Skadi
Die Stille ist erdrückend. Seit Tagen liegt eine verheissungsvolle Stimmung über dem Dorf. Das von Gelächter erfüllte und belebte Dorf ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Quietschende Fensterläden schlagen an die Fassaden ihrer Häuser und die steif gefrorene Wäsche schaukelt an den Wäscheseilen im Einklang mit dem Wind. Vereinzelt erblickt man Menschen über dem Dorfplatz eilen. Ansonsten fühlt sich dieses kleine Fischerdorf wie ausgestorben an. So weit man sehen kann ist alles weiss. Der Schnee hat das kleine Dorf unter sich begraben und lässt einem die Farbe der Häuser nur noch erahnen. In der Ferne vernimmt man das Rauschen der See die an die felsigen Klippen schlägt. Eine kalte Böe weht mir entgegen und ich ziehe meine Mütze tiefer ins Gesicht. Eilig stapfe ich mit meinem Lederbeutel über der Schulter durch den Knie hohen Schnee. Dieser dringt durch meine Kleider und lässt mich bis auf die Knochen erzittern. Ich schlinge den Pelz über meinen Schultern enger um mich und schreite schnell am Dorfbrunnen vorbei. Mein Blick fällt auf die Schänke und bevor ich mich versehe stehe ich bereits im vermoderten Türrahmen. Ich lasse meinen Blick schweifen und entscheide mich schliesslich Platz an der Theke zu nehmen. Langsam begebe ich mich dorthin. Bei jedem Schritt knarzt das alt Holz unter meinem Gewicht. Der Geruch von billigem Met brennt sich in meine Nasenhöhlen ein. Schnell stelle ich den Beutel wie den von mir getragenen Bogen inklusive Köcher ab und wende mich dem Mann hinter dem Tresen zu. Vor mir steht Halvar Igorson, er ist eine riesige Gestalt und breit wie zwei Türen. Im Dorf wird er nur der Hüne genannt. Jedoch ist er vollkommen unfähig im Umgang mit Waffen. Was eine Verschwendung seiner Grösse ist. Seine Leidenschaft liegt eher im Gesang und im Met, vorzugsweise im Met. Mit seinem langen roten Bart und den blauen Augen erfüllt vollkommen unserem nordischem Klischee. Als er sich mir langsam zu wendet beäugt er mich mit einem verwirrten Ausdruck. ,,Wir haben geschlossen.'',brummt er in meine Richtung. ,,Für mich kennt du doch eine Ausnahme machen.'',zwinkerte ihm zu und setzte mein charmantestes Lächeln auf. ,,Wie gesagt, wir haben geschlossen.''Und mit dem Satz wendet er sich von mir ab und richtet seine Aufmerksamkeit den Gläsern zu die er wahrscheinlich vor meiner Ankunft verräumen wollte. Ungeduldig trommle ich mit den Finger auf der Theke umher. Als ich mich erhebe und erneut versuchen will den Hünen umzustimmen, tritt aus dem hinteren Bereich der nur spärlich mit Licht beleuchtet wird eine Fremde hervor. Ein altes Weib gehüllt in ein verlumptes Gewand steht nur wenige Meter von mir entfernt. Ihr von Narben und Falten gezeichnetes Gesicht beherbergt zwei eisige blaue Augen die einen glasigen Schimmer in sich tragen. Ihre Augen scheinen nicht von mir zu weichen und langsam breitet sich ein kalter Schauer über meinen Rücken hinaus. Nur kurz scheint sie mit ihrem Blick zu meinem Köcher ab und ich erkenne so etwas wie ein Lächeln bei ihr bevor sich ihr blick wieder an mich wendet. Ihre Augen haben irgendetwas einladendes an sich und mir fällt es schwer meinen Blick von ihr zu lösen. Aber irgendwas stimmt nicht mit ihr. Ihre Aura ist fast erdrückend und lässt ein beklemmendes Gefühl in mir zurück. Sie kommt mir bekannt vor auch wen ich mir sicher bin sie noch nie gesehen zu haben. Aber ich kann nicht bestimmen wo dieses Gefühl der Vertrautheit herkommen soll. ,,Mädchen schau nur dort hast du eine Gleichgesinnte, das alte Weib wollte auch nichts davon hören das wir geschlossen haben. Ihr ähnelt euch sehr, vielleicht seid ihr ja verwandt.''gibt Halvar grinsend von sich werden er die Gläser aus der Hand legt. Ich drehe meinen Kopf wieder zum alten Weib und betrachte sie weiter. Meine Stirn runzelt sich und ich beäuge sie kritisch. ,,Was suchst du hier in Eddard?''spreche ich während ich sie verwundert anschaue. Wir haben so gut wie nie Reisende, besonders nicht so kurz vor... ,,Kind wie heisst du?'',entgegnet sie mir. Ich sehe sie misstrauisch an, irgendwie werde ich das Gefühl nicht los das sie das nicht aus reiner Höflichkeit fragt. ,,Mein Name lautet Skadi Lindström.'',antworte ich ihr. Sie lächelt und humpelt einige Schritte auf mich zu. ,,Dann bin ich hier richtig, ich habe au dich gewartet.''spricht sie und greift nach meiner Hand. Ich bin wie erstarrt, diese Situation behagt mir keineswegs. Ich habe das Gefühl das ihre kalten Augen nun ein bisschen weniger Kälte ausstrahlen was eigentlich beruhigend sein sollte mich aber nur noch mehr verwirrt. Kennt mich diese Frau? Langsam gehe ich ein paar Schritte zurück und entziehe mich ihrem Griff. ,,Ich kenne dich nicht, ich frage dich ein letztes mal was sucht du hier?'', spucke ich ihr entgegen. Unbewusst greife ich zu meinen Dolch den ich an meinen Gürtel trage und lasse meine Hand auf seinem Knauf ruhen. ,,Kind du musst dich nicht von mir fürchten. Ich wünsche dir keinen Schaden.'',sagt sie mit gefasster Stimme. ,,Ich suchte nach dir und ich bin hier um mein Versprechen einzuhalten das ich deiner Mutter gegeben habe.'' Ich erstarre meine Muskeln verhärten sich und meine Hand die ich zu einer Faust geballt habe schmerzt zutiefst. Eine schmerzende Lehre umgibt mein Herz und ich wende mich ab. ,,Meine Eltern sind tot.'',gebe ich leise von mir. Das alte Weib betrachtet mich weiter und langsam wird es mir unangenehm. Sie verzieht leicht das Gesicht und es wirkt fast so als würde sie traurig sein. Etwa um meine toten Eltern? Kannte sie meine Mutter wirklich? Leicht neige ich meinen Kopf und Betrachte den Hünen der sich mit seinen Gläsern in eine Ecke verzogen hat und uns interessiert beobachtet. Toll, ich werde wieder einmal die Ehre haben das Hauptgespräch des Dorfes sein zu dürfen. Den der Hüne liebt nicht nur das Met sondern auch den neusten Tratsch und Klatsch. Aber wenigstens nicht für lange bevor diese oberflächlichen Seelen sich über neuere Ergebnisse aufregen können die nicht mehrlange auf sich warten lassen werden. Erneut greift die alte mit ihren dünnen Fingern nach meiner rechten Hand und stülpt mir einen silbernen Ring über meinen Ringfinger bevor ich mir wehren kann. Ich werfe einen Blick auf den Ring. Er ist wunderschön und zeugt von einem erfahrenen Schiemd der etwas von seinem Handwerk versteht. Bei genauerem Betrachten sehe ich das es eigentlich drei Ringe sind, aber sie sind verbunden miteinander. Zu Beginn dachte ich es sei einfach ein Ring der ein bisschen breiter wäre, aber nein es sind wirklich drei und sie sind meines Erachtens zusammen geschweißt worden. Der untere Ring hat einen hellblauen Stein eingearbeitet, er wirkt fast wie ein Stück Eis. Der in der Mitte ist weiss und klar und der oben ist Grün wie die Tanne die unser Dorf umgeben. Ich hebe meinen Kopf an und schaue sie intensiv an. ,,Was hast du meiner Mutter versprochen?''frage ich sie werdend ich immer noch Zwiegestalten über diese Situation bin. ,,Das du dich erinnerst wer du bist'', sagt sie während sie mich am Handgelenk festhält. ,,Kind dein Nachname lautet Vildhav und nicht Lindström und es würde dir nicht schaden wen du dich ein bisschen mit der nordischen Mythologie auseinandersetzt.'' Ich schaue noch mal auf den Ring und drehe ihn an meinem Finger. Auf der Rückseite des oberen und unteren Steines sind nordische Zeichen eingeritzt. Zum Thema ich solle mich besser erkunden. Ich kenne sehrwohl einige der nordischen Zeichen für Götter, die untere Rune steht für Eir. Die Göttin der Heilkunst und des Wassers, besonders zugeneigt war sie den Seefahrern. Die obere Ruine gehört zu Skadi, der Göttin von Jagt und Winter. Was für eine Ironie denke ich mir und schaue derweil auf meinen Köcher nieder. ,,Was soll das alles? Wer bist du? Woher kennst du meine Mutter?,,frage ich die Frau''. Doch als ich den Kopf hebe ist niemand mehr das und ich schaue verwirrt zum Hünen der mich nur schulterzuckend betrachtet.
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caught in the eyes of the north wind
RomanceDer Nordwind ist kälter denn je. Er peitscht gnadenlos über alles hinweg was ihm im Weg steht. Wie jedes Jahr kommen sie mit ihm und bringen das Leid mit sich. Es herrscht Chaos und die einst so vertraute Umgebung ist von Blut und Schreien geprägt...