3 - Flüchtig wie Wasserstoff

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Der hölzerne Stuhl kratzte unangenehm über den unebenen dunkelgrünen Estrich. Hastig griff die pummelige Hand zum Hörer und hielt ihn an das transpirierende Gesicht. Das monotone, unangenehm blecherne Piepen in der Leitung schien ihn unnötig lange hinhalten zu wollen. Der langgezogene Laut und dann die Pause zwischen jedem Piep machten ihn fertig. Endlich nahm der am anderen Ende ab.

„Wo ist die Probe? Wo ist das Pneumonid?"

„Ich habe keine Ahnung. Bei mir ist niemals eine Probe angekommen, falls Sie das meinen, Decker ...", erklärte die Stimme am anderen Ende. Die Hand, die nicht den Hörer hielt, fuhr über den haarlosen Schädel, auf dem Schweißperlen glänzten.

„Das darf nicht wahr sein ..."

„Was wollen Sie damit sagen? Haben Sie die Probe etwa per Post geschickt? Per Einschreiben vielleicht? Sind Sie eigentlich noch zu retten?", feuerte die Stimme durch die Leitung hindurch und startete damit die endotherme Reaktion bei seinem Gesprächspartner.

„Nein", unterbrach Professor Decker die Salve donnernder Anschuldigungen. „Für wie dämlich halten Sie mich eigentlich?"

Der Bote seines Vertrauens hatte die Probe in Brasilien übernehmen und ausfliegen sollen. Zu dem alten Bekannten mit einem ähnlichen Forschungsinteresse, der am anderen Ende des Hörers saß. Weder von dem Boten noch von der Probe hatte Decker noch etwas gehört. Und das war ein Problem, ein sehr großes sogar. Wenn das Pneumonid in die falschen Hände geraten würde, dann könnte seine gefährliche Wirkung entfesselt werden. Ganze Gebiete würden kontaminiert werden. Und würde der Stoff in den Amazonas geraten ... nicht auszudenken!

„Alarmstufe rot. Leiten Sie die Operation Schwefeldiamant ein", veranlasste Decker. Die Stimme in der Leitung zögerte sehr lange.

„Sie wurde schon gestartet", sagte er schließlich. „Schauen Sie in Ihre Mails."

Decker ließ den Hörer fallen.

Operation Schwefeldiamant | Ideenzauber 2023Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt