1. Schmerzensblind

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-𝑲𝒚𝒓𝒂𝒏𝒔 𝑺𝒊𝒄𝒉𝒕:

Ich wusste, dass sie mir folgten. Ihr ekelhafter Geruch war stark und mit meiner feinen Nase nicht zu übersehen. Sie jagten mich... Weil ich der letzte meiner Hybridsart war und ein paar ihrer Kollegen getötet hatte. Aber ich hatte gerade keine Zeit, es zu erklären... sie waren ganz in der Nähe.

"Strengt eure nutzlosen Nasen an ihr Vollidioten! Er muss hier irgendwo sein!" hörte ich die Stimme des Rudelführers, die laut durch die Gassen der vom Mondlicht beleuchteten Stadt hallte.
Meine weiß-schwarz getupften Ohren zuckten unruhig und mein buschiger, langer Schweif streubte sich, während ich leise wartete, was die Wolfshybride als nächstes tun würden... Ich würde einen Kampf gegen sie warscheinlich nicht überleben, da sie mindestens zu viert waren, aber villeicht musste ich auch nicht kämpfen. Villeicht konnte ich es schaffen, mich wegzuschleichen... auf leisen Pfoten...

Plötzlich hörte ich, wie ganz in meiner Nähe jemand atmete. Ein schweres, verdecktes Atmen. Ich musste einen einzelnen Wolfsgeruch übersehen haben!...
"Hab ich dich!" jaulte mir genau dieser Hybrid zu und kam um die Ecke geschossen. Er war fast genauso groß wie ich und seine Wolfsohren waren pechschwarz, genauso wie sein aufgestellter Schweif. Knurrend stand er vor mir und verformte seine Fingernägel langsam in die typischen, dicken Krallen eines Wolfes.
Kaum einen Moment später kamen seine Kollegen um die Ecke gesprungen, jedoch hatten diese bereits in ihre Wolfsgestalt gewechselt. Schnell drehte ich mich um und sprang nach vorne. Inmitten des Sprunges verwandelte ich mich in meine Tiergestalt, den Schneeleopard, und sprintete in Höchstgeschwindigkeit durch die dunklen Gassen. Hinter mir hörte ich das Trommeln von mehreren, mit Krallen geschmückten Pfoten, was mich umso mehr antrieb, noch schneller zu rennen.
Ohne zurückzublicken sauste ich mit großen Sprüngen über den Asphalt, zwängte mich durch kleinste Löcher und Lücken in den Zäunen oder Mauern, jedoch war ich als Schneeleopard nicht gerade klein. Manchmal konnte ich meine Größe verfluchen...
Hinter mir wurde das Getrommel der Pfoten immer lauter und vor mir die Straßen immer unzulässiger, weshalb ich entschied, mich zu wehren. Ich konnte nicht immer nur davonrennen.
Also blieb ich ruckartig stehen, wirbelte herum und holte mit ausgefahrenen Krallen aus. Im Gegensatz zu den Krallen der Wolfshybride waren meine Krallen lang, scharf und spitz. Nicht so stumpf und dick, wie ihre.
Da traf meine Pranke auch schon die weiche Schnauze des ersten Wolfes, welcher sofort abbremste und jaulend den Kopf zur Seite warf. Blut spritzte auf den Boden, sowie die Wände der Häuser und kaum, dass ich meine Pranke zurückgezogen hatte, griffen mich gleichzeitig zwei weitere Wölfe an.
Ich spürte, wie sich seine Krallen über meine Seite zogen und sich tief genug in meine Haut bohrten, um drei triefende blutende und schmerzhafte Kratzer zu hinterlassen.
Er kratzte mich jaulend und knurrend weiter, während der zweite nach meinem Hals schnappte und ich versuchte, sie loszuwerden. Fauchend schlug ich ein paar Mal zu, jedoch erlitt ich mindestens eine schwere Verletzung, als mich einer der Wölfe nochmal angriff und meine Seite erneut traf.
Da kam noch ein dritter hinzugestürmt und ich machte einen großen Sprung nach hinten, als ich gegen ein loses Holzstück stieß. Bevor die Wölfe mich erreichen konnten verwandelte ich mich zurück und griff nach dem Holzstück.
Gerade, als mich der erste von ihnen ernrut ansprang, schleuderte ich das Stück mit festem Griff nach vorne und traf den Hybrid genau auf den Kopf, worauf er jaulend vor mir auf den Boden aufschlug und reglos liegenblieb. Den ersten war ich schonmal los... aber der Überraschungseffekt war natürlich jetzt futsch...

Vorsichtig versuchte ich, irgendwelche unbemerkten Verletzungen zu ertasten, während ich die übrigen Wolfshybride beobachtete. Ohne sie aus den Augen zu lassen ging ich einen Schritt zur Seite und versuchte, mir die Schmerzen nicht anmerken zu lassen. Auch, wenn ich es kaum aushielt, wie tief die Kratzer eigentlich waren und wie viel Blut ich bereits verloren hatte... ich durfte nicht sterben.
Da sprang der nächste Wolf auf mich zu und ich holte mit dem Holzstück aus. Jedoch riss er das Maul auf, bevor es ihn traf und biss zu.
Ein lautes Knacken war zu hören und das Holzstück splitterte in der Mitte auseinander, worauf ich es fallen lassen musste. Der Wolfshybrid, der es abgebissen hatte, landete nur wenige Zentimeter vor mir und knurrte mich tief an. In seinem Blick lagen kalter Triumph und kühle Gleichgültigkeit, während er mich sorgfältig musterte. Mein Körper war auf dem Schwarzmarkt viel wert... das wusste ich. Besonders die Tierkörperteile, welche bei mir besonders gut ausgeprägt waren.

Ich legte die Ohren an und fauchte die drei übrigen Wölfe vor mir mit peitschenden Schweif an. Sie schlichen nur immer näher und kesselten mich immer mehr ein. Sie rochen definitiv, dass ich viel Blut verloren hatte und wussten durch mein Keuchen auch, dass mir die Kraft ausging.
Aber villeicht konnte ich hier doch noch lebend rauskommen. Dazu müsste ich aber schnell sein... diese Methode hatte meinem Vater das Leben gekostet.
Also atmete ich tief durch, verwandelte mich blitzschnell und griff den Wolf an, der am nähersten bei mir stand. Ich stellte mich auf die Hinterbeine und prügelte mit ausgefahrenen Krallen auf dessen Schnauze ein, während ich bemerkte, dass die anderen beiden gleichzeitig auf mich losgingen.
Ich kämpfte einfach wie wild, ohne Rücksicht auf eigene Verletzungen zu nehmen und das war die Methode, die ich gemeint hatte.

Schmerzensblind zu kämpfen hatte mir schon oft das Leben gerettet, aber heute waren es zu viele Gegener.

𝑨 𝑷𝒍𝒂𝒄𝒆 𝒕𝒐 𝒔𝒕𝒂𝒚Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt