Kapitel 2

3 2 1
                                    

Das Herz pochte schmerzhaft in ihrer Brust und obwohl die Angst Lia dazu trieb, wegzurennen, konnte sie die Füße nicht dazu bringen, sich zu bewegen.

Bewegt euch. Bewegt euch. Bewegt euch.

Als würde ihr Körper nicht auf ihren Geist hören und ein Eigenleben entwickeln, das ihr Ende bedeuten würde. Sie musste doch wegrennen, wenn sie es überleben wollte.

Selbst als das Unheil sie im Visier hatte und mit rasanter Geschwindigkeit angerast kam, schaffte sie es immer noch nicht sich von der Stelle zu bewegen. Stattdessen spürte sie eine unbekannte Stärke in sich aufkeimen, die den Körper belebte, beinahe als würde Elektrizität durch ihre Adern schießen. Es war eine Kraft, die sie bis aufs Mark erschütterte. Der Reiter schwang sein Schwert in ihre Richtung, bereit sie auf der Klinge aufzuspießen und dabei zuzusehen, wie das Leben in ihren Augen erlosch. Sie bewegte sich endlich. Lia duckte sich unter dem Hieb, rollte sich über den schlammigen Boden ab und stand wieder auf den Füßen, den Blick auf den am Boden liegenden Ritter gerichtet. Sie merkte das Kribbeln in ihren Fingerspitzen, schüttelte die Hände aus und rannte los.

Ihr Ziel war das Schloss. Achtlos, als würde um sie herum kein blutiger Kampf stattfinden, rannte sie und rannte, bis die Füße schmerzten und ihre Lungen kaum noch Sauerstoff aufnahmen. Jedes Mal, wenn eine der am Boden liegenden Personen ihr Fußgelenk packte und sie mit großen Augen anbettelte, zu helfen, brach ein Stück ihres Herzens ab. Wie gerne hätte sie geholfen. Sie wusste, dass sie die Kraft dazu besaß. Diese unerklärliche Stärke könnte helfen, aber Lia rannte weiter. Weil sie wusste, dass das Ziel wichtiger war.

Was war wichtiger als das Menschenleben?

Sie sprang über die leblosen Körper, als wären sie Steine in ihrem Weg und stoppte auch nicht, als sie im Schloss ankam. Es gab kein Licht, aber sie fand ihren Weg problemlos in der Dunkelheit. Glassplitter von zerschmetterten Fenstern schnitten die Haut auf, aber selbst der Schmerz hielt sie nicht auf. Nichts konnte sie von ihrem Weg abbringen. In ihrem Kopf surrte es, Schwindel keimte auf und drohte sie in der Dunkelheit des Labyrinths an Gängen in Ohnmacht fallen zu lassen. Unbeholfen stolperte sie über die eigenen Füße, fing sich mit den Handflächen auf dem Steinboden ab und fluchte leise, als diese durch den Schmerz brannten. Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie auch alles andere von sich abschütteln und richtete sich wieder auf. Die kraftlosen Beine müssten nur noch ein kleines Stückchen durchhalten.

Gleich da...

Keuchend und eine Hand an die Seite gepresst, als würde sich dadurch der Schmerz in der Lunge lindern lassen, blieb Lia vor einer Wand stehen. Das war ihr Ziel. Sie war angekommen. Die Hand zitterte, als sie sie auf dem Stein ablegte und dieser sich zur Seite schob, um einen kleinen Raum freizugeben. In dem kleinen Zimmer stand eine Frau, die ein kleines Kind fest an ihre Brust drückte. Die Panik leuchtete in ihren Augen, als sie sich zum Eingang herum drehte. Ihr Gesicht war verschwommen, nicht erkennbar. Die Frau brauchte ihre Frage nicht auszusprechen.

Lia verstand nichts an der Situation. Hatte weder Ahnung von der Schlacht außerhalb des Schlosses noch wusste sie, warum und wo sie war. Trotzdem schüttelte sie den Kopf und beantwortete damit die unausgesprochene Frage. Die Frau seufzte traurig. "Die Zeit ist wirklich gekommen." Ein Funken der Hoffnung schimmerte in den Augen der Frau, als sie den Blick wieder hob und fest entschlossen sprach: »Du darfst niemals die Hoffnung aufgeben.« Dann streckte die Frau die Hand nach oben aus und gleißend helles Licht erfüllte den Raum.

Sie kniff die Augen zu und als sie diese wieder öffnete, waren die Frau und ihr Kind verschwunden. Irritiert sah sie sich im Raum um und als sich ihr Blick auf die Wand heftete, durch die sie gekommen war, schob sie sich diese gerade auf. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Dort im Eingang zur Kammer stand ein breiter Ritter in tiefschwarzer Rüstung. Er nahm den Helm seiner Rüstung ab, doch auch sein Gesicht war verschwommen. Nichts war davon zu erkennen. Außer das triumphierende Grinsen, als er sprach: »Willkommen in der endlosen Dunkelheit.« Er hob sein Schwert und ließ es auf sie nieder sausen. Und alles, was sie tat, war reglos da zu stehen.

Feenglanz - Das Feuer des DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt