Kapitel 3

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Montagmorgen. Nach einem viel zu kurzen Wochenende, heißt es jetzt nun wieder zur Schule gehen. Dazu kommt auch noch der neue Sitzplan, der heute verkündet wird. Folglich wird heute in der Klasse eine eher schlechtere Laune herrschen, denn eigentlich will keiner von seinen jetzigen Banknachbarn weggesetzt werden. Zumindest augenscheinlich. Als ich im Klassenzimmer ankomme, sitzt ein Teil der Schüler bereits auf anderen Plätzen. Sofort als Mister Mccarthy mich bemerkt, weist er mir einen Platz in der hintersten Reihe neben einen Mädchen, welches den Fensterplatz hat, zu. Als dann endlich alle da sind und auf ihren neuen Plätzen sitzen, beginnt der Unterricht. 

Die ersten paar Stunden verlaufen relativ ruhig ab. In der letzten Stunde vor der Mittagspause nehmen wir dann tatsächlich auch mal ein geschichtliches Thema durch, welches ich vorher noch nicht in einer der anderen Schule hatte. Es scheint interessant zu sein, weshalb ich kurzerhand beschließe, heute in der Mittagspause einfach mal in die Bibliothek zu schauen. Eventuell finde ich dort ja ein passendes Buch. Zudem kann ich mir dann gleich einen Ausweis zum Ausleihen der Bücher beantragen. 

Zuerst gehe ich also in die Cafeteria um schnell etwas zu essen und danach gehe ich gleich weiter in die Bibliothek. Es dauert eine Weile bis ich sie finde. Immerhin bin ich erst seit einer Woche hier und war bisher noch nicht dorten. Aber nachdem ich mich ein paar Mal verlaufen habe, finde ich am Ende doch noch in die Bibliothek. Obwohl ich am liebsten gleich mit der Suche nach einem Buch zu diesem Thema beginnen würde, muss zuerst der Antrag für den Bibliotheksausweis ausgefüllt werden. Zum Glück dauert es nicht allzu lange die ganzen Daten anzugeben. 

Anschließend stürze ich mich sofort auf die Suche. Da die Bibliothek zwar sehr groß, aber auch mehr oder weniger thematisch sortiert ist, sollte mir die Suche nicht sonderlich schwer fallen. Daher beginne ich meine Suche im hintersten Eck der Geschichtsabteilung, wo ich prompt das Mädchen aus meiner Klasse vorfinde. Vollkommen vertieft schreibt sie in ihr Notizbuch. Zumindest bis sich mich bemerkt. Ich gehe an ihrem Tisch vorbei und beginne meine Suche im letzten Regal. Nach einer Weile werde ich tatsächlich fündig und setze mich mit dem Buch auf einen der Sitzsäcke. Dort bleibe ich bis zum Ende der Mittagspause auch sitzen. 

Da es eine Weile dauert, bis mein Bibliotheksausweis fertig ist, stelle ich das Buch an seinen Platz zurück und beschließe morgen wieder herzukommen und weiter darin zu lesen. Auch als ich und das Mädchen wieder nebeneinander auf unseren Plätzen sitzen, reden wir kein Wort miteinander. Ich wusste gar nicht, dass Mädchen so leise sein können. Bisher haben die Mädchen mit denen ich an einem Tisch sitzen musste, immer wie ein Wasserfall über alles mögliche geredet. Meistens über sich selbst. Am Ende des Tages stelle ich also fest: Es ist eine äußerst merkwürdige Schule, mit sehr merkwürdigen Menschen. Daran musste ich mich nun wohl oder übel erst einmal gewöhnen. Immerhin würde ich zumindest noch eine Weile hier sein. 

Als ich an diesem Nachmittag zur Haustüre reinkomme, ist es im Haus sehr still. Zu still. Eigentlich müsste Marina da sein und hier ein wenig Ordnung schaffen. In den letzten paar Tagen, hat sie immer dafür gesorgt, dass ich etwas essen kann sobald ich zu Hause ankomme. Verwundert schaue ich mich also im Haus um und höre dann Stimmen aus dem Büro meines Vater. "Und wagen Sie es nicht auch nur eine Andeutungen meinem Sohn gegenüber zu machen. Sie können jetzt gehen." Noch während er das sagt, öffne ich seine Türe.

"Was versuchst du nun schon wieder vor mir zu verheimlichen? Wieder eine von deinen neuen Frauen?  Solltest du nicht inzwischen wissen, dass du damit nie lange durchkommst. Wieso sagst du mir nicht gleich ihren Namen und wie sie es geschafft hat, dass du heute hier bist und nicht im Büro, wo du eigentlich sein solltest. Würde das nicht eigentlich von dir erwartet werden?", platzt es aus mir heraus.

Geschockt schaut mich mein Vater an. Scheinbar hat er die Zeit nicht im Blick gehabt und somit noch nicht mit meiner Ankunft gerechnet. "Was machst du denn hier? Müsstest du nicht eigentlich in der Schule sitzen?" Stumm zeige ich auf seine Wanduhr. "Es ist also genauso wie bei den letzten Malen. Eigentlich hatte ich auch nichts anderes von dir erwartet.", meine ich dann trocken, bevor ich mich umdrehe und gehe. 

Ohne auch nur an das Mittagessen zu denken, begebe ich mich direkt in mein Zimmer, damit ich dort meine Hausaufgaben erledigen kann. Marina schaut zwischenzeitlich einmal zu mir rein, um zu fragen, ob ich etwas zu Essen haben möchte. Dies verneine ich allerdings dankend. 

Am nächsten Morgen verlasse ich das Haus extra eine halbe Stunde früher, sodass ich meinem alten Herrn heute Morgen aus dem Weg gehen kann. Da ich dadurch viel zu früh in der Schule bin, beschließe ich einfach noch ein wenig in die Bibliothek zu gehen. Immerhin muss ich das Buch von gestern noch weiterlesen. 

In der Bibliothek angekommen, bin ich erst einmal erleichtert, dass sie tatsächlich schon offen ist. Über die Möglichkeit, dass sie noch geschlossen sein könnte, habe ich vorher gar nicht nachgedacht. Schnell begebe ich mich in den hinteren Teil, in welchem ich gestern bereits war. Anschließend ziehe ich das Buch aus dem richtigen Regal. Dann setze ich mich auf einen der bequemen Ohrensessel. Nach einer halben Stunde, die sich viel kürzer anfühlt, gehe ich dann zu meiner ersten Unterrichtsstunde.

Wir besprechen kaum neues und müssen viele Wiederholungsaufgaben machen. Und so gehen die ersten paar Stunden genauso langweilig, wie bislang fast immer, vorbei. In der Cafeteria setze ich mich auf meinen momentan Standardplatz. Ungesehen und unbemerkt zu sein hat schon seine Vorteile. Es ist auch mal schön, einer der Unsichtbaren zu sein. 

Nach  der Mittagspause, ging der Unterricht dann nicht wirklich spannender weiter. Als endlich die Glocke erklingt, stürme ich schon fast aus dem Klassenzimmer. Jedoch fällt mir dann wieder ein, dass ich mich überhaupt nicht beeilen muss nach Hause zu kommen. Außer ich würde besonderen Wert darauf legen meinen Vater zu begegnen. Allerdings kann ich darauf wohl für die nächsten Tage erst einmal verzichten. 

Da ich wohl oder übel irgendwann nach Hause gehen muss, schlendere ich nach einer Weile genau dort hin. Als ich angekommen bin, scheint niemand hier zu sein. Glück für mich. So kann ich ihm noch eine Weile aus dem Weg gehen. Gerade als ich die Türe aufsperren möchte, höre ich dann aber doch Stimmen. Die erste gehört zu meinem Vater, die andere zu einer Frau. Sie muss also die neue meines alten Herrn sein. Also hatte ich wirklich von Anfang an recht. Tatsächlich wünschte ich mir ein wenig, dass ich mich geirrt hätte. Aber zu meinem Bedauern, hatte mein Bauchgefühl mal wieder Recht. Nach dieser kurzen Verzögerung, öffne ich die Haustüre dann doch und trete in den Hausflur ein. 

Was ich dort vorfinde sollte mich wahrscheinlich schockieren, allerdings überrascht es mich nicht mehr wirklich...

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