# 1

8 3 0
                                    

Die dunkelgrün lackierte Tür fiel mit einem leisen Klicken hinter dem großen jungen Mann zu. Er hatte es eilig, weshalb er hastig versuchte seinen Schlüssel aus seiner Hosentasche zu bekommen. Mit seinem kleinen Finger erwischte er einen Anhänger und zog daran. So ungeschickt und hektisch wie er war fiel ihm der Schlüssel auf den Boden.

Genervt bückte er sich nach dem Schlüsselbund. Dabei fiel ihm der Anhänger ins Auge, den er mit seinem kleinen Finger erwischt hatte und er musste bei dem Anblick lächeln. Es war ein herzförmiger Schlüsselanhänger mit einem Foto von ihm und ihr. Seiner Jeanne, seiner Chérie, wie er sie gerne nannte.

Es klickte, als er den Schüssel im Schloss drehte. In seiner Eile hetzte er die Treppe hinunter um schnell los fahren zu können. Die Wohnung hatte er schon etwas später verlassen als er wollte und ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er auch nicht wie geplant losfahren konnte.

Nichts versuchte er eher zu vermeiden als zu spät zu Verabredungen zu kommen. Das konnte er gar nicht leiden, doch er musste sich damit abfinden, da er lieber sicher und entspannt ankommen würde, als einen Unfall und unnötigen Stress zu riskieren.

Er erinnerte sich an seine Mutter, die ihm, wenn er gehetzt das Haus verlassen hatte, zu gerufen hat, dass er ruhig und vorsichtig fahren sollte. Oft hatte er dann nur abgewunken, ist aber dennoch vorsichtig gefahren.

Bevor er die Eingangstür öffnete blieb er noch einmal stehen und schrieb eine kurze Nachricht an sie, damit sie sich keine Sorgen machen musste, dass er zu spät war.

Mit einer Hand bereits auf der Klinke öffnete sich die Tür durch jemanden, der gerade das Haus betrat.

Die Nachbarin des jungen Mannes stand vor ihm, einen kleinen weißen Pudel auf den Armen. Die Falten in ihrem Gesicht erzählten eine lange Geschichte über ein Leben, dessen letzte Kapitel gerade geschrieben wurden.

Frau Krüger, Lisbeth Krüger, war ihr Name. Sie wohnte ein Geschoss unter ihm und pflegte eine gute Beziehung zu ihm. Manchmal lud sie ihn und seine Jeanne zum Essen ein und dafür half er ihr beim Hochtragen des Einkaufs oder sogar beim Einkauf selbst.

Sie lächelte breit als sie ihn erkannte.

„Adrien! Habe dich in letzter Zeit so selten zu Gesicht bekommen! Wie geht es dir? Was macht das Studium? Ich habe dich und Jeanne so lange nicht mehr bei mir gehabt! Wie geht es euch?" Sie wiederholte sich. Das passierte in letzter Zeit immer häufiger.

Adrien verharrte in seiner Bewegung. Jetzt kam er ganz sicher zu spät, aber Jeanne wusste ja schon Bescheid.

Sein Lächeln strahlte nun eine ähnliche Wärme aus, wie das ihre.

„Lissie! Habe gerade gar nicht mit dir gerechnet. Du gehst doch sonst zu anderen Zeiten mit ihm Gassi. Ich bin gerade auf dem Weg zu Jeanne, wir haben uns zum Eisessen verabredet. Was das Studium angeht haben wir noch einen kurzen Moment Ruhe, aber es geht bald wieder los."

„Da drücke ich euch die Daumen! Bambi hat leider Durchfall, deswegen musste ich früher mit ihm gehen. Ist aber nicht weiter schlimm. Das Wetter ist ja auch viel zu schön um drinnen zu bleiben! Genießt es! Es ist so schön! Stimmts kleiner?" Sie kraulte den Hund auf ihrem Arm hinter dem Ohr. Bambi war ein ausgesprochen ruhiger und zuverlässiger Hund. Er war nicht sehr groß, aber schlau und er konnte der alten Dame ihre Hausschuhe bringen und hielt sie seit dem Tod ihres Mannes auf Trab.

„Wollen Jeanne und du morgen Abend vielleicht zum Essen vorbeikommen? Bevor du für ein Jahr nach Frankreich verschwindest können wir ja noch mal einen Abend verbringen, was denkst du? Bevor du weg bist?"

„Das klingt sehr schön, Lissie. Ich sage es Jeanne sofort, wenn ich sie sehe! Ich muss dann aber auch weiter, sonst wartet sie so lange. Ich bin so schon spät dran." Verlegen rieb er sich über den Nacken und verabschiedete sich von Frau Krüger. Er fand es schade nicht noch etwas länger mit ihr zu plaudern, doch dafür hatte er am nächsten Abend noch die Gelegenheit.

Wie sie l(i)ebtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt