1. Kapitel - Rose

9 0 0
                                    

Die Türklingel riss mich aus meinen Gedanken. Ellie und ich wollten heute ins Kino gehen. "Komm rein!", rief ich, nahm drei Messer, die ich alle in meinen hohen Stiefel versteckte, und zog meinen Mantel an. Ich ging nie ohne Waffen aus dem Haus. Ich schlüpfte un die Küche und gab Helen einen Kuss auf die Wange: "Tschüss, wir sind spätestens um elf Uhr wieder zu Hause."
Sie lächelte:"Ja, macht 's gut. Bis später!"
Ellie war viel bei uns. Sie kam aus schlechten Verhältnissen und hatte einen Alkoholiker als Vater. Deshalb war Helen für sie, seit sie meine beste - und einzige - Freundin war, auch fast wie eine Mutter. Sie schlief auch oft bei uns, weil sie es zu Hause manchmal nicht mehr aushielt.
Ellie wartete bei der Tür auf mich. "Hey Süsse.", sie gab mir einen Kuss. "Können wir?" "Ja wir können", antwortete ich und hakte mich bei ihr unter.

Wir waren auf dem Heimweg und diskutierten über den Film. Na ja, eigendlich sprach nur Ellie und sie schwärmte auch nur über den Held. "Hach, der ist so süss, und hast du diese Augen gesehen! So ein tiefes Blau und seinen Mund! So voll und rot... ", und so weiter und so fort.
Ich schüttelte nur den Kopf und schmunzelte.
Zuerst fiel mir gar nichts besonderes auf. Ich konzentrierte mich völlig auf Ellie und achtete auf nichts anderes. Ich weiss, sehr verantwortungslos.
Schliesslich hörte ich es dann doch. Da sprach jemand. Es war eine tiefe Männerstimme. Ellie konnte sie gar nicht hören, es war zu leise für sie. Ich legte eine Hand über ihren Mund und stoppte.
"Was?", nuschelte sie an meine Hand vorbei.
"Psst!"
Ich lauschte wieder. Ja, eindeutig. Ich hörte acht verschiedene Herzschläge, ganz in der Nähe. Drei waren schneller als die restlichen Fünf. Ich sah mich um. Ein paar Meter entfernt von uns entdeckte ich eine kleine Gasse. Ich kannte sie, es war eine Sackgasse.
"In der dunklen Sackgasse sind Leute. Ich glaube ein paar werden bedroht. Ich muss ihnen helfen.", flüsterte ich.
"Was!? Bist du wahnsinnig? Was, wenn dir etwas passiert?", antwortete sie aufgebracht. "Wofür habe ich so viel trainiert, wenn ich es dann doch nicht einsetze? Keine Sorge mir passiert schon nichts. Los, versteck dich hier!" Ich schob sie hinter eine Mülltonne.
Langsam schlich ich zur Gasse und spähte um die Ecke. Zuerst kapierte ich gar nicht, was da abging. Ich hatte recht, es waren acht Personen. Drei standen an die Wand gedrängt da, der Eine - es waren zwei Männer und eine Frau, allesamt so um die Neunzehn, Zwanzig - ein bisschen weiter vorne, so als wollte er sie beschützen.
Bei senem Anblick stockte mir den Atem. Er hatte gelocktes, blondes, ja fast weisses, Haar, das ihm fast bis auf die Schultern reichte. Seine blauen Augen sah ich sogar aus dieser Entfernung. Sie mussten atemberaubend schön sein.
Die restlichen fünf Männer haben sich, in einem Halbkreis verteilt, um sie aufgestellt. Es sah eindeutig danach aus, dass sie die drei angreifen wollten. Tja, da hatte wohl niemand mit mir gerechnet! Leise, um ja niemand auf mich aufmerksam zu machen, zog ich ein Messer aus meinem Stiefel. Mist, ich hätte mehr als drei mitnehmen sollen! Jetzt würde ich zwei wieder herausziehen müssen und das kostet viel Zeit. Zeit, in der ich getötet werden konnte. Ich schlich näher, immer darauf achtgebend, dass ich mich im Schatten befand und mich niemand sah. Es hätte mich niemand hören sollen, da ich mich so leise bewegte, dass nur ich mich, dank meinem guten Gehör, hören konnte. Aber der blonde Junge hob den Kopf ... und sah mich an. Seine Augen weiteten sich. Ganz langsam zog ich meine Hand - die, in der ich kein Messer hielt, natürlich - an meine Lippen. Wieso konnte er mich sehen und hören, verdammt? Und noch wichtiger: Wenn er das konnte, konnten die Anderen das auch? Wenn ja, dann musste ich jetzt ganz schnell handeln.
Ich fixierte mein erstes Opfer. Er war nicht zu nah bei der Mauer, aber auch nicht zu weit entfernt. Perfekt. So konnte ich auf mich aufmerksam machen und dem Chef in der Mitte - ich nahm jedenfalls an, das er der Chef war - ein bisschen Angst einjagen. Den anderen natürlich auch, aber es war schliesslich ein ungeschriebenes Gesetz, dass diese meinten, ihr Leben sei viel mehr wert.
Jedenfalls atmete ich noch einmal tief durch, rannte los und war nur noch als Streifen zu sehen. Kennt ihr Vampire Diaries oder Twilight? Ich finde, das sieht extrem cool aus, wenn ein Vampir rennt. Ellie hat mir einmal gesagt, dass es bei mir noch viel cooler aussähe wegen meiner langen schwarzen Haaren. Womöglich wollte sie sich aber auch nur einschleimen, um mir die Hausaufgaben abschreiben zu können.
Das erste Opfer war tot bevor sie reagieren konnten. Ich sauste nochmal um alle herum und erstach den Nächsten, ohne lanhsamer zu werden mit einem einzigen Stich ins Herz. Zwei von fünf tot.
Die restlichen drei hatten mitlerweilen richtig Panik und hielten alle ihre Waffen bereit. Auch die drei, die sie an die Wand gedrängt hatten waren jetzt sichtlich alarmiert. Mein letztes Messer vergrub ich in der Brust von einem der aussen stehenden Männer. Ich hörte wie das Mädchen erschrocken aufschrie. So, jetzt waren alle Messer aufgebraucht. Ich drehte nich ein paar Runden um sie, wechselte aber immer wieder meine Richtung, damit sie keine Routine fanden und mich so überlisten konnten. Noch während ich rannte, zog ich ein Messer aus einer Brust und versenkte es mit einem präzisen Wurf einem der verbliebenen Männer ins Herz. Leider hatte dies zur Folge, dass ich langsamer lief und der letzte, der fünf Männer nutzte diese Gelegenheit. Er war so schnell bei mir, dass er unmöglich ein normaler Mensch sein konnte. Bevor ich auch nur die Chance hatte mich zu wehren, rammte er mir mit seinem Dolch in den Bauch. Plötzlich stockte er, dann fiel fast auf mich drauf, hätte nicht jemand seinen Fall mit einem Schubs in die Seite, in eine andere Richtung gelenkt. Der blonde Mann hatte ihn getötet und bestätigte somit meinen Verdacht. Sie waren allesamt so, wie meine Mam. Jetzt konnte ich nur nich hoffen, dass ich die richtigen getötet hatte.
Langsam kam ich zurück in die Realität. Zögerlich schaute ich auf meinen Bauch. Mit zitternden Händen umschloss ich den Dolch un zog ihn mit einem Ruck raus. Ich stöhnte auf, als ich den Schmerz spürte, liess den Dolch fallen und presste meine Hände auf die Wunde. Warmes Blut schoss aus der Wunde und tropfte auf den Boden. Ich schaute wieder auf und zuckte zusammen, als ich sah, dass die drei mich anstarrten. Ich spürte es sofort, als mich die Kraft verliess. Mit jedem Tropfen Blut entwich sie mir ein bisschen mehr. So endete es also. Ich verblutete erbärmlich in der dunklen Gasse. Wenn mich jemals jemand fragen würde, wie ich starb, konnte ich wenigstes sagen, ich starb, als ich drei anderen das Leben rettete. Ich taumelte zurück und liess mich schliesslich auf die Knie sinken.
Ach ja, um zum vorherigen Thema zurückzukommen, die drei standen ja immer noch da und starrten mich an. Ich wurde langsam wütend. Hallo, ich starb gerade, da gafft man nicht so! Ich war ja froh, nicht ganz alleine sterben zu müssen, aber trotzdem mussten sie nicht so schauen als wäre ich ein Monster.
"Was glotzt ihr denn so? Ich sterbe hier gerade! Ach, und übrigens tue ich das wegen euch!", fuhr ich sie an, als ich es nicht mehr aushielt.
Ein spitzer Schrei erklang und ich zuckte wieder zusammen, diesmal jedoch nicht nur aus Schmerz.
"Oh, mein Gott!", ertönte Ellies hysterische Stimme. "Die sind tot! Rose, wo bist du? Hast du die getötet? Waren sie - Rose!"
Sie hatte mich gesehen, und stürzte herbei, ohne noch einen Blick an die Leichen zu verschwenden. "Rose, was ist los?" Dann sah sie meine Wunde und wurde schlagartig bleich. "Oh, nein...", hauchte sie nur.
"Ellie. Ellie verschwinde. Hau ab!" , knurrte ich unter Schmerzen.
"Was redest du denn da? I-ich rufe die Ambulanz ... oder nein, da liegen Tote... ich hole Helen oder ich gehe zur nächsten Tür und läute Sturm! Ich muss irgendetwas tun! Oh, mein Gott, da ist so viel Blut! Rose, was ... was soll ich tun? Ich muss irgenetwas tun ..." Sie schlug die Hände vor das Gesicht und fing hemmungslos an zu weinen.
"Ellie, hör mir zu. Du musst von hier verschwinden!" Sie schluchzte laut auf.
Ich zog sie sanft näher und sie fiel vor mir auf die Knie. Mein Schmerz war vergessen, auch wenn ich mich fast nicht aufrecht halten konnte.
" Sie sind wie ich, Ellie", flüsterte ich, auch wennn ich wusste, dass sie mich hören konnten. Einer von ihnen zog scharf die Luft ein.
"Ich kann dich hier nicht beschützen Ellie. Dafür bin ich zu schwach. Erinnerst du dich noch, was ich dir erzählt habe, über die Guten und die Bösen? Sie sind welche von denen, aber ich weiss nicht welche. Ellie du musst gehen. Flieh! Verschwinde von hier und bring dich in Sicherheit!"
"Nein! Niemals! Ich lasse dich nicht hier zurück! Ich bleibe. I... ich werde...", sie fing wieder an zu schluchzen.
"Elisabeth! Ich werde nicht zulassen, dass sie meine Familie noch ein zweites mal umbringen! Geh nach Hause und kümmere dich um Helen! Bitte Ellie, du hast es versprochen!", flehte ich sie an.
Sie sah mich an. Ich weiss nicht was sie dazu gebracht hat, aber ich sehe es ihren Augen an. Sie wirkten plötzlich entschlossener.
"Also gut", sagte sie schliesslich, "Ich werde gehen. Ich halte meine Versprechen. Du weisst nicht was mich das kostet, aber ich halte sie. "
"Danke.", murmelte ich. Die letzte Kraft, die mich noch auftecht gehalten hatte, verliess mich und ich sank zu Boden. Ellie bäugte sich über mich. Sie weinte wieder.
"Es tut mir so leid!", schluchzte sie, "Ich hab dich lieb, Rose."
Ich lächelte schwach: "Ich dich auch."
Eine Hand legte sich auf Ellies Schulter und sie zuckte zusammen.
"Wir nehmen sie mit und werden sie behandeln. Sie wird überleben.", sagte der blonde Junge. Ein kehliges Knurren entwich mir: "Pfoten weg!"
"Ist schon gut.", murmelte Ellie beruhigend und küsste mir die Stirn. "Helen und ich, wir lieben dich, Rose. Vergiss das nie." Sie stand auf, drehte sich um und rannte davon.
"Ich euch auch.", nuschelte ich, dann driftete ich weg.

dunkle SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt