Kapitel 4

424 28 4
                                    

„Also, wie haben Sie zwei sich kennengelernt?“

War ja klar, dass diese Frage kommen würde.

In einem extra für das Interview hergerichteten Raum im Palacio Real de Madrid hock ich nun auf einem altmodisch aussehnen den Sofa, welches mit blasse goldrutenfarbenen Blumen bestickt wurde. Neben mir sitzt Carlos, welcher elegant und aufrecht, als hätte er einen Gehstock verschluckt dasitzt. Gegenüber von uns auf einem zum Sofa passenden Sessel sitz ein Reporter des Royal Today.

„Wir lernten uns auf einer privaten Feier des monegassischen Fürstensohnes Prinz Charles von Monaco kennen vor zwei Jahren. Wir haben uns auf anhieb gut verstanden“ erzählte Carlos und ratterte dabei den Text, den man uns vor dem Interview gegeben hatte, perfekt und glaubwürdig herunter. Ich nickte, dann erinnerte ich mich wieder das es mein Part war zu sprechen. „Und obwohl wir beide stehts beschäftigt waren, vor allem Carlos, blieben wir stehts in Kontakt, wodurch unsere Freundschaft stetig wuchs auch ohne, dass wir uns trafen. Wir bauten sowas wie eine Online-Freundschaft auf“ sagte ich. „Aber jetzt ist Lando endlich zu Besuch und ich denke das wird unserer Freundschaft sicherlich guttun. Wir werden eine wundervolle Zeit gemeinsam hier haben“ meint der Spanier und legt freundschaftlich einen Arm über meine Schultern. Der Reporter nickt und schreibt sich was auf seinen Notizblock.

„Denkst du, die kaufen uns die Story ab?“ frage ich und blicke zu Carlos, welcher gegenüber von mir in den whiskybraunen Sitzen der Limousine sitzt und auf sein Handy starrt. „Wenn nicht haben wir ein Problem“ antwortet er knapp, dabei immer noch sein Gesicht gen Display gewandt. „Aber es muss doch total auffällig sein das wir auf einmal im Leben des jeweiligen anderen auftauchen“ füge ich hinzu. Nun blickt der Kronprinz auf. „Keine Panik Lando, niemand wird davon was mitbekommen. Außerdem hilft uns dein Freund Charles, somit wird alles in Ordnung sein“ sagt der zukünftige spanische König. Seine Worte beruhigen mich nicht ganz und Carlos merkt das, denn er fängt an zu seufzten. „Vertraust du mir?“ fragt er auf einmal. „Vielleicht“ gebe ich leise von mir. „Gut“ sagt er „Ich werde jetzt dafür sorgen das sich dein kleines süßes Köpfchen nicht mehr sorgen macht“ sagt er und klopft an die Glasscheibe, die den Sitzbereich von der Fahrerkabine trennt. Hat er gerade wirklich süß gesagt? Perplex starre ich den Kronprinzen an, während dieser mit seinem Kammerherr redet, welcher vorne auf dem Beifahrersitz platzgenommen hatte. Kurze Zeit später dreht er sich wieder zu mir und sagt: „So eure Hoheit. Heute Abend isst meine Familie auswärts, ohne uns. Das Küchenpersonal hat für heute Abend frei. Das bedeutet, wir werden uns heute einen gemütlichen Abend machen, wenn wir all unsere Termine für den heutigen Tag abgearbeitet haben. Aber nur wenn du dir jetzt keinen Kopf um unser Interview machst, ja?“ sagt er. Ich nicke nur.

Nachdem wir wieder im Palast ankamen, sagte Carlos zu mir: „Zieh dir am besten was Gemütliches an und komm dann direkt in die Küche, bis gleich“ damit verschwand er. Nun steh ich  vor meinem Schrank im Gästezimmer und überblicke meine Klamotten. Nachdem ich meinen Stylisten Marc-André davon überzeugen konnte auch alleine mir was zu Anziehen rauszusuchen, stand ich nun etwas verloren da und überblickte all die Kleidungsstücke. Hatte man mir überhaupt was Normales eingepackt? Zumindest konnte ich das zwischen den ganzen formellen und eleganten Anziehsachen nichts finden. Nach einiger Zeit des kramens fand ich endlich etwas.

Also stapfte ich kurze Zeit später in Jogginghose und einem pinken Pulli den Personalgang entlang zur Küche. In dieser angekommen, wartete bereits Carlos auf mich. Ebenfalls in Jogginghose, einem grauen T-Shirt und zerzausten Haaren stand er vor einer Küchentheke. „Da bist du ja“ sagte er und klang dabei sehr erfreut mich zu sehen. „Also, was tun wir jetzt?“ frage ich. „Pizza“ antwortete der Spanier. Er holt sein Handy hervor und zeigt mir sein Display. „Ich hab da ein Rezept im Internet gefunden und dachte wir machen mal Pizza selber“. „Und du willst jetzt das du und ich jetzt zusammen Essen machen?“ frag ich mit hochgezogener Augenbraue. „Das oder wir haben kein Abendessen“. Ich muss grinsen. „Du bist wirklich verrückt“ sage ich. „Ein wenig“ sagte Carlos.

„Holst du das Mehl aus dem Schrank?“. Er deutet auf einen Wandschrank in meiner Nähe. Als ich diesen öffnete, entdeckte ich die Packung Mehl, jedoch stand sie so weit hinten, dass ich nicht drankam. Auch der Versuch auf Zehnspitzen klappte nicht. „Kommst du nicht dran?“ Carlos war hinter mir aufgetaucht. „Komm eventuell nicht dran“ sage ich, worauf er ein leises kichern von sich gibt. „Eres pequeño“ sagt der Ältere und holt das Mehl aus dem Schrank. „Was?“. „Du bist ein wenig klein“ sagte er. „Problem damit?“. „Nicht doch, das ist niedlich“ meint Carlos und muss grinsen. Niedlich? „Du bist doch nicht viel größer als ich“ sage ich. „Aber trotzdem etwas größer, um ans Mehl zu kommen“ kommt es von ihm, während Carlos anfängt den Teig zu mischen. Ich setzte einen beleidigten Schmollmund auf.

Ich beobachte den Kronprinzen beim zubereiten und stelle fest, er ist kein Anfänger, was das kochen angeht. Seine Fingerarbeit beim kneten des Teiges ist sorgfältig und ordentlich. „Wo hast du nur so gelernt zu kochen?“ frage ich. „Ich bin früher oft in die Küche abgehauen und ab und zu hat mir der alte Küchenchef etwas gezeigt und mir beigebracht zu kochen“ erklärte er.

„Kannst du die Tomatensoße, den Käse und die Salami aus dem Kühlschrank holen?“. Schnell hol ich die geforderten Zutaten aus und bringe sie Carlos. Dieser hatte den Teig zu zwei runden Pizzaböden verwandelt. „Willst du das mit der Soße machen?“ fragt er. „Klar, kann ich machen“ antworte ich. Man reicht mir einen Pinsel, um die Soße auf dem Teigboden zu verteilen und ich fange an die Tomatensoße zu verteilen. Jedoch klappt es nicht so wie ich will.

„Warte ich helfe dir“ sagt der Spanier und nimmt meine Hand, in welcher der Pinsel ist. Er steht nun ganz nah bei mir und seine Brust berührt meinen Rücken, seine Hand führt meine im Kreis, sodass der Pinsel die Tomatensoße schön gut verteilt.
Noch in meinen Gedanken setzt ich einen neunen Punkt auf meine Gedankenliste: Carlos hat zarte Hände.

Schnell sind wir fertig, belegen die Pizza und schieben sie in den Ofen. „Gut gemacht Pequeño“ sagt er. „Hast du mir gerade eine Spitznamen gegeben?“ frage ich, worauf er grinst. „Machen Freunde das nicht so?“ sagt der spanische Prinz. „Doch“ antworte ich. „Na also“ meint er, geht zum Kühlschrank und holt zwei Flaschen Bier hervor. Er öffnet beide und reicht mir eine. Wir stoßen an.

Einige Zeit später hocken wir im privaten Wohnzimmer des Palastes, welches eingerichtet ist wie ein gewöhnliches Wohnzimmer, auf der Couch, essen Pizza und schauen MTV. Die Pizza ist so gut, dass ich sie zu meinem Bedauern in null Komma nichts aufgegessen habe. Gesättigt hock ich nun da, eine Stoffdecke über meine Beine und schaue ein Musikvideo einer slowenischen Band. Ein wenig bin ich müde geworden. Vielleicht war der Tag so anstrengend gewesen? Vielleicht ist es auch die beruhigende Stimme des Sängers, welcher gerade mit Elvis Costello über die New Wave singt. Was es auch immer war, es sorgt dafür das ich meine Augen kaum offenhalten kann. Carlos neben mir ist auch schon ruhiger geworden. Zumindest hat er schon vor einer Weile aufgehört sich über die Musik zu unterhalten. Ich höre ihn nur noch sanft ein- und ausatmen. Es ist friedlich. Und dann kann ich mich nicht mehr zurückhalten und schließe die Augen. Das letzte, was ich von der Außenwelt mitbekomme, ist Carlos Stimme, welche mir sanft zu flüstert. „Buenos Noche, Pequeño“.

Royally In Love - Carlando -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt