Keine Ahnung, wie lange wir schon fuhren, aber sicherlich mehr als zwei Stunden. In der Zeit hatte ich insgesamt drei Kippen geraucht, einfach nur um Jester in den Wahnsinn zu treiben. Und ein wenig vor mich hin gedöst.
Schließlich ruckelte der Wagen und kam zum stehen– na endlich, dachte ich mir.
Die Fahrertür wurde geöffnet und wieder zugeknallt. Dann hämmerte Jester an die Seitentür.
„Aufstehen, Schlafmütze! Wir sind da!"
Ich seufzte tief und langte nach dem Türgriff, zog sie im sitzen auf und erblickte Jester, welcher nun direkt vor mir stand und auf mich herabschaute.
„Wow, du bist ja ziemlich klein", bemerkte ich und musterte ihn. Seine dunklen Haare waren leicht gelockt, seine Augen noch dunkler, und seine Haut von einem hellen Braun. Hatte ich ihn zuvor einfach nicht richtig angesehen oder war es zu dunkel gewesen, um dies zu bemerken?
„Starr nicht so, komm endlich raus", sagte er und rümpfte die Nase. Trotzdem war da ein neugieriges Glitzern in seinen Augen, das ich nicht identifizieren konnte.Ich grinste leicht, schwang meine Beine aus dem Wagen und streckte mich. Und dann fiel mir etwas auf.
„Fuck... fuck— wo sind wir?"
Jester blickte mich mit gerunzelter Stirn an und riegelte den Wagen ab. „Was meinst du?"
Wir befanden uns mitten auf einer Landstraße im Nirvana– immer noch, oder schon wieder– und es war weit und breit keine Zivilisation in Sicht, außer des Vans und einem kleinen, verlassen wirkenden Gebäude, das ich erst sah, als ich mich um die eigene Achse drehte.
„Ich meine", sagte ich langsam und stark beherrscht, „Wo zum Teufel sind wir?"
„Beim Hauptquartier", antwortete Jester, als sei es das normalste der Welt.
Ich starrte zwischen ihm und der Bruchbude, die er Hauptquartier schimpfte, hin und her. „Das da? Verarschst du mich?"
Nun verdrehte er angenervt die Augen. „Nein, also komm schon. Ich habe keinen Bock, Ruby zu verärgern."
Mit den Worten setzte er sich in Bewegung. Ich zwang mich, ihm hinterherzulaufen, wobei sich alles in mir sträubte, an diesen Ort zu gehen. „Seit wann seid ihr hier? Seid ihr etwa umgezogen?"
„Soweit ich weiß, sind wir seit zweieinhalb Jahren hier. Hattet ihr etwa mal einen anderen Standort?"
„Offensichtlich", presste ich zwischen den Zähnen hervor. Zweieinhalb Jahre. Das bedeutete, dass Cassia das HQ kurz nach meiner Verurteilung versetzt hatte. Irgendwo an den Arsch der Welt, wohlgemerkt.„Was ist das? Ein altes Hostel?"
„Yep. Und es ist echt super– jedes Zimmer hat ein eigenes Bad, es gibt eine große Küche, eine Cafeteria, ein Gym... sogar einen Pool gab es, aber den hat bisher noch keiner restauriert. In dem Wasser da drin würde ich definitiv nicht baden gehen." Jester verzog das Gesicht, und ich starrte ihn ungläubig an. Das war die Information, die er für wichtig genug empfand, mit mitzuteilen?Das Hostel war von außen völlig in Ranken und Schmutz versunken. Die Fenster waren abgedunkelt worden, und über dem Eingang flimmerte noch eine kleine Glühbirne, mehr aber nicht. Die Parkplätze waren voll mit alten Autos, weshalb Jester auf der gegenüberliegenden Seite vor einem verwitterten Schild geparkt hatte, was kaum noch zu lesen war. Old Alistair Inn ließ sich noch auf einem vom Regen verwaschenen Schild über der Flügeltür des Hostels lesen.
Ich folgte Jester über die niedrigen Treppenstufen zum Eingang, wo er einen Schlüsselbund zückte und die Tür mit einem Chip öffnete.
Dahinter lag eine kleine Empfangshalle mit verlassenem Tresen. Das Mobiliar, die Blumenvasen und Gemälde hierin waren verstaubt. Nur der Teppich war sauber; wahrscheinlich wurde nur dieser Weg genutzt, der direkt geradeaus zu einer weiteren Flügeltür führte, die Jester mit seinem Chip öffnete.„Willkommen in unserem Hauptquartier", grinste er und machte eine große, einladende Armbewegung. Ich rümpfte die Nase, staunte aber tatsächlich über die völlig modernisierte Überarbeitung des Gebäudes. Den 50er-Jahre Stil hatten wir in der Empfangshalle links liegen gelassen, und hier erwartete uns eine weitere kleine Halle mit Türen und Korridoren zu beiden Seiten, vor uns lag die offene Cafeteria und ein Treppenhaus zu unserer Linken bot den Weg ins Obergeschoss. Wahlweise öffnete sich auch noch gerade die Tür eines Fahrstuhls, aus dem keine andere als Ruby Cassia trat.
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Assassin Impossible
ActionVor drei Jahren war Xavier Rodgers ein völlig normaler Mensch- für Außenstehende, zumindest. Denn kriminell, wie er war, zählte definitiv nicht mehr zu normal. Als Mitglied einer Auftragskiller Organisation, die für Opfer von Verbrechen arbeitet, s...