Prolog

82 3 3
                                    

Was machen wir, wenn uns das Leben alles nimmt was man hat? Wenn es uns schon einmal etwas wichtiges genommen hat und nicht mehr aufhören will? Und was machen wir, wenn dieses etwas Wichtige unsere Mutter war? Was machen wir wenn es nicht mehr aufhören und uns nun die Liebe des Leben nehmen will? Nehmen und jemand anderem geben will...


Wie viel kann der Mensch eigentlich in seinem Leben verkraften, ohne dass er daran zweifelt, an sich zweifelt, am Schicksal zweifelt.

Ich dachte immer das Schicksal hat mir schon seine ganze Härte gezeigt, als es mir meine Mutter genommen hat. Hinterhältig und doch erbarmungslos, als ich fünf Jahre alt war. Und jeden Tag nimmt es sie mir mehr weg in dem ich sie jeden Tag immer wieder auf das Neue kennenlerne.

Doch nun greift das Schicksal mit seinen kalten und schuldigen Händen nach der Person, die nach meinem Herzen doch nur mir gehören sollte. Es greift danach und platziert sie in ein anderes Herz, wo sie anfängt zu blühen und zu lieben. In meinem Herzen konnte sie jedoch nicht blühen und lieben.


Zu fragen, was man in diesem Leben falsch gemacht hat ist keine gute Idee, denn es ist eine Frage auf die es eben keine Antwort gibt. Was kann man als ein Fünfjähriger so falsch gemacht haben, dass man ohne eine Mutter aufwachsen muss? Wer kann mir diese Frage beantworten?


Waren es die vollen Windeln, die ich hinterlassen habe? Die schlaflosen Nächte meiner Mutter, weil ich Zähne bekommen habe? Ihre Trauer wenn ich mal erkältet war? Ihre leichte Wut, nachdem ich nach dem tausendsten Versuch nun endlich gehen konnte und ihre Küchenschränke ausgeräumt habe? Oder war es der Tag, als ich durch die ganze Eisdiele geschrien habe, dass ich zwei Kugeln Erdbeereis möchte statt nur einer.

Vermutlich hat niemand eine Antwort, nicht mal ein Vater...


Dabei habe ich eigentlich auch gutes getan, als dass ich so eine harte Strafe erleiden musste.

Mein allererstes Wort war „Mama". Ich habe ihr Blumen aus unserem Garten gepflückt. Mit drei Jahren habe ich ihr sogar einen Kuchen aus Sand gebacken. Mit fünf Jahren bekam sie zum Muttertag ein Bild von mir gemalt. Auf dem Bild sieht man meinen Vater, sie und mich Hand in Hand ins Krankenhaus laufen, weil sie einen kugelrunden Bauch hat und dort meinen Bruder auf die Welt bringen wird. Sie war sehr glücklich, hat gelächelt und mich, so gut es mit ihrem dicken Bauch ging, an sich gedrückt. Ich denke, ich habe also auch Gutes getan.

Aber dennoch sind alle Fragen unbeantwortet und bedeutungslos.


Doch auch wenn ich mich von Zeit zu Zeit beklage, ändert dies nichts an der Tatsache, dass ich die Menschen tief in mein Herz geschlossen habe, mit denen ich mein Schicksal teile.

Das Leben hat mir beigebracht was es heißt zu leben und zu sterben, was es heißt an Gott zu glauben und sich Ihm gegenüber aufzulehnen und was es heißt zu lieben aber nicht geliebt zu werden. Ich wollte mich nicht an Tod, Auflehnung und Verlust aufhalten, deshalb habe ich mich für das Leben, Gott und die Liebe entschieden. Und deswegen musste ich so vieles aufgeben, selbst mein Leben und meine Liebe. Und das Einzige was mir blieb war Gott und aus diesem Grund glaube ich nicht an Zufälle. Alles wurde bereits geschrieben und die Seiten des Buches sind unveränderbar, ich blättere lediglich mit meinem Leben durch mein Schicksal.

Wenn das Schicksal das Leben zeichnetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt