Pünktlichkeit knapp verschätzt

Der sonst so über Pünktliche Herr Krause wusste was passieren würde, wenn jemand es erfahren würde. Man würde ihn von seiner gut bezahlten Arbeitsstelle kündigen. Er hatte doch erst seine Beförderungspapiere unterschrieben. Und ausgerechnet ihm ist es heute Morgen in der Frühe passiert. Erst hat der Wecker zu spät geläutet, dann hing sein Anzug zerknittert im Schrank und dann hat sein Auto auch noch gestreikt. Da half nur eins, dass quietsch pinke Auto von der Nachbarin leihen. Das Auto roch nach Lavendel, auf den Herr Krause weinend allergisch reagierte. Ausgerechnet Heute, jammerte er an der Roten Kreuzung.  Ausgerechnet Heute, wo er doch das wichtige Meeting hat. Dafür hat man ihn doch extra ausgewählt, weil er so sprach begabt ist. Er wollte es heute allen zeigen, dass er es in seinem Alter noch draufhat, Kunden für ein mega Bauprojekt zu begeistern. 

Alle älteren Mitarbeiter wurden durch neue Junge ersetzt, dass soll die Effizienz steigern, so der Sinn der Leitung zu die er gehört. Er hat es bis jetzt nur zum stellvertretenen Projektleiter geschafft, und das ist er seit gestern, seit er die Papiere unterschrieben hat. Naja, nach fast 40 Jahre in der Firma wurde ihm der starke Wunsch nach einer Beförderung so zu sagen von den Augen abgelesen. Mit der Zeit merkt man dann doch, dass das Geld fehlt. Schließlich hatte er auf Grund von Geldnot, die relevanten Auto Reparaturen schon zu lange vor sich hergeschoben. Was ihm heute auf gut Deutsch ein Strich durch die Pünktlichkeit macht. Das Fenster zwecks Zwangsentlüftung geöffnet, fährt Herr Krause mit dem pinken Karren auf die Autobahn auf. Die Tachonadel steigt immer schneller, und der Motor keucht und hustet durch Überforderung des immer schneller schaltenden Herrn Krause. Die nächste Ausfahrt näherte sich schnell, was er der leere Autobahn verdankte. Trotzdem wusste er, dass er es nicht rechtzeitig schaffen würde, auch wenn er wie ein Verrückter heizt. Jetzt macht sich doch allmählich der Berufsverkehr bemerkbar. Er drosselt das Tempo schließlich auf 30 km/h herunter, was er einem Traktor zu verdanken hat. Keiner will überholen, alle haben Zeit, außer Herr Krause. Da hilft nur eins, Gang einlegen und voll draufdrücken. Das Auto macht so einen gewaltigen Satz nach vorne, dass Herr Krause dachte er hätte alle Reifen verloren. Spätestens jetzt wusste er, dass dem Auto ein paar PS fehlten. Denn bevor er vor dem Traktor einlenken konnte, kam ihm schon das nächste Auto entgegen. Er hatte es gerade noch so geschafft sich wieder in die lange Autoreihe einzureihen. Nach ewig langen konstanten 30 Km/h wurde Herr Krause von der Zeitbremse abgelöst. Und diesmal ließ er es sich nicht nehmen den Motor wieder aufheulen zu lassen. 

Mit einem gekonnten Parkmanöver stand das Auto auf seinem Firmen Parkplatz. Die Tür wurde aufgerissen und laut zugeschlagen. Noch 2 min dann beginnt das Meeting. Die Tür zum Meeting Raum wird hektisch aufgeschlossen und alle Fenster geöffnet. Während der Laptop und der Beamer hochfahren, werden auf jedem Platz eine Projektmappe und Kugelschreiber verteilt. Durch das Fenster an der Seite der Tür konnte Herr Krause schon die Meeting Mitglieder erkennen, die sich zielgerecht zum Raum bewegten.

Herr Krause öffnete die Tür zu schnell, denn der Unbekannte hatte die Hand zum Klopfen gerade erhoben. Ja, und da stand er, der Lavendel duftende Herr Krause völlig gestresst und verheult in der Tür.

„Ende"