Endscheidung

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Aro stand hinter Nives und raunte in ihr Ohr, während dessen seine Hand erneut ihre Wange strich. „Zeige mir doch erneut deine tiefen blauen Augen Liebes.“ Keine Sekunde später, erblickte Nives erneut den gesamten Raum. Zufriedenheit durchströmte ihren Körper und Aro fühlte jeden einzelnen Gedanken, der ihren Kopf durchstrich. Er sah die Welt durch ihre Augen. Die Faszination war ins Gesicht geschrieben. Er stich Nives mit seiner Hand ununterbrochen über die Wange. Seine kalte Hand berührte sie mit solch einer Präzession, dass lediglich ein leichtes Kitzeln zu spüren war. Hätte Nives nicht gewusst, dass die Hand eines Vampirs sie berührte, hätte sie es nicht erfühlen können. Aros Hand erschien beinahe weich. „Wunderschön, die Welt durch deine Augen betrachten zu dürfen, einfach umwerfend. Meine Spionin.“ Beinahe Traurig beendete Aro den Kontakt zu ihr, gäbe es die Möglichkeit, so hätte er ihr mit Sicherheit ihre Fähigkeiten gestohlen. Nives Haar fiel zurück in ihr Gesicht. Dort wo eben noch eine kühlende Hand über ihre Wange gestrichen hatte, brannte nun erneut die Sonne. Es war unerträglich, war es Absicht gewesen sie zu dieser Tageszeit zu rufen. Die Meister lagen wohl behütet im Schatten, doch jeder der diesen Saal als Besucher betrat, brannte in der Sonne. Es war ein unerträglicher Schmerz, doch Nives ließ sich nichts anmerken. Starr stand sie dort. Schweigend ertrug sie Aro, die Sonne und Caius mordlustigen Blicke. Aro verließ ihr Ohr und sprach nun wieder für jeden hörbar. „Möchtest du uns zur Seite stehen, uns deine unglaubliche Gabe schenken und uns dabei unterstützen, die Gesetze der Vampire in den entlegensten Ländern zu kontrollieren. Möchtest du, Nives auf einer dieser Stühle thronen und unsere unverzichtbare rechte Hand formen.“ Aros Umhang schwang mit seinen ausfallenden Bewegungen durch den Raum. Sein Enthusiasmus verdrängte jegliche Zweifel, die vorher im Raum lagen. Jane schien zu verzweifeln, mochte es an Aros Worten oder Caius giftigen Blicken liegen. Mittleidig blickte Nives direkt zu ihrer Freundin. Das kleine Mädchen schien nicht weit davon ab zu sein ihren Schmerz gegen irgendjemanden in diesem Raum zu richten, der nicht Aro war. Jedem würde sie ihren Schmerz antun, doch Aro würde sie niemals auch nur ein Haar krümmen. Nives hatte schnell gelernt, dass Jane Aro blind vertraute und er eine Art Vaterfigur für sie war. Jane hasste es auch, schenkte Aro jemand anderes mehr Aufmerksamkeit als ihr. Vermutlich war das der Grund für Janes gequälten und doch mordlustige Mine. „Der einzige kleine Beitrag deiner Seitz wäre es, die Prüfung zu meistern.“ Stark und ohne jegliches Zittern in der Stimme entgegneten Nives „Was ist die Prüfung?“ Markus setzte an zu sprechen, doch Aro nahm ihm die Stimme. „Na, na, na, Nives, wo ist deine Loyalität und dein Vertrauen uns gegenüber.“ Ein Lachen flog über seine Lippen, Markus Gesicht versank erneut in seiner Hand. Nives Mine blieb unverändert mit dem immer gleichen unbeeindruckten Gesichtsausdruck. „Sie wird dem nicht gewachsen sein“, Caius ergriff erneut das Wort, genervt schlug er auf den Tisch. Keine Sekunde später stand er vor Nives und starrte Aro unmittelbar in die Augen, welcher sich erneut hinter Nives gestellt hatte. Amüsiert fuhr er sich über den Hals. Caius Haare streiften Nives Stirn. Die Nasen beider Meister waren sich so nahe, sie hätten den Atem des anderen spüren können und Nives stand dazwischen. Die recht kleine Frau bildete die letzte Barriere zwischen den beiden streitsüchtigen Meistern. Caius Nerven waren so angespannt, dass auch Nives Adern gefroren und ihren Muskel verkrampften. Wie Caius schien Aro bereit zum Kampf zu sein. Aros Hand hob sich und beschleunigte über Nives Kopf, bereit zuzuschlagen. Die Luft war so dick, man hätte sie schneiden können. Caius Strich mit seiner Zunge provozierend über seine Schneidezähne. Sein Kinn stieß gegen Nives Kopf. Caius bemerkte nicht einmal wie er ihren Kopf gegen den von Aro stieß. Es war ihr nicht möglich gewesen auszuweichen. Gleich würde Aros Hand mit voller Wucht auf Caius Wangenknochen schlagen und dann würde der Kampf beginnen. Caius zuckte keinen Millimeter zur Seite, als Aros Hand mit voller Geschwindigkeit zu ihm schoss. Im letzten Augenblick fing Aro seinen eigenen Arm mit einem lauten Zischen auf. „Caius, du gelobtest mit der Treue. Schenke meinem Urteil ein wenig mehr Vertrauen und setzt dich. Dieser Vampir benötigt deine schützenden Hände nicht.“
Schweigen füllte den Raum. Caius ließ sich widerwillig in seinen Stuhl fallen. Unterstützt wurde sein wuterfülltes Gesicht von Markus besorgtem Blick. Mit seinem Blick zwang Aro beide Meister zu schweigen. Jane rührte nicht einen Muskel. Selten wurde man Zeuge einer Auseinandersetzung der Meister untereinander. Erfreulicher Weise wurde man es so gut wie nie, denn in solchen Momenten brachte jedes falsche Wort, so war zu befürchten, das Pulverfass zur Explosion. Nach und nach lösten sich Nives Anspannungen. Auch Aro ließ sich entspannt in seinen Stuhl fallen, die Einladung in der rechten Hand haltend. „Ich werde das Ritual durchführen“, waren die ersten Worte, welche die Stille brachen. Nives Körper wog schwer. Nicht, weil sie wusste, welch Gefahr sie sich aussetzte, sondern weil sie die starke, vorlaute Jane, welcher sich nie Zweifel ansehen ließ zum ersten Mal ängstlich zu erleben. „Wundervoll“, Aro wog sich in seinem Erfolg. „Wundervoll, so ein Vertrauen. Meine Liebe, du weißt nicht, welch Gefahr wir dich aussetzen könnten und doch stimmst du diesem Unterfangen zu. Das zeugt von wahrer Loyalität, Markus?“ „Ja, Loyalität, Respekt und Leere“ Diese Leere, was sollte sie bedeuten. Leere, sie ist Leere… Tief im Herzen wusste Nives es schon, doch sie würde diesen Gedanken niemals zulassen. „Somit sei der erste Teil der Prüfung bestanden. Nun zu dem anderen Part. Du wirst in den nächsten Wochen keine Nahrung zu dir nehmen. Anschließend wirst du Kämpfen, gegen wen sei in diesem Moment nicht von Relevanz. Doch so viel sein dir gesagt, sehr viele Menschen werden dem Kampf beiwohnen und du darfst nicht als Vampir zu erkennen sein. Als ausgehungerter Vampir nicht leicht, was sagst du?“ Jane war geschockt. Nives verstand nun die vorrangehende Reaktion der andere beiden Meister. „Ist machbar, wann beginnen wir?“ Ein aufgebrachter Caius hielt sich selbst zum schweigen an. Ein trostloser Markus widmete sich kopfschüttelnd erneut seinem Buch und eine aufgelöste Jane suchte Halt am Tisch vor ihr.

Das tote Herz Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt