„Nives, Liebes", mit diesem Wort von Aro, wusste Nives, dass sie aufstehen und zu ihm laufen sollte, er sie bat an einen Ort zu sehen, ihre Hand nahm und sie sich einige Sekunden später wieder auf ihren Platz setzen durfte. In diesem Raum, in welchem regelmäßig drei Meister speisten, diskutierten und richteten, verbrachte sie die meiste Zeit damit an einer ihrer Gemälde zu arbeiten oder zu lesen. Dieser ständige Ablauf blieb ihre Routine der nächsten Wochen. Das spannendste an diesem Vorgang war es, wenn Caius irgendeine Laus über die Leber gelaufen war und er die beiden, Aro und Nives, bei ihrer Routine unterbrach. Er beklagte Nives Haltung oder hinterfragte Aros Endscheindung schon wieder einen entfernten Ort sehen zu wollen.
Seit dem Vorfall in seinem Räumen, hatte Caius mit Nives kein direktes Wort mehr gewechselt. Alles was seine Lippen verließ, richtete sich an seine Brüder oder war ein Befehl an die Wachen. An diesem Tag jedoch war alles anders, nachdem Aro Nives aufgefordert hatte zu ihm zu kommen und ihr sein gewünschtes Ziel genannt hatte, reichte Nives ihm nicht ihre Hand. „Liebes, deine Hand?" Fordernd und doch mit einer gewissen Unsicherheit, streckte Aro seinen Arm aus. Markus musterte das Gesehen aufmerksam. Wie ein Wachhund beäugte er jeder Nives Bewegungen, mochten sie noch so klein sein. Caius hingegen plante einige Meter entfernt einen Überfall auf einen Werwolf-Rudel, eine seiner liebsten Beschäftigungen, hatte Nives für sich festgestellt. „Ich kann diesen Ort nicht sehen." Ungläubig zuckte Aro mit seiner rechten Augenbrauner. Seinen Arm hatte er immer noch ausgestreckt, als hoffe er einem unhöflichen Schertz auf dem Leim gegangen zu sein. Nives hatte nie erwähnt, sie könne bestimmte Orte nicht sehen. „Es ist so, neben dem Umstand, dass ich nur Orte und keine Personen ansteuern kann ist es so, dass ich auch nur Orte sehen kann, an denen ich bereits gewesen bin. Es ist mir deshalb nicht möglich diesen Ort zu sehen, weil ich dort nie gewesen bin." Nachdenklich nickte der Meister. Kurz darauf wies er Nives an den Raum zu verlassen und rief seine Brüder zu sich. Als hätte es jemals einen Unterschied gemacht, dass Nives den Thronsaal verlassen hatte, sehen konnte sie immer noch alles, was darin vor sich ging. Nicht, dass sie es wollte, sie war es überdrüssig die immer gleichen Wände zu sehen, doch fand sie es belustigend, dass man sich ihrer Fähigkeit bediente und sie im nächsten Moment vergessen zu haben schien.
Kaum hatte Nives ihr Zimmer betreten und sich gelangweilt nach ihrer Geige gegriffen, klopfte es auch schon an der Tür. Es war wie zu erwarten Felix. Es dauerte einige Zeit, um ihn los zu werden, doch die nächsten Stunden unterbrach sie glücklicher Weise niemand bei ihrem Geigenspiel. Erst am nächsten Morgen wurde sie gebeten zu den Meistern zurück zu kehren.
„Also, wir haben uns beraten und sind zu einem Schluss gekommen." Es war Markus, der das Wort ergriffen hatte. Seine wage Formulierung ließ in Nives Augen nichts Guten zu verheißen. „Wir möchten dich auf eine Reise schicken, mit von uns gesetzten Zielen. Da du aber möglichst viele Orte sehen sollst, wäre es wünschenswert die Dampflok zu meiden." Sprachlos stand Nives vor den dreien. Sie war doch nicht hierhergekommen und den Volturi beigetreten, um dann alleine in die Welt zurück geschickt zu werden. Sie wollte nicht mehr alleine in der Welt umherirren, der Gefahr ausgesetzt jeden Augenblick enttarnt zu werden und ständig auf der Suche nach Nahrung. Hieß es ihre restliche Existenz damit zu verbringen, diese immer gleichen Wände anzustarren, blieb sie lieber hier in Volterra, als erneut in die Welt hinaus geschickt zu werden. „Alleine?!" Sie konnte zudem kaum glauben, dass Aro, welcher ihre Kräfte doch so schätzte sie ohne eine Wache oder sonst jemanden losschicken wollte. Ein nachdenklicher Ausdruck legte sich auf das Gesicht der Drei. „Ich denke es wäre nicht sinnvoll sie ohne eine Begleitung los zu schicken, die sicher geht, dass sie uns nicht hintergeht. Ich meine sie ist sehr eigensinnig, es wäre nicht unwahrscheinlich, dass sie uns verrät und schwach ist sie auch nicht." Es war Caius, der als erster seine Gedanken teilte. „Für wahr Bruder. Sie sollte begleitet werden von jemandem, der diese Welt und Vampire schon länger kennt als jeder andere und uns natürlich treu ergeben ist, jemand, der uns nie hintergehen würde." Ergänzte Aro mit einem beinahe beängstigenden Lächeln auf seinen Lippen. „Jemand mit Prinzipien und einem starken Willen, der genau weiß mit dieser starken Frau umzugehen." Aro und Caius ergänzten einander. Nives missfiel es sehr, dass man vor ihr so über sie sprach. So etwas ließ das beste Blut dieser Erde gerinnen. „Nives, was ist deine Meinung dazu?" Aro musterte sie neugierig. „Ich würde euch nie hintergehen." Markus nickte stumm. „Es wäre dennoch eine Schande solch Kostbarkeit, wie du es bist zu verlieren, nur weil man dich alleine losschickte", überlegte Aro laut. „Absolut, so jemand muss bestmöglich verteidigt werden. Ab besten begleitet sie jemand, der den Wert ihrer Fähigkeit zu schätzen weiß, jemand der..." Caius schwafelte etwas von Treue, Aufrichtigkeit und Stärke, doch Nives hörte nicht zu, erst als Aro in die Hände klatschte, risse es sie aus einem Tagtraum. „Ich habe die perfekte Begleitung soeben gefunden." Verblüfft musterten ihn seine Brüder. „Caius!" Schockiert sprang Caius auf, im selben Augenblick vernahm man ein entsetztes Schreien von Nives. Lieber bereiste sie die Welt alleine, als diesen Kerl 24/7 zu ertragen. „Bruder, wie kommst du darauf?" „Meister, bitte."
Alles Flehen und Argumentieren brachte nichts, am Ende der Nacht stand fest, dass sowohl Nives, als auch Caius in den nächsten Wochen aufbrechen würden, um gemeinsam die Welt zu bereisen. Am liebsten hätte Nives sich einem Rudel Wölfe zum Fraß vorgeworfen. Widerwillig hatte sie begonnen ihre wichtigsten Habseligkeiten in einen möglichst großen Koffer zu verstauen. Jede freie Sekunde verbrachte sie damit in erster Linie Caius aus dem Weg zu gehen und in ihrem Zimmer die letzten Klänge ihrer Geige zu spielen oder noch ein letztes Mal mit ihren Freunden zu spielen. Ihre Empörung über den Beschluss von Aro, Marcus und Caius machten sie dabei nur all zu gerne Luft. Doch desto mehr Zeit verflogen war, umso mehr hatte sich Nives mit ihrem Schicksal abgefunden und umso öfter keimte rare Hoffnung in ihr auf. Caius hingegen begann schon zu toben, lief er Nives auch nur über den Weg. Es musste für ihn wirklich unerträglich sein, sich mit ihr arrangieren zu müssen. Ein gewisser Teil in Nives bedauerte es zu tiefst, diese Gewissheit zu haben.
Hi, danke, dass ihr die Geschichte lest ^^. Wie gefällt sie euch bis jetzt?
Gibt es einige Verbesserungsvorschläge?
Ich finde es lustig, dass das Kapitel, das mir am besten gefällt bis jetzt am wenigsten gelesen wurde, also denke ich, dass es definitiv etwas zu verbessern gibt.LG
DU LIEST GERADE
Das tote Herz
VampireCaius starrte seinen Bruder voller Wut an, als würde er am liebsten den Kopf von dessen Körper trennen. Doch es war nicht Aros Kopf, welcher heut rollen würde, es war der von Nives, der seinen Körper verlieren sollte. Nives ist eine 200 Jahre alte...