Für einen Moment wirkten die Landstraßen endlos, aber eigentlich waren sie zu beschränkt. Die Erinnerung an den Winter hing noch in der Luft und dennoch öffneten wir die Fenster, auf der Suche nach dem Geruch von Bäumen und längeren Tagen und Autoabgasen.
»Zeigst du mir deine Lieblingssongs?«, fragte ich, während wir mit gleichbleibender Geschwindigkeit über Straßen rollten, die ich im Bus unzählige Male befahren hatte, und die sich doch anfühlten, als hätte ich ein neues Stückchen Erde entdeckt.
Auf ihren Lippen lag ein Grinsen und sie drückte mir ihr Handy in die Hand. „2508 ist der Pin."
Der Abend begann mit Spotify und Playlists, die Namen trugen wie Melancholie aufm Dixiklo und Mukke für Schulverweiger*innen. Bald ließen wir die Digitalisierung hinter uns und ich wühlte mich durch die CDs im Handschuhfach, die lose darin lagen. Verkratzt waren sie, selbstgebrannt, krakelig beschriftet, unter anderem mit broken heart </3.
Als der Morgen graute, trug der Aufzug des höheren der beiden Plattenbauten uns in mein Stockwerk. Die Wohnung lag ruhig da und wir verkrochen uns in meinem Bett mit meinem alten MP3-Player, auf dem die Playlists keine Namen trugen.
Unsere Arme berührten sich, doch wahrscheinlich konnte sie meine Gänsehaut nicht fühlen.
Wir sprachen nicht viel, wir überließen das Reden der Musik. Denn in den Songtexten konnten wir einander viel besser erkennen als in allem, was unsere Münder hätten formen können.
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Uns gehörte nur der Moment
Short StoryDie Abendsonne kotzt Melancholie auf den Asphalt, als wir uns zum letzten Mal treffen. Abschied, kein Neuanfang in Sicht. Wir allein auf einer Welt voller verlorener Seelen. Herzschmerz in unseren Jackentaschen, neben zerknülltem Kaugummi-Papier und...