„Xave... Aufwachen.. Xavier!"
Eine Stimme aus der Ferne schien mich zu rufen, doch ich fühlte mich noch viel zu schwach um aufzustehen. Hinter meinen Augenlidern flimmerten noch meine Träume, das Gefühl von—
„XAVIER FUCKING RODGERS!"
„AAAAHHH!"
Ich schoss in die Höhe und stolperte aus dem Bett um zu salutieren. Warum wusste ich auch nicht. Allerdings blickte Cassia mir genauso verdattert entgegen wie ich mich fühlte.
„Was zum Teufel machst du hier?", fragte ich und versuchte nicht zu schwanken.
Sie stemmte die Fäuste in die Hüften und musterte mich prüfend. „Du bist nicht ans Telefon gegangen. Du kennst die Regeln, wenn du dich nicht meldest, trete ich deine Tür ein."„Jaja." Ich streckte mich und gähnte ausgiebig. „Und was steht heute auf dem Speiseplan?"
„Ich hoffe du meinst den Speiseplan, den Michellis dir hinterlassen hat", erwiderte Cassia trocken.
Ich hielt in der Bewegung inne und stierte sie an. „Bitte?"
Cassia rümpfte die Nase und stampfte zu meinem Schreibtisch. „Du weißt schon was ich meine, Xavier. Das hier", sie hob den Brief auf, den ich dort liegen lassen hatte, und schnipste ihn durch die Luft. „Aber weißt du wo das Problem liegt? Nicht an diesem einen Brief, nicht daran dass du ihn verdammt nochmal nicht gelesen hast, sondern daran!"
Sie donnerte einen Rucksack, den sie die ganze Zeit über einer Schulter getragen hatte, zu Boden, und heraus platzten ein ganzer Haufen Briefe in verschiedenen Formaten, Formen und Dicken. Auf einigen konnte ich meinen Namen in Luca's Sauklaue erkennen. Ich schluckte. Das war gar nicht gut.Cassia rieb sich die Augen und zog tief die Luft ein. „Find heraus, was er will, oder ich quetsche dich in ein Kuvert und schicke dich per Post zu ihm. Capito?"
„Oh, das wird teuer", erwiderte ich zerknirscht, ließ mich aber brav auf den Hintern sinken, um nach den Umschlägen zu greifen.
Cassia stöckelte ohne ein weiteres Wort aus meinem Zimmer und ließ mich mit meinem größten Albtraum alleine.
Ich kaute auf meiner Unterlippe herum, drehte ein besonders dickes Päckchen in den Händen. Von der Form und dem Gewicht her konnte ich davon ausgehen, dass wahrscheinlich Fotos darin waren. Und zwar einige. Meine Augen huschten über die ganzen Briefe, die bereits aus der Tasche gerutscht waren, und es waren noch viel mehr darin, warteten darauf, geöffnet zu werden. Es fühlte sich an, als könnte ich den Teufel höchstselbst aus seinem Höllentor herauslassen, wenn ich das Siegel brach.Ich fluchte und presste die Fäuste gegen meine Stirn. In meiner Brust begann es bereits zu brennen, als hätte die Hölle mich schon erreicht.
„Xave... Xave. Schau mich an, Kid. Es war nur ein Traum."
Schwer atmend starrte ich Luca an, meinen neuen Mentor, und musste mir erstmal ins Gedächtnis rufen, wo wir eigentlich waren. Ich schluckte und sah mich in dem Motelzimmer um, dass wir vor zwei Tagen bezogen hatten. Unsere erste Zielperson hatten wir in der Nacht davor erledigt, und nun würde der nächste Auftrag warten, doch seit wir in dieser Gegend waren, suchten mich meine alten Albträume heim. Nun schon wieder, und es war zu spät, mich vor Luca zu verstecken, denn er saß genau neben mir, mit diesem viel zu mitleidigem Gesichtsausdruck.„Nenn mich nicht so, ich bin erwachsen", wisperte ich heiser. Ich klang viel ängstlicher als geplant.
„Was hast du geträumt?", fragte er. Ich hasste seine Direktheit.
„Gar nichts. Du kannst jetzt gehen."
Er rührte sich kein Stück. „Du hast nach deiner Mutter gerufen", stellte er fest, ohne die verfickte Miene zu verziehen.
Ich setzte mich auf und ignorierte das schmerzhafte Ziehen zwischen meinen Rippen. „Du sollst gehen, Luca. Ich komme zurecht—"
Er packte mich an den Armen und zog mich in eine feste Umarmung. Ich war so überrascht, dass ich mich nicht wehrte, und zog scharf die Luft ein. „Lass mich los", japste ich.
„Hör auf dich zu wehren, Kid. Ich weiß dass du zeigen willst, wie stark du bist, aber das musst du hier nicht. Ich sehe dass du Hilfe brauchst, also lasse ich dich nicht allein. Versteck dich nicht vor mir."
In der Nacht weinte ich mir die Seele aus dem Leib und ließ Luca Michellis, meinen Mentor, an den schlimmsten Flashbacks meines Lebens teilhaben. Ich heulte mich in seinen Armen in den Schlaf, und ab dann waren wir unzertrennlich. Er war nicht nur mein Mentor, er war ein Freund geworden.
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Assassin Impossible
ActionVor drei Jahren war Xavier Rodgers ein völlig normaler Mensch- für Außenstehende, zumindest. Denn kriminell, wie er war, zählte definitiv nicht mehr zu normal. Als Mitglied einer Auftragskiller Organisation, die für Opfer von Verbrechen arbeitet, s...