2 Tage

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Celeste

,,Ich hoffe, dass alle Vorbereitungen getroffen sind und dass er sich freuen wird."

,,Das wird er ganz sicher, du kennst ihn doch nun schon sein ganzes Leben lang, da solltest du ihn gut genug kennen, Raven."

Ich nehme an, dass mir der Rotschopf gerade antworten möchte, denn er öffnet bereits den Mund, als der Blick seiner grauen Augen an mir vorbei wandert und er stumm bleibt. Irritiert drehe ich mich um und schaue den Flur entlang in Richtung Bibliothek. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass ich in der Menschenmenge die Szene sehe, die ihn derartig stutzig werden lässt... Meine Augen huschen über eine mir sehr bekannte Gestalt und bleiben wie magnetisch angezogen an dem Arm hängen, den Noville seiner brünetten Begleitung um die Hüfte gelegt hat. Ich blicke wieder hoch und werde Zeuge davon, dass die Beiden scheinbar fröhlich miteinander quatschen und sich immer wieder anschauen, als würden nur sie existieren. Ein ungewohnter Stich fährt durch meinen Körper, als ich erkenne, dass mein bester Freund in ihrer Gegenwart viel glücklicher zu sein scheint, als er es in meiner ist. Mit einem säuerlichen Geschmack im Mund drehe ich mich wieder zu Raven, dessen Blick inzwischen auf mir ruht.

,,Wusstest du davon, dass sie wieder Kontakt zu einander haben?"

,,Ich habe vorgeschlagen, dass er sie einladen soll. Sie waren immer gut befreundet, aber dass sie sich noch so nah sind, wusste ich nicht."

Ich bemühe mich zwar um eine neutrale Tonlage, aber jeder könnte ohne Probleme erkennen, dass ich alles außer ruhig bin. Wieso verstehen sie sich noch so gut? Hatte er die ganze Zeit den Kontakt aufrecht gehalten und es vor mir verheimlicht? Anelis war Novilles erste große Liebe und sie wären sicherlich zusammengekommen, wenn es den Vorfall zwischen uns nicht gegeben hätte. Bis heute kann kaum jemand verstehen, wieso sich der kleine Junge auf meine Seite gestellt hat, obwohl das ganze Rudel wusste, dass sein Herz der Anderen gehörte. Er hat sich nie erklärt, selbst mir...
Raven unterbricht meine Gedanken, indem er seine beiden Hände auf meine Schultern sinken lässt. Seine Augen bohren sich in mich, als ich den Blick wieder hebe. Kurz ist mir die Nähe zwischen uns unangenehm, doch je länger ich seinen Blick erwidere, desto mehr entspanne ich mich. Es kommt mir beinahe so vor, als könne mein Gegenüber meine Gefühle nicht nur sehen, sondern auch beruhigen. Nach gefühlt kurzer Zeit bin ich wieder entspannt und genau in dem Moment unterbricht Raven den Blickkontakt.

,,Ich..."

,,Was war das denn?"

Ich zucke zusammen, als Noville das ausspricht, was mir in dem gleichen Moment durch den Kopf geschossen ist. Was um alles in der Welt war das? Erstaunt wandert mein Blick über Raven, der seine Hände in den Taschen seiner schwarzen Lederhose vergräbt und mit geschlossenen Augen tief durchatmet. Er wirkt angestrengt, als wäre er einen Marathon gelaufen und müsste sich jetzt erst erholen, bevor er uns eine Antwort geben kann. Ich bemerke nun auch, dass Noville und seine Begleitung neben uns getreten sind. Ich komme gar nicht dazu, sie der Höflichkeit halber zu begrüßen, da hat sich bereits ein muskulöser Arm um meinen Bauch geschlungen und ich werde unsanft schräg nach hinten gezogen. Als ich gegen seine Brust gedrückt werde, lockert sich sein Griff minimal, allerdings kann ich spüren, dass er am ganzen Körper angespannt ist. Ich schaue eindeutig überfordert mit den letzten Geschehnissen zu Raven, der sich wieder entspannt hat und mich nun mit einem verschmitzten Lächeln betrachtet. Er macht nicht den Eindruck, als wolle er Noville eine Antwort geben. Er war schon immer gut darin, sich nicht in die Karten blicken zu lassen und aus allem ein Geheimnis zu machen. Dieses Verhalten und sein ganz schwarzer Kleidungsstil haben ihn bereits früh mit einer mysteriösen Aura umgeben. Nun allerdings grinst er jungenhaft, während er nach Anelis Arm greift und sie ein Stück zu sich -und damit von Noville und mir weg- zieht. Sie schenkt ihm dafür einen wütenden Blick, der ihr sonst so elfenhaftes Gesicht nahezu furchteinflößend erscheinen lässt. Raven lässt sich davon nicht beirren und hakt sich bei ihr unter, ehe er sich mit ihr im Schlepptau mit einem eindeutigen Vorwand von uns entfernt.

CelesteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt