Ich krallte meine Finger in die schweißverklebte Stange vor mir, und die Reifen unter mir quietschten, als der Bus plötzlich stehenblieb. Der Ruck ließ das Fahrzeug beben, und ich wurde zur Seite gedrückt, sodass meine Schulter sich gegen eine fremde Brust quetschte. Die leise Musik, die aus den Kopfhörern der sich stapelnden Personen drang, wurde von dem Geschrei eines Kindes überdröhnt. Ich richtete mich wieder auf, als der Bus vollständig zum Stehen kam, und wischte mit meinem Ärmel den tropfenden Schweiß von meiner Stirn. Die gewaltigen Türen vor mir öffneten sich, und neue Menschen strömten in den kleinen erhitzten Raum und quetschten sich neben die sich quetschenden Menschen. Ich ließ meinen Blick schweifen und beobachtete die vielen leeren Augen, die sich auf die bunt aufflackernden Bildschirme fixierten.
Ich starrte auf meine silberne Armbanduhr, die mein Handgelenk umschloss, und beobachtete den tickenden Zeiger. Er tickte, tickte und tickte. Noch sechzehn Minuten. Die Türen des Busses schlossen sich ziehend, und die Menschenmasse drückte sich in den Bus. Endlich setzten wir uns in Bewegung, und ich atmete stoßweise aus. Der Bus legte sich quälend in die Kurve, und mein Blick klebte wieder auf meiner Armbanduhr. Noch zwölf Minuten. Ein Ellbogen drückte gegen meine Seite, sodass ich kurz zusammenzuckte. Bitte, fahr schneller, flüsterte ich dem Busfahrer panisch zu.
Vor mir erstreckte sich nun ein riesiger grauer Klotz mit vielen bunten Bildern und riesigen Aufschriften. Noch zehn Minuten. Ich schaffe das! Die letzten Häuser, die sich vorbeibewegten, zogen sich in eine unerträgliche Länge, bis der Bus sich endlich verlangsamte und sich an den rechten Fahrbahnrand drängte. Eine Schweißperle bildete sich auf meiner Stirn, und die Masse um mich stöhnte auf, als sich die Türen erneut öffneten. Der Bus spuckte die eilenden Menschen förmlich aus, und ich wurde von dem Gedränge nach draußen getragen. Schnell griff ich meinen Koffer, und dann rannte ich los.
Ich rannte auf den riesigen grauen Klotz zu und die eilenden Menschen, die nervtötenden Geräusche und die hellen Lichter zogen verschwommen an mir vorebi. Kurz blieb ich vor der gewaltigen Anzeigetafel stehen, die in blau aufleuchtete, und erblickte die Gleisnummer meines Zuges. Während ich mich durch die Menschen drängte, rannte ich auf einen Fahrstuhl zu. Die kastigen Gänge, die von aufflackernden Deckenlichtern erhellt wurden, schnürten meine Brust zu. Eins, zwei, drei Mal drückte ich hektisch auf die Fahrstuhltaste und blickte gespannt nach oben, bis der Fahrstuhl sich langsam vor mir öffnete. Dann sprang ich rein und hämmerte auf die Taste mit dem Pfeil nach oben.
Mein Herz raste, und ich rang nach Atem. Ich stützte mich kurz mit meinen Armen auf meinen Oberschenkeln ab und versuchte zwanghaft, meinen Puls zu beruhigen. Ich zögerte, bis ich mich traute, auf meine Armbanduhr zu spähen. Noch zehn Sekunden, bis mein Zug abfährt, der mich zu Elisa bringt. Was? Noch zehn Sekunden? Ich starrte ungläubig auf meine Uhr. Der Fahrstuhl begann sich zu bewegen, und ich erblickte den Zug, der auf dem Gleis auf Fahrgäste wartete. Mein Blick fixierte den Zug, und ich stellte mich in Rennposition auf. Ein Piepsen kündigte das Öffnen der Türen an, und ich sprintete los. Meine Schritte trommelten auf dem Beton, das rhythmische Rollen des Koffers schallte, und ich atmete stoßweise aus.
Und dann setzte sich der Zug in Bewegung.
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Gleis des Lebens (Moment Story)
Short StoryDiese Geschichte ist eine Art von Kurzgeschichte, die nur fünf Kapitel umfasst. Es geht jedoch um nur einen ausschlaggebenden Moment, daher auch die Betitelung „Moment Story". Um nicht vorab die ganze Handlung zu spoilern, folgt keine inhaltliche Z...