2. Too late.

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Tränenüberströmt und vom Regen durchnässt saß ich am Rheinufer. Allein. Vor ein paar Monaten wäre er noch neben mir gesessen. Aber ihn gibt es nicht mehr. Ich hob einen Stein auf, und warf ihn ins Wasser. Er zog dort seine Kreise und so schnell wie sie kamen, so schnell verschwanden sie auch wieder. Wie er. Er hatte mir seine Liebe gestanden, er, mein bester Freund. Und ich war zu naiv und zu dumm um zu verstehen, dass ich dasselbe für ihn empfand. Gefühle auf höherem Niveau. Liebe. Ich sagte ihm, dass ich ihn nie wieder sehen will, nie wieder irgendwas von ihm hören will. Nie wieder seine Stimme hören oder seine Nähe spüren will. Und das habe ich bis heute auch nicht. Niemand hat ihn seit dem Tag wieder gesehen. Nur einen Brief auf seinem Bett, der an mich gerichtet war. Das war alles, was von ihm übrig blieb. Er war ein Teil von mir. Und als er ging, ging auch ein Stück von mir. Ich war ohne ihn nicht mehr vollständig. Aber es war zu spät. Zu spät, um meine Gefühle zu verstehen. Zu spät, um meine Gefühle zuzugeben. Zu spät, um ihm meine Gefühle zu zeigen. Ich stand auf. Langsam aber mit sicheren Schritten ging ich auf eine Brücke zu. Die Brücke, auf der wir uns das erste Mal sahen. Die Brücke, auf der unsere Namen standen. Vereint. Bald waren auch wir wieder vereint. Immer schneller lief ich zur Brücke. Es gab kein Zurück mehr. Ich zitterte dank einer Mischung aus Angst und Kälte. Ich hatte Angst vor dem, was ich gleich tun würde. Ich stand am Geländer.

"Du hast mich allein gelassen! Allein in dieser scheiß Welt!" Ich schrie einfach alles, was ich in diesem Moment dachte aus mir raus.

"Verdammt, Ich liebe dich." Ich holte tief Luft .

"Ich war nur zu dumm, um es zu erkennen." Die letzten Worte flüsterte ich nur noch. Ich sah aufs Wasser. Und dann sprang ich.

Direkt aufs Wasser zu.

Direkt in meinen sicheren Tod.

Direkt zu meinem Ende.

Direkt zu ihm.

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