Prolog

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Erschöpft blickte das Mädchen auf die Zerstörung. Auf das Chaos, dass die gesamte Stadt in Schach hielt. Auf die Leichen, die überall am Boden zerstreut lagen, leblos, mit Augen, die in die Leere starrten, ohne etwas zu sehen. Mit Ohren, die nie wieder etwas hören würden. Mit Fingern, die nie wieder etwas spüren würden. Lucy wusste, dass sie alle zu früh gegangen waren. Dass sie alle noch ein seeeehr langes Leben vor sich gehabt hätten. Wäre da nicht diese eine Person gewesen. Die Person, die für all den Schrecken, die Zerstörung und das Chaos verantwortlich war. Wäre sie nicht gewesen.

Der Menge an Elfen, die sich um sie scharrte, stand dieselbe Meinung ins Gesicht geschrieben. Sie alle starrten sie mit schreckgeweiteten Augen an, als könnten sie nicht glauben, dass ein 12-Jähriges Mädchen das alles angerichtet hatte. Und es lag so viel Hass in ihren Blicken, von dem Lucy nicht gewusst hatte, dass ihre Spezies ihn empfinden konnten. Schließlich waren wir angeblich so ,,friedlich". Und da war wieder einmal der Beweis, wie sehr alle sie unterschätzten. Wie alle eine ach so schwache Fähigkeit unterschätzten. Niemand hatte je erwartet, dass sie, Lucy Cecil Zaliar jemals zu so etwas fähig war. Aber sie hatten sich getäuscht. Wie sie sich getäuscht hatten.

Deswegen sagte auch niemand etwas. Im Gegenteil. Jeder war so totenstill, dass man fast meinen könnte, es wäre nie etwas passiert. Nur hin und wieder durchbrach ein leises Schluchzen die Stille, von denjenigen, die um ihren Verlust ihrer Familien, Verwandten oder Freunden trauerten. Lucy wusste, dass sie mit ihnen Mitleid haben sollte. Dass sie die Menge trösten und ihr gut zusprechen sollte. Doch sie tat es nicht. Sie wollte es nicht tun. Denn irgendwie fühlte sie sich...gut. Gerechtfertigt. Glücklich. Denn sie alle hatten es verdient zu sterben.

Lucy erwischte sich dabei wie sich ein gehässiges Lächeln auf ihre Lippen stahl. Es war ihr egal, dass die Menge daraufhin noch ein paar Schritte mehr zurückwich und manche auch in den Teil ihrer Häuser flüchteten, der noch geblieben war. Ihre Stimmung hob sich immer mehr, und sie unterdrückte mit Mühe ein Lachen. Sie fühlte sich nicht mehr gut. Sondern...Sie wusste nicht wie sie es beschreiben konnte.

Doch dann erfüllte eine sanfte Brise die Luft und streichelte sie sanft, blies ihr ein paar Strähnen ihres hellblonden Haares ins Gesicht und wiegte sie sanft in seinen Armen hin und her, wie eine Einladung, ihm zu vertrauen und mit ihm zu gehen.

Lucy's winziger gesunder Verstand der ihr geblieben war, mahnte sie tief in ihrem Hinterkopf dass sie zu weit gegangen war. Dass sie die Kontrolle über ihre Kräfte verloren hatte. Dass der Wind sie beherrschte, nicht umgekehrt. Genau davor hatten ihre Mentoren sie gewarnt. Dass sie sich von ihrer Fähigkeit beeinflussen lassen würde und schreckliche Dinge tun würde, wenn sie dem Wind erst mal die Oberhand gewinnen würde. Und bis jetzt hatte sie die Kontrolle behalten. Aber nun war jede Warnung zu spät und jeder Eingriff würde nichts mehr nutzen.

Deshalb verdrängte Lucy die warnende Stimme sofort. Und der Wind flüsterte ihr ein Wort ein und Lucy wurde klar, wie sie sich fühlte. Sie fühlte sich nicht gut. Sie fühlte sich mächtig. So mächtig, dass niemand sie mehr aufhalten konnte. Nicht einmal der hohe Rat, der gerade auf die halb zerstörte Straße glitzerte. Mit Schrecken im Gesicht beäugten sie die Zerstörung und die Leichen. Und dann lachte sie. Es war ein gehässiges, grausames Lachen dass die ganze Stadt zu erschüttern schien. Die Kobolde der hohen Räte und Rätinnen packten sie, und Lucy wusste nicht wohin sie sie brachten, aber es schien ihr als perfekter Ort um sich an all denen zu rächen die ihr in ihrer Vergangenheit Leid zugefügt hatten.


Gegen den Wind - eine Keeper of the lost cities FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt