Hermine starrte Draco eine Weile an, dann senkte sie den Blick.
"Ich will nicht darüber reden", sagte sie leise. Er überlegte kurz und zuckte dann mit den Schultern.
"Ich will es aber wissen", meinte er dann. Ihr Kopf fuhr in die Höhe und in ihrem Blick spiegelte sich Entsetzen.
"Wenn ich es dir nicht sagen will, dann werde ich es nicht tun." Hermine lehnte sich zurück gegen die steife Lehne des mit schwarzem Leder überzogenen Bibliotheksstuhls, in einem verzweifelten Versuch, so viel Abstand wie möglich zwischen sich und den jungen Malfoy zu bringen, den sie jetzt mehr und mehr zu verabscheuen begann.
"Ich verstecke dich in meinem Heim." Draco beobachtete leicht amüsiert ihre aufgeblähten Nasenflügel. Er genoss es, die Oberhand über die Situation zu haben und er liebte es, am längeren Hebel zu sitzen. "Es ist mein gutes Recht, zu wissen, wovor."
Es dauerte einen kurzen Moment, bis in Hermines Gesichtszügen eine schreckliche Erkenntnis sichtbar wurde.
"Du...du erpresst mich", flüsterte sie und sah ihm ins Gesicht. Ihre Mundpartie war von Ekel verzogen. "Du nutzt es aus, dass ich in einer Notsituation bin, um das zu bekommen, was du willst." Ein Schauer der Abscheu schüttelte sie kaum merklich. "Glaubst du, ich wäre freiwillig zu dir gekommen? Glaubst du, du wärst nicht meine letzte Wahl gewesen?" Sie lachte, freudlos und ein bisschen hysterisch. "Das ist so slytherin."
Es wurde still. Draco zog die Augenbrauen nach oben.
"Bist du dann fertig?", fragte er kalt. "Dann möchte ich nämlich sagen, dass es nicht selbstverständlich ist, dass ein Malfoy jemanden wie dich aufnimmt. Weißt du eigentlich, wie riesige Probleme ich bekomme, wenn das rauskommt? Und das alles als selbstverständlich anzunehmen und dann nicht einmal ein Danke über die Lippen zu bringen, das ist, wenn ich das mal so sagen darf, extrem gryffindor. Um ganz ehrlich zu sein, habe ich das ganze hier am Anfang wirklich nur gemacht, um einen Gefallen bei Potter gut zu haben. Aber in den letzten paar Tagen hatte ich das Gefühl, dass du gar nicht so schlimm bist. Sicher bin ich mir aber nicht, denn du redest ja nicht mit mir!"
Sie starrten sich in die Augen, beide verblüfft über die Ehrlichkeit zwischen ihnen, die die feindliche Spannung auf eine Art und Weise löste, mit der keiner von ihnen gerechnet hatte.
"Das war...nicht sehr slytherin", brachte Hermine schließlich heraus. Und nach einer kurzen Pause ergänzte sie: "Tut mir leid. Ich sollte das hier nicht als selbstverständlich ansehen. Danke."
Sie tauschten etwas, das man mit ein bisschen Fantasie durchaus als Lächeln interpretieren konnte.
"Sich die eigenen Fehler einzugestehen ist auch nicht sehr gryffindor", meinte Draco dann und jetzt brauchte man keine Vorstellungskraft mehr. "Wir sollten vielleicht von den Häuserklischees wegkommen."
Hermine nickte. Sie vertieften sich wieder in ihre Bücher, aber Hermine konnte sich nicht konzentrieren. Ihre Gedanken schweiften ab und die Buchstaben vor ihren Augen ergaben keinen rechten Sinn. Fünf Minuten war es still. Hermine suchte ihre Gedanken zu ordnen und Draco blätterte in seinem Buch hin und her, ihr vorgaukelnd, ihm ginge es anders.
"Es waren die Schlammblüter", platzte Hermine schließlich heraus. Dracos Augenbrauen verschwanden fast unter seinem Haaransatz und er fuhr so überrascht in die Höhe, dass sein Finger aus dem Buch rutschte, wo er ihm als Lesezeichen gedient hatte. Dieses klappte mit einem dumpfen Geräusch zu, blieb jedoch unbeachtet.
"Bitte?", fragte Draco, der sich sicher war, sich verhört zu haben. Seit wann nahm Hermine denn solche Worte in den Mund?
"Die Schlammblüter", wiederholte Hermine und ihre Stimme zitterte. "Sie...sie nennen sich selbst so. Muggelstämmige im Widerstand. Sie wollen, dass alle Muggelstämmigen sich zusammenschließen, eine Rebellion beginnen und alle Reinblüter vernichten, damit wir nicht mehr diskriminiert werden."
"Das..." Draco versuchte seine Gedanken zu ordnen. "Das ist...was? Sie wollen alle Reinblüter vernichten...wofür?"
"Wenn es kein reines Blut mehr gibt, werden diejenigen nicht mehr gejagt, die keines haben", erläuterte Hermine leise.
"Man kann doch nicht einfach alle vernichten, die einem nicht passen, nur um das zu bekommen, was man will!", protestierte Draco.
"Der dunkle Lord kann das schon", gab Hermine zu bedenken. "Und das ist auch genau das, was er gerade tut. Warum also können wir das nicht auch?"
Draco schwieg. So hatte er das noch nicht betrachtet.
"Es ist trotzdem ein Massenmord, den sie planen. Deshalb habe ich mich geweigert, beizutreten." Hermine schluckte hart, als sich die Erinnerung wieder und wieder vor ihrem inneren Auge abspielte. Die Personen, die sich in ihr Wohnzimmer drängten, die gehobenen Zauberstäbe, die leisen Drohungen. "Sie haben erklärt, dass sie im Geheimen arbeiten und dass niemand von ihnen weiß. Dass sie auf Überraschungseffekt setzen. Als ich mich weigerte, zerbrachen sie meinen Zauberstab. Er lag auf einer Kommode, ich trage ihn nicht mit mir herum, wenn ich zu Hause bin, warum auch? Ich darf ihn ja nicht benutzen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie Zauberer sind, als ich sie ins Haus gelassen habe, sie waren wie Muggel gekleidet." Hermines Atem zitterte und sie versuchte, die Tränen herunter zu schlucken. "Sie redeten von Geheimhaltung und ich habe viel zu spät realisiert, dass meine Eltern und ich jetzt ja eine Bedrohung für diese Geheimhaltung waren. Dann haben sie..." Während die Worte bis eben wie ein Wasserfall aus ihr herausgeströmt waren, stockte sie jetzt und presste sich die Hand auf den Mund. Ihre Augen brannten jetzt wieder und sie verfluchte sich dafür. Sie atmete tief durch und sprach dann viel zu schnell weiter. "Sie töteten meine Eltern, bevor ich mich zu ihnen umdrehen konnte. Ich bin weggelaufen und frag mich bitte nicht, wie ich es geschafft habe, ich habe nicht wirklich geglaubt, da lebend rauszukommen." Sie schwieg einen Moment. "Das schlimmste ist, dass ich nichts weiß. Absolut nichts. Wer von den getöteten Muggelstämmigen geht auf ihre Kappe? Welche von den Morden, die wir den Todessern zugeschrieben haben, waren tatsächlich nur Menschen, die sich geweigert haben, ein Schlammblut zu sein? Wer von den lebenden Muggelstämmigen gehört zu ihnen? Sind sie vielleicht schon weit oben im Ministerium? Kontrollieren sie die Post? Das Flohnetzwerk? - Ich weiß es nicht. Ich kann zu niemandem Kontakt aufnehmen ohne das Risiko, dass sie es wissen und noch mehr Menschen umbringen. Ich wusste, dass ich nur irgendwo sicher sein würde, wo sie nicht nach mir suchen." Sie sah zu Draco. "Verstehst du jetzt, warum ich ausgerechnet zu dir gekommen bin?"
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Help Me Out
FanfictionEs ist eisig kalt und es regnet in Strömen, obwohl Juli ist. Vielleicht ist das der Grund. Hermine zittert am ganzen Leib und auf ihren Wangen sieht man Spuren von Dreck und Tränen. Vielleicht ist das der Grund. Obwohl sie nichts sagt, schreien ih...