Niklaus & Elijah

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Pov.: Nik

Wiedermal bin ich so unglaublich wütend auf meinen Bruder, wie so oft, seit er Marcel getötet hatte.
Meine unbändige Wut auf ihn kann ich garnicht in Worte fassen, ich will es einfach alles an ihm auslassen.
Ich hocke allein in meinem Kunstzimmer, schneide mich mit einem jämmerlichen Messer, wieder und wieder, um mehr rote Farbe zu bekommen, während ich oft von dem 'erfolgreichen König' höre, der nun so toll über New Orleans regiert, seit sein Bastard-Bruder irgendwo anders verrottet. Ja, mit Bastard bin ich gemeint, und es ist MEIN New Orleans!
Elijah redete mir zwar dauernd ein, dass es notwendig gewesen sei, Marcel zu töten, da er mich sonst umgebracht hätte. Es ist ja nicht so, als würde ich jetzt schon über Tausende von Jahren leben, genauso wie jeder andere meiner Geschwister.
Ich meine, mein Tod wäre unbedeutend, nein sogar eine Befriedigung des Volkes. Ich weiß doch selbst, dass ich als Bestie angesehen werde. Der große böse Hybrid, unfähig zu lieben und zu vergeben. Das sagen die Leute über mich. Aber wenn ich unfähig bin zu lieben, warum sitze ich dann alleine und trauere um meinen Sohn? Warum hat sein Leben... sein Tod, mir so viel bedeutet? Warum spreche ich seit mehreren Wochen mit niemandem mehr? Bevor ich noch weiter in meinem Selbstmitleid versinken kann, dringt eine Stimme an mein Ohr.
,,Nik?" die breite Holztüre öffnet sich.
Es ist meine Schwester Rebekah, sie ist die einzige, die ab und an nach mir schaut. Ich drehe mich zu ihr um und sehe sie aus leeren Augen an.
,,Wenn du nicht bald mal was isst, fängst du an auszutrocknen! Sieh dich an, du gleichst meiner erste Pflanze!"
Ich sehe die blonde Urvampirin nur weiter ausdruckslos an.
,,Sonst noch was, Schwester?" Frage ich Emotionslos. Sie schüttelt betreten den Kopf und will gerade wieder gehen, doch dann hält sie abrupt an.
,,Du kannst nicht ewig um ihn trauern! Auch für mich ist es schwer, ich habe ihn auch geliebt" beginnt sie und atmet einmal tief durch.
,,Freya ist dabei, seinen Körper ausfindig zu machen, dann können wir ihn wenigstens beerdigen" meint Rebekah noch, bevor sie endgültig den Raum verlässt.
Ich drehe mich wieder um und starre ausdruckslos auf mein Gemälde. Diese roten Striche beschreiben meine momentanen Gefühle sehr gut, verwirrt, verbittert, vielleicht auch ein wenig einsam.
Da kommen mir wieder Cami's Worte in den Sinn. ,,Jedes Bild erzählt eine Geschichte, genau wie der Künstler"
Mein Bild handelt um Liebe und Verlust, genauso wie um Verrat, Wut und Schmerz. Alles in einem. Auch meine Geschichte trieft nur so vor Schmerz, Wut, Verlust, Verrat und... Liebe.
Ich vermisse Cami und Marcel so sehr!
Ich will es mir nicht eingestehen, aber ich bin schwach ohne die, die ich Liebe, selbst wenn ich für die, die noch hier sind stark sein sollte.
Ich sollte stark sein, genau!
Nun stehe ich auf, schließe noch einmal kurz die Augen, bevor ich aus der Tür trete und diese ins Schloss fallen lasse.
Ich steuere direkt den Raum des Anwesens an, indem ich meine Schwester vermute.
Selbstsicher klopfe ich gegen die Türe und warte, bis ein äußerst konzentriertes ,,herein" ertönt, dann trete ich ein. Ich bemerke Rebekah, die auf einem Stuhl neben Freya platz genommen hatte und diese bei ihrer Arbeit beobachtet hatte, bis ich herein gekommen bin. Nun sieht sie mich leicht lächelnd an.
,,Wolltest wohl doch nicht wie die Pflanze enden, was?" Scherzte meine kleine Schwester und lachte. Freya blickt genervt von ihrem Zauber-Krimskrams auf und sieht nun zu uns.
,,Also Erstens: könntet ihr euch bitte draußen unterhalten? Ich versuche grade zu arbeiten. Und Zweitens: Was zur Hölle hat das mit einer Pflanze zu tun, Bekah...?"
Rebekah zwinkert mir nur belustigt zu und meint: ,,Nein nein, die Unterhaltung ist beendet", dann sieht sie mich ernst an. ,,Nik, du verträgst dich bitte mit Elijah!" Ich ziehe eine Augenbraue hoch und zucke mit den Schultern.
,,Mal sehen" brumme ich nur und nicke den beiden Blondinen zum Abschied zu, dann verlasse ich den Raum und höre noch, wie die schwere Holztüre zufällt. In meinen Gedanken versunken, merke ich garnicht wirklich, wohin mich meine Beine führen - zum Schlafgemach meines Bruders. Ich atme tief durch, bevor ich einmal schroff gegen die Türe klopfe und die Klinke herunter drücke.
,,Ah, Niklaus, ich habe mich schon gefragt, wo du wohl steckst" dröhnt mir die Stimme meines Bruders ins Ohr.
Ich verdrehe leicht genervt über seine
-wie so ziemlich immer- monotone Art, die Augen und lege meine Hände hinter dem Rücken zusammen.
,,Bilde dir ja nichts darauf ein, klar? Ich habe dir nicht verziehen!
Unsere Schwester ist es leid, uns zerstritten zu sehen, ich mache das für sie. Nicht für dich!"
Elijah nickt verstehend und tritt vor mich. Nun stehen wir dort, Auge um Auge. Ein kaum merkbares, zufriedenes Lächeln umspielt seine Lippen und das nervt mich gerade unheimlich.
All meine Wut kehrt schlagartig wieder und ich kann mich nicht zurückhalten.
Meine Faust schnellt nach vorne und trifft den dunkelhaarigen Mann im schicken Anzug vermutlich genau auf die Nase. Sein Kopf fliegt zurück und ich hörte ein Knacken, was sehr wahrscheinlich sein Nasenknochen war.
,,Das habe ich wohl verdient" keucht mein Bruder und hält sich die Nase.
Ich nicke beschwichtigend und ein teuflisches Grinsen ziert mein Gesicht.
,,Ach Niklaus, lass uns das draußen klären, ja?" Elijah funkelt mich nun aus seinen Kastanienbraunen Augen an.
Wieder gebe ich ein Nicken von mir.
Mit Vampirgeschwindigkeit verlasse ich den Raum. Nun stehe ich in dem großen Flur des Mikaelson-Anwesens und gehe den Gang entlang, bis zum Balkon. Lässig an ein Geländer gelehnt, warte ich auf den Urvampir, der auch gleich darauf aus den Schatten tritt.
Natürlich zieht er zuerst sein dunkelblaues Jackett aus, ich tue es ihm gleich mit meiner schwarzen Lederjacke, welche ich achtlos auf einen der Stühle werfe. Elijah steht wieder vor mir und sieht mich normal an, so als wüsste er nicht, was er getan hatte. Mit einem mal überwältigt mich der Zorn, meine Augen glühen kurz gelb auf und ich lächle dem Vampir noch einmal überlegen zu.
In meinem Kopf höre ich Mikael flüstern: ,,Bastard! Feigling!"
Ja, vielleicht bin ich paranoid, vielleicht auch schon besessen, aber es macht mich noch wütender. Und wenn ich wütend bin, erhöht das die Todeschance meines Gegners umso mehr. Naja, wäre mein Bruder nicht unsterblich, meine ich.
Blitzschnell stürme ich auf ihn zu, doch er wehrt mich ab. Er schleudert mich gegen die Statue des Familienwappens.
Mein Kopf schlägt hart gegen den Stein und ich rieche schon das Blut, welches langsam hervortritt. Für wenige Herzschläge liege ich benommen auf dem Boden, an die Statue gelehnt. Dann sehe ich Elijah, der vor mir steht und mir seine Hand hinhält. ,,Hast du genug?"
Ich starre ihn eine kurze Zeit lang zornig an, meine Augen glühen schonwieder bedrohlich auf. Ich springe auf und im Sprung verwandle ich mich in meine Wolfsgestalt. Knurrend schreite ich voran, ganz langsam, auf meinen Bruder zu. Immer wieder fletsche ich die Zähne
und knurre drohend.
,,Nur Verlierer lassen ihre Gegner angreifen. Beweise, dass du keiner bist"
Höre ich meinen Vater wieder hasserfüllt wispern. Ich schüttle den Kopf, um Mikael daraus zu vertreiben.
Mein Bruder nickt bloß gleichgültig und stellt sich in Kampfposition.
Ich stürme auf ihn zu, diesmal wird er mich nicht abwehren können.
Mit wenig Kraft schmeiße ich den Urvampir um und komme wieder auf dem Boden auf. Nun liegt er ein paar Meter entfernt vor mir, bewegungslos auf den Steinplatten. Laut knurrend springe ich auf ihn und fletsche vor seinem Gesicht die Zähne. Angeekelt kneift Elijah seine Augen zusammen ,,Da hat wohl jemand Zähneputzen vergessen" brummt er und grinst wieder. Als Antwort hebe ich eine Pfote und drücke sie Kraftvoll auf seine Brust, drücke noch fester zu, sodass sich meine Krallen in seine Haut bohren. Ganz langsam ziehe ich meine klingenähnlichen Krallen über seine Brust, dass ich damit seinen schicken Anzug zerreiße, ist mir bewusst. Ich verwandle mich zurück in den normalen Klaus und hocke vor meinem blutenden Bruder, der schmerzerfüllt keucht. ,,Bevor du fragst: Ja, das hast du auch verdient" Damit erhebe ich mich und binde mir einen Stoff-Fetzen, der vorher mal mein Shirt gewesen war, um.
,,Jungs, was habt ihr schon wieder gemacht?!" Eine wütende Rebekah steht nun vor mir und ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Wenn die eine Mikaelson- Schwester hier ist, dann ist die andere auch nicht weit. Und ich liege richtig. Die große blonde Hexe steht mit der Schulter an eine Wand gelehnt da und beobachtet uns kritisierend.
,,Elijah, was war das?" Fragt sie unseren Bruder und stemmt die Hände in die Hüften. Der Urvampir blickt mich noch einmal schwach lächelnd an, dann erklärt er es unseren Schwestern.
,,Wir hatten nur eine kleine... Meinungsverschiedenheit"
Rebekah und Freya ziehen ungläubig die Augenbrauen hoch und die Urvampirin schüttelt missbilligend ihren Kopf, geht zu ihrer Schwester und zieht sie am Arm mit sich.
,,Wenn ich länger bei denen bleibe, werde ich noch hässlich" zischt sie und sogar aus Elijah kommt ein raues Lachen. Ich sehe ihn an, meinen älteren Bruder, der nun blutbefleckt neben mir steht und meinem Blick stand hält.
,,Niklaus, ich wollte nie dein Gegner sein, sondern dein Bruder" seufzt er und dreht mir den Rücken zu, um sein Jackett zu nehmen. Schnell bin ich hinter ihm und lege meine Hand auf seine Schulter.
,,Du bist mein Bruder, das warst du immer" dann verschwinde ich direkt wieder in meinem Kunstzimmer.
Ich bin dabei, ihm zu verzeihen. Ob das das richtige ist?
,,Ich wusste wie schwach du bist" dröhnte ein höhnisches Lachen durch meinen Kopf.
,,Ich. Bin. Nicht. Schwach." Knurre ich und starre auf einen leeren Fleck, wo ich meinen grausamen Vater vor Augen habe.
,,Doch, das bist du, mein Sohn. Kann ich dich überhaupt so nennen? Meinen Sohn? Bist du es wert..."
Voller Wut unterbreche ich ihn, indem ich mit viel Druck einen meiner Pinsel nach ihm werfe. Er sieht an sich herunter, sieht den Pinsel, der zwischen seinen Rippen steckt und lacht bloß. Sein Blick wandert zu mir, sodass ich dieses hasserfüllte funkeln in den Augen meines Vaters erkennen kann, bevor er verblasst.
,,Ich weiß du bist hier. Und du willst mich töten. Also? Klären wir das wie Männer oder beschattest du mich und stichst mir die Weißeiche bei einem Hinterhalt ins Herz?" Brülle ich und wette darauf, dass der Mann, den ich mein Leben lang 'Vater' genannt habe, es noch hören würde.
Ich koche vor Wut, darum greife ich nach etwas, das ich werfen könnte. Mit einem lauten Scheppern zersprang die Vase, in die mir Rebekah oft einen Blumenstrauß gestellt hatte, in tausende kleiner Scherben.
Auch mein Schreibtisch bleibt nicht verschont, in einem Wutanfall schmeiße ich alles herunter und schlage in ein paar meiner Gemälde.
Verbittert sinke ich auf die Knie und drücke meine Hände auf mein Gesicht.
Nun knie ich zwischen Scherben und Fetzen, die vorher mal meine Leinwände waren. ,,Warum kann ich nicht einfach sterben?" Hauche ich und mir steigen schonwieder Tränen in die Augen.
,,Warum hätte ich damals nicht einfach sterben können?!" brülle ich wütend und ziemlich verbittert zugleich. Ich merke garnicht, dass ich nicht allein in dem Zimmer bin.
Neben mir taucht plötzlich Elijah auf, der seine Arme um mich schlingt und mich an sich drückt.
,,Shhh, alles wird gut" murmelt er und es wirkt beruhigend auf mich.
Wir sehen uns in die Augen und er kann deutlich die Angst sehen.
,,Mikael! Er war hier. Er ist in meinem Kopf..." Wie verletzlich ich nun wirken musste. Der unsterbliche Klaus Mikaelson, traurig und verängstigt, sodass sein großer Bruder ihn trösten muss. Elijah steht auf, hält mir seine Hand hin, die ich ohne zu zögern ergreife, und zieht mich daran hoch.
,,Wir stellen uns dem gemeinsam, Bruder. Wie Immer"

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1949 Wörter

One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt