Er sieht ihn unter einer Birke stehen, der große Baum lässt ihn noch kleiner aussehen, als er ihn in Erinnerung hat.
Frodo hat die Hände in den Taschen vergraben, es ist zu kalt für Mai. Flo beobachtet, wie seine Hände ungeduldig einen Takt auf seinen Schenkeln klopfen. Eine Melodie, die nur für Frodo existiert.
Wenn er nicht wüsste, wie viel Zeit vergangen ist, könnte er keine Veränderung feststellen.Es sind etwas mehr als fünf Jahre, sechzig Monate, zweihunderteinundviertzig Wochen. Er hat sie nachgezählt, zu oft.
Er beschließt, ihn nicht länger warten zu lassen.
Frodo sieht Flo nicht, als er auf ihn zugeht, langsam, nichts überstürzen.Dann blickt er auf, und eine Sekunde verliert er sich in seinen blauen Augen. „Ozeanblau", hat er sie damals immer in einem sarkastischen Tonfall genannt, die Erinnerung bringt Flo zum Grinsen.
Und dann ist er überzeugt. Dass der Abend Gutes mit sich bringen wird. Auch wenn Wunden aufreißen werden, er bezahlt gerne mit Schmerz, wenn er dafür seine Erinnerungen zurück bekommt.
„Flo, hey." Sein Gegenüber reißt ihn in unsicherem Tonfall aus seinen Gedanken.
Sein Bart ist voller, er hat eine Narbe am Kinn. Ein paar Falten mehr auf der Stirn, und Flo fragt sich, was der Anlass für sie ist.
Auch Frodo scheint ihn zu mustern.
„Fuck, fünf Jahre sind 'ne verdammt lange Zeit, wenn man sich nicht sieht, was?", er lacht, und das Lachen ist genauso wie damals.
Flo lächelt zurück.
'Er hat auch gezählt', denkt er.
'Er weiß die Anzahl der Tage genauso auswendig wie ich.'„Kaffee?", fragt Flo um die peinliche Stille zu überbrücken.
Die Wärme im Inneren des Cafés schluckt sie so, wie Flo seine restlichen Zweifel hinunterwürgt.