen Wunden würde es schneller gehen. Ich ging zum Thermostat und drehte es so weit runter wie möglich.
„Was machst du da? Willst du, dass wir erfrieren?", fragte Margot laut.
„Ich habe gelesen, dass Leichen nach wenigen Stunden anfangen zu stinken, wenn es zu warm ist. Willst du, dass das ganze Haus gleich weiß, was hier passiert und dass die Cops hier gleich nh Razzia durchführen? Theo hat eben schon so komisch geguckt als er mich gesehen hat.", meckerte ich sie an.
Sie guckte mich kurz an und ging weiter. Sie hatte eines von Jessicas Messern eingetütet und es an die Wand gehangen.
Beweisstück 3
Wo: Küche im Messerblock
Was: Mordwaffe
Ich trat näher an die Wand und sah mir das Messer genau an. Am Griff konnte man noch leichte Blutreste sehen. Mir wurde übel als ich mir vorstellte, dass jemand damit auf Rachel eingestochen hatte.
„Margot? Hast du Fingerabdrücke auf dem Messer gefunden?"
„Nein, der Täter muss Handschuhe getragen haben.", sagte Margot.
Keine Fingerabdrücke auf der Tatwaffe! ->Täter trug Handschuhe
Schrieb ich darunter.
Ich sah mir jeden von meinen Freunden an und ich konnte mir bei keinem von uns einen triftigen Grund vorstellen, wieso sie Rachel umbringen sollten.
Ein Fremder war es aber definitiv nicht gewesen, also musste es einer von uns gewesen sein. Wieder stellte sich mir die Frage, ob ich hier überhaupt sicher war.
Vielleicht war es Tommy gewesen der war schon als so ruhig und es sah nicht so aus als würde es ihn stören, dass Rachel tot war.
Margot war viel zu traurig gewesen. So gut kannte sie Rachel nicht mal. Vielleicht war sie eine gute Schauspielerin.
Margot und Tommy waren ja auch zu spät gekommen, weil Margot sich nochmal umziehen musste, vielleicht war es kein Essen auf ihren Sachen, sondern Rachels Blut, welche sie beseitigen musste.
Rick sah nicht so aus als würde er wirklich nach Beweisen suchen. Vielleicht versuchte er nur von seiner Schuld abzulenken.
Jess und Samuel waren viel zu geschockt gewesen, das war echt. Die beiden waren meiner Meinung nach raus aus dem Verdächtigen Kreis, oder vielleicht auch nicht die beiden waren verdächtig lange in der Küche und keiner durfte da rein. Man musste Samuel nur sagen, was man wollte, und er gab es einem aus der Küche. Komisch.
Max war so aufgebracht, wie nie und er ging dem Bad noch bevor wir die Leiche fanden, total aus dem Weg außerdem, wirkte er total panisch, jedes Mal, wenn jemand einen Beweis anpinnte. Irgendwas stimmte hier nicht und ich würde herausfinden, was es war. Aber vielleicht sollte ich die anderen nicht mutwillig verdächtigen noch gab es keine Hinweise, die einen von uns in den Verdacht rückten.
Noch haben wir keine weitere Frage geklärt, aber es waren auch noch nicht alle Räume durchsucht worden und vielleicht sollte ich meinen Verdacht auch mit den anderen teilen. So konnten wir die Wohnungen der anderen durchsuchen und eventuell Hinweise finden. Das wer und warum würden sich also bald klären. Das hoffte ich zumindest. Und hoffentlich noch bevor es hier anfing zu stinken. Sonst war Jessica bestimmt nicht die Einzige, die sich hier gleich übergeben würde.
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Fooled by you
Mystery / ThrillerEs sollte nur ein normaler Krimiabend unter 8 Freunden sein. Jedoch änderte sich das nach einem misteriösem Fund schlagartig. Alles änderte sich und die Gruppe scheint zu zerfallen.