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Nach dem ich Joey lang und breit erklärt hatte warum ich nicht für den Rest bleiben konnte und wollte, suchte ich Adrienne und Billie um sie zu informieren. Als das auch erledigt war, begann ich im Gästezimmer meine Klamotten zu packen. Während ich im Bad meinen Kulturbeutel packte, klopfte es und Joey trat ein.

„Hey", kam es von ihm und ich lächelte ihm kurz zu und fokussierte mich dann weiter auf meine Schminke die ich gerade einpackte. „Können wir kurz reden?", fragte er und in seiner Stimme schwang Unsicherheit mit, was ich von ihm nicht gewöhnt war. „Ja klar", antwortete ich ihm ohne ihn anzusehen. „Was ist denn?", „Naja, ich wollte fragen ob es dir gut geht", „Ja klar, was sollte denn sein?", ich konzentrierte mich wieder auf meine Sachen, „Naja, dein Dad ist gerade gestorben, hattest wohl einen ziemlichen Streit mit deinem Bruder und bist auf einmal total aufgesetzt und freundlich. Irgendwie mache ich mir da schon Gedanken.", seine Stimme klang plötzlich fest und ruhig. „Ich hab doch gesagt mir geht es gut!", sagte ich bestimmt und etwas patzig. Ich wollte nicht darüber reden, nicht mal dran denken, „Aber vielleicht hilft es dir darüber zu sprechen um das Ganze besser zu verarbeiten", ich sah jetzt mehr als wütend von meinen noch zu packenden Sachen auf. „Ich möchte jetzt nicht darüber reden! Ich möchte nicht mal daran denken! Was denkst du wer du bist!? Wir sind nicht zusammen, also warum spielst du dich so auf!?", ich war laut geworden und hinterließ eine unangenehme Stille zwischen uns. Es fühlte sich an als ob die Temperatur im Raum plötzlich um einige Grad gefallen war. Als mir bewusst wurde, was ich gerade eben von mir gegeben hatte, wollte ich es sofort rückgängig machen, aber das war nicht möglich.

Joey sah mich verletzt an, „Alles klar, dann weiß ich ja jetzt wo ich stehe", mein Mund war auf einmal trocken und mein Herz pochte wie wild. Ein flaues Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit und ich überlegte fieberhaft was ich sagen könnte, aber mein Kopf war wie leergefegt. „Joey...", war das einzige was ich rausbrachte, kurz bevor er die Tür schloss, doch er ging. Ich ließ die gepackte Kulturtasche, die ich bis eben noch verkrampft festgehalten hatte, auf den Boden fallen und kauerte mich daneben. Wieso war ich so!? Wieso verkackte ich es immer wieder? Tausend weitere Fragen schossen mir durch den Kopf. Ich wusste, dieses Mal war ich zu weit gegangen, dieses Mal würde er nicht zurück kommen. Einsicht machte sich in mir breit, er würde mir sowieso nicht mehr zuhören. Irgendwie mal wieder Ironie des Lebens, ich hatte ihn die ganze Zeit versucht loszuwerden und jetzt hatte ich es endlich geschafft, aber es fühlte sich so falsch an. 

Eine knappe Stunde später saß ich wie ein geprügelter Hund bei Chuck im Auto, es war eine Qual sich bei den Armstrongs zu verabschieden, sie waren einfach viel zu lieb. Adrienne schloss mich als letzte in eine feste Umarmung, „Falls du etwas brauchst melde dich ruhig bei uns", ich zwang mein Gesichtsmuskeln zu einem dankbaren Lächeln und innerlich bohrten sich tausend spitze Nadeln in mein Herz. Joey war zum Glück nicht da, was ich gerade nur begrüßen konnte, ich hätte sonst einfach auf der Stelle losgeheult. Außerdem fühlte ich mich gerade nicht in der Lage irgendwas in die Richtung zu klären.

Als Chuck von der Einfahrt auf die Straße abbog sackte alles in mir zusammen. Bei Chuck konnte ich mich nicht verstellen, dafür hatten wir viel zu viel gemeinsam erlebt. Er plapperte los und erzählte munter von seinen Weihnachtstagen, doch ich hing nur wie ein Schluck Wasser in der Kurve neben ihm auf dem Beifahrersitz, versunken in meine Gedanken und mein Selbstmittleid. Chucks Worte drangen nur wie durch Watte zu mir, ich hörte dumpf wie er etwas sagte, doch in meinem Gehirn kamen über sein gesagtes keine Information an. 

Ich hatte nicht Mal mitbekommen das Chuck angehalten hatte, erst als er mir die Beifahrertür öffnete und mich antippte zuckte ich zusammen. „Was ist Los Jack?", ich saß wie ein Häufchen Elend vor ihm, sah mit traurigen Augen zu ihm auf und zuckte mit den Schultern. „Na komm, wir gehen erstmal hoch", er holte aus dem Kofferraum mein Gepäck und ich kämpfte mich aus dem Sitz hoch und folgte ihm die durch die Eingangstür, die Treppe hoch in seine Wohnung. 

Es fühlte sich an wie nach Hause zu kommen und in mir rüttelte sich etwas wach. Chuck stellte mein Gepäck in seinem Schlafzimmer ab, seine Reisetaschen und Koffer die er mit auf Tour hatte, standen ebenfalls noch unausgepackt vor seinem Schrank. 

Nach dem die erste Waschmaschine mit seinen und meinen Klamotten lief, saßen wir in der Küche, also ich saß und Chuck stand am Herd und rührte in den Töpfen rum. „Also, wo fange ich an?", die Frage war eher an mich, als an ihn gerichtet um die Spannung zu steigern, dabei schwenkte ich Philosophisch meinen Wein im Glas hin und her und nahm eine Denkerpose ein. „Was zwischen Joey und mir gelaufen ist, habe ich dir ja bereits erzählt.", ich knetete unschlüssig meine Finger und sah auf die Tischplatte. „Naja also kurz gesagt, ich habe es verkackt", sagte ich dann hastig und nahm direkt einen großen Schluck Wein um das ganze gesagte runterzuspülen. „Wie verkackt?", er hatte sich zu mir umgedreht und sah mich verwirrt an, „Wie hast du das jetzt bitte geschafft? Das war doch so gut wie safe zwischen euch", ich lächelte gequält, „Sagen wir es so, ich habe ein paar Dinge gesagt die nicht unbedingt meine Zuneigung ausdrücken", wich ich aus. 

„Jaaack, was hast du zu ihm gesagt?", ich wich seinem Blick aus, „Naja, mir ging es vorhin nicht so gut und dann hat er nach gefragt und statt vernünftig mit ihm zu reden habe ich ihm gesagt das es ihn nichts angeht weil wir ja auch nicht zusammen sind und das war es dann im Endeffekt auch.", „Aua", das war das einzige was er dazu sagte. Ich zuckte mit den Schultern und nahm einen weiteren großen Schluck aus meinem Glas, „Das hätte sowieso nicht funktioniert", versuchte ich mich mehr zu überzeugen als Chuck. 

„Konntest du eigentlich proben?", fragte er nach dem er die Nudeln aus der Packung in das Kochende Wasser geschüttet hatte, ich nickte, „Es klappt immer besser, wir können gerne zusammen proben, bis auf drei Stücke habe ich es soweit ganz gut drauf". Chuck stellte über sein Handy einen Timer für die Nudeln, „Sehr cool!", freute er sich, „Ich habe im übrigen noch eine Überraschung für die Band, dir kann ich es ja schonmal sagen. Dadurch das wir mit Green Day auf Tour waren, ist unser Bekanntheitsgrad ordentlich gestiegen.", „Das heißt?", fragte ich etwas genervt. Chuck liebte es aus allem eine große Sache zu machen, „Wir wurden für den Sommer für einige Festivals angefragt!", er schien total begeistert, „Waow, das ist ja", ich überlegte kurz um meine nicht vorhandene Euphorie zu überspielen, doch Chuck nahm mir die Arbeit ab, „Großartig! Ich weiß". 

Nach dem Chuck mit kochen fertig war, stellte er die Töpfe auf den, von mir gedeckten Tisch. Einen Moment herrschte gefräßiges Schweigen.

Wir aßen auf und räumten den Tisch ab. Etwas später zogen wir in die nächst gelegene Kneipe und bestellten uns jeweils ein Bier. Nach ein paar weiteren Bier und ein paar Shots Lagen wir uns in den Armen. „Chuck?" Ich sah in benebelt durch dem Alkohol an, „Ich ich muss dir was sagen", lallte ich ihn an, „Hääää? Was denn?", lallte er ebenfalls zurück, „Mein Dad ist gestern gestorben", ich nahm direkt einen weiteren Schluck von meinem Bier. Er sah mich aus großen Augen an, „Was!? Und das erzählst du mir erst jetzt!?", „Kannst du bitte nicht so rumschreien?", nuschelte ich und kippte einen Shot von dem Tablett das wir uns dazu bestellt hatten runter. Der Alkohol brannte unangenehm und ich schüttelte mich, dann erzählte ich Chuck wie ich meine Eltern besucht hatte und wie Joey mich gefahren hatte und wie er bei mir geblieben war, von dem Streit den Jeff und ich hatten. 

Hit the Road JackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt