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„Jack, nicht kotzen, Du schaffst das!", Jimmy sah mich eindringlich an, ich stand neben ihm und versuchte das Zittern in den Griff zu bekommen, genau wie die Niagara Fälle unter meinen Armen und ja, schlecht war mir auch. Die Bühnencrew hatte diesmal mitgedacht und mir direkt einen Eimer an den Eingang zur Bühne gestellt. Mir war es eigentlich egal ob ich vor oder nach der Show kotzte, nur währenddessen wäre ziemlich beschissen.

Ich zupfte erneut mein Netzoberteil und das kurze Top darunter zu recht und strich mit meinen schwitzigen Händen über die weite Hose, die Sticks die ich beim Wichteln bekommen hatte hielt ich fest umklammert, so, das mein Knöchel weiß hervortraten. Dann ging, wie am Abend zu vor das Licht aus und das Intro an, die Jungs sprinteten auf die Bühne und machten Faxen, ich versuchte einfach zu funktionieren, wieder winkend und lächelnd schlenderte ich bemüht cool zum Schlagzeug und setzte mich, dann zählte ich uns, nach dem ich noch einmal tief durchgeatmet hatte, ein während ich die Sticks zusammen schlug.

Der Anfang des Auftritts war grottig, ich kam nicht richtig rein und hatte kein stetiges Tempo drin, das brachte die Jungs ein paar mal raus, aber sie überspielten es wie Profis. Beim fünften Song, Runaway, hatte ich mich dann wieder gefangen und hatte das erste mal an dem Abend keinen Fehler drin.

Bei Sunset Kisses traute ich mich aufzusehen und es war überwältigend. Es war das erste Mal das mir nicht speiübel wurde, sehr viele Zuschauer hatten ihr Handy herausgeholt, die Taschenlampe eingeschaltet und winkten im Takt. Ein paar Feuerzeuge konnte ich auch erkennen. Der Refrain war auch sehr simpel und Chuck hatte ein paar Leute zum Mitsingen gebracht. Ich hatte keinen Ahnung wie er das immer machte, aber ich bewunderte ihn dafür. Danach kam Do you like me? Es war viel schneller als das vorherige und war vor der Zugabe noch ein richtiger Abriss. Dann kam nur noch Fever und I never want to write a Lovesong. Wir verabschiedeten uns und verschwanden dann hinter der Bühne. Völlig durchgeschwitzt und fertig setzte ich mich auf eins der Cases die an der Seite standen. Die Jungs tranken jeder eine Flasche Wasser, ich bekam auch eine und dann ging es zum Merchstand ein paar Autogramme geben und Fotos machen.

Meine Lieblings Aufgabe war es nicht, aber ich ließ es über mich ergehen und hatte es auch laut der Uhr fast geschafft, meine Mundwinkel taten vom vielen Grinsen schon weh.

„Können wir bitte jetzt Backstage gehen?", die Jungs kamen meinem Wunsch nach und wir verschwanden nach hinten, Green Day war sowieso laut Plan in zehn Minuten dran, also überließen wir den Merchstand den Verkäufern und machten uns auf den Weg zurück.

Backstage ging ich erstmal duschen, mein Körper hatte sich total runtergekühlt und ich hatte eine ziemliche Gänsehaut. Schwerfällig schälte ich mich aus den durchgeschwitzten Klamotten und warf sie in meinen Wäschesack. Zitternd trat ich unter die Dusche, das warme Wasser auf der Haut tat total gut und ich genoss das Gefühl alleine zu sein. Meine Gedanken kreisten um das Interview am Morgen. Das waren leider Dinge an die ich mich jetzt wohl oder übel gewöhnen musste, übergriffige Fragen von Moderatoren waren wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs.

Als ich mich abgetrocknet und gemütliche Klamotten angezogen hatte kam ich zurück in den Backstage Raum, die Jungs saßen auf dem Sofa, ebenfalls geduscht und umgezogen und starrten auf ihre Telefone. „Wollen wir nicht schnell unseren Kram einpacken?", ich sah im die Runde, keiner antwortete, alle starten auf ihre Displays, „Jungs!?", Chuck sah auf, „Wie bitte?". Ein wenig genervt wiederholte ich mich, „Jaja, sofort", antwortete er etwas fahrig und total neben der Spur. „Was ist los mit euch? Ihr seid doch sonst nicht so?", neugierig kam ich näher, doch da packten alle fast gleichzeitig ihre Telefone weg und murmelten im Chor etwas unverständliches aber verneinendes.

Skeptisch folgte ich den Jungs zur Bühne wo unsere Sachen schon abholebereit rum standen. Jeder nahm sich so viel wie er tragen konnte und dann ging es durch die langen Gänge nach draußen zu unseren Tourbus und den LKWs die uns begleiteten und in denen die Bühnenelemente verstaut waren. Wir verluden die ersten Sachen und kehrten in die Halle zurück um den Rest zu holen.

„Chuck, was ist los? Ihr seid irgendwie alle so komisch?", er überlegte was er sagen sollte, er war schon immer ein miserabler Lügner. „Ähm also, wir hatten ja heute Morgen das Interview...", sagte er gedehnt, ich nickte und mir schwante übles, „Ja und was ist damit?", drängte ich ihn, „Also, es ist so das, Jimmy vorhin auf einer von diesen Klatschseiten einen Artikel gefunden hat der mehr über dich und Joey schreibt.", in mir breitete sich ein flaues Gefühl aus und ich ahnte schlimmes, „Es ist total reißerisch und voll übertrieben, und es stimmt davon nichts was da drin steht. Deswegen wollten wir dir auch eigentlich nichts sagen, wir wollten dich davor schützen".

Es musste wohl sämtliche Farbe aus meinem Gesicht gewichen sein, den Chuck sah mich besorgt an. In mir rasten die Gedanken und Gefühle, die überschlugen sich und fuhren Achterbahn. „Zeig ihn mir", forderte ich ihn auf, meine Stimme klang wie die eines Roboters, „Ich glaub das ist keine so gute Idee", murmelte er. „Zeig ihn mir!", sagte ich etwas lauter mit Nachdruck, er holte wiederwillig sein Smartphone heraus, entsperrte es und reichte es mir.

Die Schlagzeile sprang mich förmlich an, es fühlte sich an wie ein fester Schlag ins Gesicht und ich schnappte nach Luft. Ich überflog den Artikel und es wurde schlimmer, ich versuchte ruhig und gleichmäßig zu atmen, doch es gelang mir nicht und es waren mehr Bild Beispiele dabei als das Bild was ich aus dem Bus kannte. Es fühlte sich an als würde mir der Boden unter den Füßen weggerissen werden. Der Aufprall in der Realität war auf jeden Fall hart.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 25 ⏰

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