Naelle
Er stieg aus dem Mercedes und betrat das renovierungsbedürftige Gebäude des Waisenhauses am Rande der Stadt, wo so gut wie keine Menschen lebten. »Mr Shin«, eine zierliche Frau verbeugte sich tief vor ihm, »sie können sich gerne umschauen, aber hier werden sie keine perfekten Mädchen finden. Sind Sie sich sicher, dass sie es nicht mit einer Audition probieren wollen?« Ceo Shin nickte kurz angebunden und streifte sich seinen Mantel ab, bevor er sich von der Frau herumführen ließ. Er hatte nicht vor, schnell zu gehen.
Die junge Frau ließ eine kleine Glocke läuten, woraufhin sich alle im Speisesaal versammelten. Unterschiedlicher konnten die Kinder im Waisenhaus nicht sein. Einige hüpfen, andere rannten mit schweren Schritten, manche schllichen mit gesenktem Kopf und andere waren so verkrampft, dass ihr Gesicht etwas ganz Anderes über ihre Stimmung sagten, als ihre Bewegungen, die sich bemühten, glücklich zu sein. Darunter war ein etwa dreijähriges Mädchen. Ihre feinen schwarzen Haare fielen ihr zerzaust ins Gesicht und sie hielt ihren Kopf gesenkt, doch ihre mandelförmigen Augen und das hohe Nasenbein machten es für den Ceo unmöglich, von ihr wegzusehen. Er beobachtete das Mädchen die ganze Zeit-während sie sich ganz ans Ende des langen Tisches setzte, während sie ihren Teller mit Reispfanne unangerührt ließ.
»Wer ist das Mädchen dort hinten?«, fragte er schließlich der Frau, die den Kindern schweigend beim Essen zuschaute. »Min Naelle«, erklärte sie leise. »Ihre Mutter ist mit dem Mädchen als Baby aus Nordkorea geflohen und kurz, nachdem sie bei uns vor der Tür stand, tot umgefallen. Ich weiß nicht, ob Naelle noch Erinnerungen daran hat. Sie spricht nicht. Nicht hier und auch nicht bei der Therapie.«
»Ich habe es Ihnen gesagt«, seufzte die Frau, als sie ihn hinaus begleitete. »Veranstalten Sie eine Audition, um ordentliche Mädchen zu finden.«
Ceo Shin lachte. »Ich denke, Sie haben keine Ahnung, wie wertvoll diese Kinder sind. Der Brief für ein gewisses Mädchen werde ich bald in das Waisenhaus zukommen lassen.« Dann griff er wieder nach seinem Mantel. Er machte Anstalten zu gehen, doch ehe er das Gelände verlassen hatte, spürte er stechende Blicke in seinem Rücken und drehte sich um. Zwei mandelförmige Mädchenaugen fixierten ihn. Es war das stumme Mädchen. Min Naelle.
Luna und Arin
Er hatte sich tatschächlich dazu entschieden, eine Audition zu veranstalten. Allerdings werbte er mit Babymodels anstatt Idoltrainees.
Zahlreiche Mütter und Väter mit Babys zwischen 0 und 6 Jahren saßen im Warteraum, bis sie und ihre Babys aufgerufen wurden. »Jang Jiseo mit Jang Luna und Jang Arin!«, rief eine seiner Mitarbeiterinnen. Ihre Stimme tönte laut über die Lautsprecher. Müde fuhr sich Ceo Shin über seine schweißüberströmte Stirn. Bisher waren zwar viele markellos aussehende Mädchen dabei gewesen und er hatte auch Zusagen eingetragen, aber die Richtige, die das Debüt versprach, hatte er noch nicht gefunden.
Das gleiche Spiel war es auch, als eine dürre, jämmerlich aussehende Frau mit Zwillingen an jeder Hand in den Raum kam. Sie hatten nichts Besonderes. Die Zwillingsschwestern sahen so aus, wie normale kleine Mädchen eben aussahen und besaßen keine besondere Begabung für einen der K-Pop Skills.
Während die Eine von ihnen ihn mit Augen fixierte, die eine starke Persönlichkeit ausstrahlten und die Andere schüchtern seinem Blick auswich, brachte etwas den Ceo dazu, eine Zusage für beide Mädchen zu unterschreiben und in der Nacht, als er wie in jeder Nacht am Schreibtisch über seinen Plan brütete, wurde er den Gedanken nicht los, dass er heute einen Schritt weitergekommen war.
Anna
Ein paar Tage vergingen und frustriert musste der Ceo feststellen, dass er in diesen Tagen nichts für seinen Plan unternommen hatte. Er musste sich schließlich Inspiration von anderen Gruppen holen. Kurz vor dem großen JYP Gebäude blieb er stehen, als ein etwa vierjähriges Mädchen weinend auf ihn zu rannte. »Mister«, weinte sie und blieb vor ihm stehen. Sie hatte zerzauste schwarze Haare, die herunterhingen und trug über einem verwaschenen Ringelpulli eine Latzhose, die ihr an den Beinen zu kurz war und ihre trockenen, dürren Beine zeigte. An der einen Hand hielt sie einen Teddy, während sie mit der anderen Hand ein etwas jüngeres Mädchen an der Hand hielt. »Was .. was ist passiert?«, stammelte Ceo Shin. Das Mädchen brauchte etwas, um sich zu beruhigen. »Wir mussten flüchten«, schniefte sie. »Vor wem seid ihr geflüchtet?«, fragte er sanft. Das Mädchen drehte sich vorsichtig um, um sich sicher zu sein, dass auch Keiner mithörte und flüsterte dann ehrfürchtig: »Vor unserer Mutter.«
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QUEENS-Light up the World
Teen FictionQUEENS - so wird die Girlgroup heißen, für die 20 Trainees schon trainieren, seit sie denken können, ohne ein richtiges Leben mit Familie und Freunden gehabt zu haben. Aber- Sie wollen das Debüt. Sie wollen stark bleiben. Sie wollen kämpfen. U...