Cassie
Alles juckte.
Wir waren auf dem Weg zu dem wichtigen Geschäftsessen meiner Mutter, sie am Steuer und ich aus der Rückbank unseres Teslas, und mein Körper fühlte sich an, wie von Mückenstichen übersät und es wurde immer schlimmer, je mehr das Auto auf den Straßen ruckelte.
Das Kleid, dass unsere Haushälterin und meine Babysitterin Gaby für mich ausgesucht hatte war eins von diesen unglaublich teuren, die, ohne Zweifel, einen guten Eindruck bei einem Geschäftspartner hinterlassen würden (Meine Mutter hatte mir im Foyer, bevor wir losgefahren waren, sogar fast zufrieden zugenickt!), aber leider nur angenehm anzusehen und nicht zu tragen waren. Nun musste ich mich also mit der Tatsache auseinandersetzen, dass ich für den ganzen Abend noch in diesem Ding stecken würde.
Um mich abzulenken, schaute ich aus dem Fenster und mein Atem stockte. Die Straßen, auf denen wir uns befanden kamen mir bekannt vor. Zu bekannt. Oh Gott, wir konnten doch nicht- Doch. Wir waren genau in dem Teil unserer Stadt in dem ich und Ruth gestern, das Denkmal besprüht hatten. Kaum hatte ich das gedacht fuhren wir auch schon daran vorbei und ich konnte meinen Augen kaum glauben: Sie hatten um die Statue gelbes Polizei-Tape, wie in echten Krimi-Serien, gewickelt und es standen einige ältere Leute darum herum, die sich schrecklich aufzuregen schienen.
Ich wartete die Reaktion meiner Mutter ab.. Ob sie wohl etwas darüber zu sagen hatte? Doch sie ließ nur kurz einen urteilenden Blick über die Menschenmenge gleiten und fuhr dann ohne einen Kommentar weiter. Normalerweise hätte ich jetzt erleichtert sein sollen.
War es komisch, dass ich kein Stück erleichtert war?
...
Wenige Minuten später waren wir auch schon am Anwesen von Mister.. Bulldog? angekommen. Ich würde wohl versuchen ihn nicht beim Namen zu nennen.
Wir hatten neben einem Steinweg zu einer großen hölzernen Eingangstür geparkt.
Die Eingangstür hatte so einen alten Klopfer und ich war mir unsicher, ob wie man ihn benutzte, da hatte meine Mutter auch schon eine Klingel entdeckt und sie gedrückt.
Kaum 10 Sekunden später wurde uns die Tür von einem breitschultrigen, gutaussehenden Mann geöffnet.
„Ah, da sind sie ja auch schon! Es freut mich, Sie endlich einmal förmlich zu treffen."
Er streckte seine Hand aus und mein Blick wanderte zu meiner Mutter die schon ihr breites, für wichtige Klienten und Geschäftspartner reserviertes, Lächeln aufgesetzt hatte und deine Hand entgegen nahm: „Es freut uns mehr. Vielen Dank für die äußerst nette Einladung, Mr. Bullock" Ahh, Bullock.
„Ach, was nennen Sie mich einfach John.", lächelte Mr. Bullock, John, zurück. „Aber kommen sie doch rein, darf ich ihre Mäntel nehmen?"
Während wir über die Türschwelle gingen und unsere Mäntel abnahmen, erwiderte meine Mutter: „Nur wenn Sie mich Ella nennen. Das hier ist meine Tochter Cassie." Sie deutete in meine Richtung und seine Aufmerksamkeit richtete sich auf mich, was mich leicht nervös machte.
Ich lächelte ihn höflich an und sagte schüchtern: „Hallo." Er lächelte zurück, was mich direkt weniger nervös fühlen ließ. Er hatte ein sehr schönes Lächeln. Mit Grübchen.
„Verzeihen Sie, mein Mann konnte aus", sie räusperte sich: „Arbeitsgründen heute nicht anwesend sein, aber er schickt seine besten Grüße."
Wäre ich alleine, hätte ich an dieser Stelle geschnaubt. Es war schon alleine an ihrem Ton klar, dass mein Vater nicht aus Arbeitsgründen nicht anwesend war, sondern weil er sich einfach keine Zeit für meine Mutter oder mich nehmen wollte. Ihre Ehe schien, Fotos nachzugehen, Anfangs noch glücklich geschienen zu sein, jedenfalls bevor sie mich hatten. Seitdem ich geboren wurde, konnte ich jedoch die Zeiten, an denen meine Eltern in einem Raum gewesen waren, an zwei Händen abzählen.
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Lovesong
Romance„Ich bin mir gerade nicht sicher ob ich dich lieber küssen, oder von einer Brücke werfen möchte." „Kann ich aussuchen?"