Was ein Fehler war.
"Hey! Es tut mir leid, dass ich heute nicht gekommen bin, Babe. Wollen wir uns morgen früh auf nen Kaffee treffen? Come on, girl. Ich weiß, dass du frei hast. Achso, und was war eigentlich mit diesem Joe heute los? Oh Gott, läuft das Date noch?! Soll ich auflegen?"
Genervt verdrehe ich die Augen und gebe ihr mit einem Seufzer zu verstehen, dass sie ruhig noch dranbleiben kann.
Josie und ich kennen uns seit der ersten Klasse der Grundschule. Die Lehrerin setzte uns nebeneinander, um, wie sie es ausdrückte, uns "anzugleichen".
Während Josie nämlich nie aufhörte zu babbeln, schaute ich lieber nur zu.Ob ich diese Entscheidung gut fand? Definitiv nein. Mittlerweile jedoch hab ich mich an Josies Art gewöhnt. Nicht nur das, sie ist die einzige echte Freundin, die ich momentan besitze.
"Hey, auch dir nen schönen Abend"
"Jaja, bitte, danke, gleichfalls. Komm zum Punkt, Al!"
"Was meinst du?" Ich reibe meinen Nasenrücken und gähne herzhaft. Es ist mittlerweile fast null Uhr und ich merke, wie sich Müdigkeit in mit ausbreitet.
"Was meinst du! Was ich meine? Das Date natürlich, du Dummerchen!"
"Ach so, das." Schweigen.
"Ja?"
"Lass uns das doch morgen klären, okay?", versuche ich, sie abzuwimmeln.
"Ich bin echt müde."
Grummeln. "Dann kannst du also wirklich morgen früh?", fragt sie.
"Jaja, das passt. Gute Nacht, Josie."
"Nacht, Al."
Ich will schon auflegen, da kommt noch ein: "Ich habs nicht vergessen! Morgen will ich alles wissen!"
Sie lacht ihr typisches schelmisches Lachen, als wäre weiß Gott was passiert.
Wenn du wüsstest, denke ich.
"Josie"
"Hm, ja?"
"John. So heißt er."
"Klaro, weiß ich doch."
"Du hast eben Joe gesagt."
"Hab ich nicht, das wüsste ich." Ich kann ihr freches Grinsen selbst durch mein Handy sehen.
"Jaja. Bye." Ich lege auf.Kalte Gesichter, stumme Blicke, müde Grimassen; dazu die frische Morgenluft, die mich empfängt, als ich aus der Straßenbahn trete. Ich schlängele mich zwischen Aktenträgern, Postboten, Frauen und Männern auf dem Weg zur Arbeit hindurch.
Mein tiefblauer Anorak verfängt sich irgendwo; ich werde nach hinten gerissen und zum Stehen gezwängt. "Passen Sie doch auf!", meckert ein Mann hinter mir. Ein Knopf meines Mantels hat sich in seiner Tasche verfangen.
Ich entschuldige mich hastig und versuche, den Knopf in Windeseile wieder herauszufriemeln. Als der Mann sich hinunterbeugt, um mir zu helfen, begegnen sich unsere Blicke.
Eisblau sind seine Augen; genervt, müde, gestresst sieht er aus. Eine Sekunde zu lang schaut er mich an und mir wird unwohl im Magen.
Ich mustere ihn. Abgesehen von einem schwarzen Mantel trägt er eine graue Mütze, unter der verwuscheltes braunes Haar hervorlugt. Der Mann macht auf dem Absatz kehrt und eilt schnellen Schrittes in die entgegengesetzte Richtung davon.
Mir kommt ein Gedanke, eine blitzartige Erinnerung an jemanden, der ebenso ausgesehen hat. Als ich versuche, mich weiter zu erinnern, verblasst das Bild genauso schnell wieder wie es gekommen ist.
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Schwarzbrauner Kaffee
General Fiction"Hallo?", frage ich und hasse mich dafür, dass meine Stimme plötzlich so hoch und zittrig klingt. Lautes, eintöniges Tuten ertönt: die Person am anderen Ende hat aufgelegt. "Josie" "Hm, ja?" "John. So heißt er." "Klaro, weiß ich doch." "Du hast ebe...