Kapitel 9

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Alles um mich herum wackelte und vibrierte. Mir war bitterkalt. Ich konnte das innere eines Autos sehen. Das verkleidete Dach, die Sitze, das Armaturenbrett und...Stephen. Er war über mich gebeugt. Sein Gesicht war blutig. Seine hellblauen Augen stachen durch das Rot noch heller hervor. Seine Unterlippe war aufgeplatzt. „Sie ist wach" hörte ich ihn sagen. Er sprach mit jemanden, doch ich schaffte es nicht meinen Kopf zu drehen. Mein Hals tat weh. „Hörst du mich Dove?"
„Du siehst schrecklich aus" schaffte ich krächzend von mir zu geben.
Er seufzte und lächelte. Konnte ich da etwa Erleichterung sehen?
„Keine Sorge, sie ist ganz die alte."
Ganz die alte. Er sprach von mir, als würde er mich schon eine Ewigkeit kennen.
Ein Schauer durchzog meinen Körper. Wieso war mir so wahnsinnig kalt? „Haben wir noch eine Decke?" Fragte Stephen. Ich wusste noch immer nicht mit wem er sprach, aber ehrlich gesagt war es mir im Moment egal.
„Sie sollte ihre Sachen ausziehen, sie ist Klitschnass."
Sachen ausziehen? Klitschnass? Was ist hier passiert? Stephen drehte sich wieder zu mir um. „Zieh deine Kleider aus, dann wird dir schneller wärmer."
Ich nickte und tat was er wollte. Das Kostüm klebte so sehr an meinem Körper, dass ich es ganz ohne Hilfe nicht schaffte, es mir über den Kopf zu ziehen. Ich hatte keine Kraft. Keine Kraft um mich aufzusetzen. Keine Kraft um meine Gliedmaßen zu bewegen. Keine Kraft um zu atmen. Die Schmerzen in meinem Körper waren unbeschreiblich. Jede Bewegung versetzte mir einen Stich in jedes Organ. Stephen sah wie ich kämpfte und bat mir seine Hilfe an. Ich musste sie annehmen. Welche Wahl hatte ich denn? Entweder warm und halbnackt unter der Decke, oder nass und eiskalt. Variante eins gefiel mir am besten. Er zog das Oberteil von meinem Körper und warf es auf die Seite. Die Hose konnte ich bis zu den Waden selbst ausziehen, den Rest machte er. Ich hatte ja noch den Bodysuit an, welches auch runter musste. Das hatte ich total vergessen. Das hautenge Ding musste mit viel ziehen und reißen von mir abgenommen werden. Es fühlte sich an als würde mir meine Haut abgezogen werden. Als das Teil endlich weg war, saß ich nur noch in Unterwäsche da. Stephen sah mich geschockt an, als er an mir runter sah. Ich folgte seinem Blick und entdeckte Kratzer, offene Stichwunden und viele blaue Flecken. Schnell bedeckte ich mich mit der Decke und legte mich wieder hin. Auf der Seite konnte ich nicht liegen, da das offene Fleisch wahnsinnig weh tat.
„Wo sind wir?" Fragte ich ihn schwach.
„Gleich beim Quinjet" ertönte es von der Fahrerkabine. War das...?
„James?" Fragte ich so laut wie es mir möglich war.
„Ich bin hier, Dove" sagte er monoton. Erleichtert atmete ich aus und schloss die Augen.

„Geht es dir gut?"
„Mir gehts besser als dem Doc. Der hat ganz schön was abgekriegt."
Ich sah wieder zu Stephen. Ich konnte mich an nichts mehr erinnern. Hatte ich mir den Kopf gestoßen? „Was ist passiert?" Fragte ich nun Stephen.
„Erinnerst du dich nicht?"
„Ich wollte wissen was mit dir passiert ist." Das sprechen war anstrengend. Die Stimme die aus mir raus kam, hörte sich nicht an wie meine.
„Habe schon schlimmeres durch."
Ich hatte gesehen, dass er seine Hand die ganze Zeit festhielt. Ich streckte ihm meine entgegen und wartete. Er hielt mir die falsche entgegen und ich schüttelte den Kopf. Beim Anblick seiner Hand kamen die Erinnerungen schlagartig wieder hoch. Ich setzte mich auf und bekam Panik. „Ragor! Ist er... Ist er—„
„Nein, er ist uns entwischt. Aber dafür haben wir Klaue." Stephen legte seine Hand auf meine Schulter und versuchte mich wieder runter zu drücken, doch ich wollte nicht. „Wieso? Wo ist er hin?"
„Ich weiß es nicht Dove..." sagte Stephen erschöpft. „Er war einfach zu stark."
„Zu stark?" Sagte James verärgert. „Niemand ist zu stark, wenn man sich an einen funktionierenden Plan hält."

Ich wusste sofort, dass er mich damit meinte. Ich habe mich nicht an den Plan gehalten. Ich war schuld dass er es schon wieder weg geschafft hatte. Oh nein. Wie konnte ich das nur zulassen. Genau diese Befürchtung die alle hatten, war eingetroffen. Langsam sank ich wieder in den Sitz und versuchte meine Tränen aufzuhalten, ohne Erfolg. Sie rollten heiß an meinen Wangen herunter und landeten auf die Decke. Stephen sah mich entgeistert an und wusste nicht was er tun sollte. „Ich habs versaut" sprach ich leise. „Ich habs versaut" sagte ich wieder und wieder und wieder. „Dove, tu das nicht" sagte Stephen leise.
„Du hast es nicht versaut Dove" sprach James zu mir. „Du hast maßlos versagt." Seine Worte rissen mich in tausend Teile. Stephen schlug ihm demonstrativ auf die Schulter. Ich hatte das Gefühl auseinander zu fallen. Ich schlang meine Arme um meinen Oberkörper und versuchte mich irgendwie zusammen zu halten. Doch an diesem Punkt wäre es vermutlich besser gewesen auf der Stelle tot umzufallen, als zurück zum Team zu gehen, die sowieso nichts anderes von mir erwartet hatten. In meinem inneren war es leer. Alles war durcheinander und nicht an seinem Platz. Angefangen bei meinen Gedanken. James hatte Recht. Ich habe maßlos versagt. Ich bin eine Versagerin. Ich werde niemals gut genug sein.

Whatever it takes - Dr. Strange FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt