Es gab Dinge, die man selbst als Millionär nicht kaufen konnte; Ruhe und Frieden zum Beispiel. Max zog sich hastig sein Hemd über und flüchtete aus seinem Schlafzimmer. Er hoffte, dass Beckys kompliziertes Minikleid sie wenigstens noch ein paar Minuten beschäftigen würde. Vor zehn Minuten erst hatte er sie nur mühsam davon befreit, von der Spitzenunterwäsche wollte er gar nicht erst anfangen. Was für eine Zeitverschwendung; er hätte erst nach dem Sex mit der Wahrheit rausrücken sollen, dann hätte sie die Neuigkeiten vielleicht entspannter aufgenommen.
Leider stürmte sie ihm im nächsten Moment schon vollständig bekleidet in ihren hochhackigen Schuhen hinterher. Ihre Absätze knallten so wütend auf den Marmorboden, als wollte sie, ähnlich einem Märchenkobold, ein Loch hineinstampfen. Offensichtlich konnten Frauen sich doch beeilen, wenn es wichtig war. Zum Beispiel, wenn sie ihren Freund zu Schnecke machen wollten.
„Du hast versprochen, dass du dieses Wochenende da bist! Seit einem Monat liege ich dir damit in den Ohren, und du sagst einfach ab?!", schimpfte sie und folgte ihm über den Flur ins große Wohnzimmer, wo Max sich auf eines der Ledersofas fallen ließ. Sie hatte wieder diesen schrillen Unterton in der Stimme, wie immer, wenn ihr etwas gegen den Strich ging. Die glatten Wände und bodentiefen Fensterfronten des 50qm-Raums verliehen ihrem Gezeter massig Resonanz, das war der Nachteil modernen Wohnens. Hätte Max gewusst, wie zickig sie werden konnte, hätte er sie nicht in dieser Bar abgeschleppt.
„Reg dich nicht auf, Baby, das ist alles nur halb so schlimm", sagte er beschwichtigend. Er legte die Arme links und rechts von sich auf die hohe Lehne des Sofas, sodass sein offenes Hemd weiter aufklaffte und sie einen besseren Ausblick auf seinen trainierten Oberkörper hatte. Ein bisschen Sex-Appeal half ihm vielleicht dabei, das Blatt wieder zu wenden. „Pass auf, gleich, wenn ich wieder da bin, nehmen wir den nächsten Flug nach Paris und verbringen dort ein paar schöne Tage, wie wär's?"
Becky sah ihn an, als hätte er ihr vorgeschlagen, ein herrliches Wochenende unter einer Brücke zu schlafen. Ihre dunklen, sonst sanft geschwungenen Brauen trafen sich fast an der Nasenwurzel, so aufgebracht war sie. Daher also die Falten direkt in der Mitte ihrer Stirn, die waren ihm schon bei ihrem ersten Treffen aufgefallen. Vielleicht sollte er ihr möglichst bald eine gute Antifaltencreme organisieren, oder Botox, bevor das noch schlimmer wurde.
„Das ist mitten in der Woche, Max!", herrschte sie ihn an, ließ sich ihm gegenüber in einen Sessel fallen und strich sich fahrig das lange, dunkle Haar hinters Ohr. Leider war sie viel zu wütend, um sich bezirzen zu lassen. „Wie stellst du dir das denn vor? Anthony ist in der Schule! Ich muss arbeiten!"
„Dann nimm dir eben Urlaub, das geht schon. Oder kündige endlich diesen elenden Job. Ich hab dir doch gesagt, du musst nicht arbeiten, wenn du mit mir zusammen bist. Und der kleine Tony kommt schon mal eine Woche allein zurecht." Er lächelte gewinnend, in der Hoffnung, dass sie das begeistern würde, aber da hatte er sich getäuscht. Becky verschränkte die Arme vor der üppigen Brust und schenkte ihm einen eisigen Blick.
„Anthony ist 12! Er kann einen oder zwei Abende allein verbringen, aber nicht eine ganze Woche! Vor allem nicht mitten in der Schulzeit! Und warum fängst du jetzt schon wieder von meinem Job an?!"
Max ließ die Arme von der Lehne sinken und rieb sich stattdessen die Stirn. Wenn sie so weitermachte, würde er Kopfschmerzen bekommen. Und was konnte er dafür, dass er sich nicht das Alter ihres Kinds merken konnte? Er hätte schwören können, dass der Junge schon 16 war, aber da hatte er ihn wohl mit dem Sohn seiner vorletzten Freundin durcheinandergebracht. Und wenn schon. Sie hätte froh sein sollen, dass er sich überhaupt einen Kopf um den Knirps machte!
„Du hast doch von deinem Job angefangen!", sagte er verzweifelt.
„Gott, das meine ich doch nicht! Ständig sagst du, ich soll kündigen und auf deine Kosten leben! Ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass ich das nicht will! Ich brauche keine verdammten Geschenke! Und erst recht kein Leben als Jetset-Braut oder Heimchen am Herd! Ich will, dass du unsere Beziehung ernst nimmst, und meine Verpflichtungen!"
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Whiskey Sour (ManxMan/Gay/Trans)
RomanceEs gibt Dinge, die man selbst als Millionär nicht kaufen kann ... Maximilian Bacall hat einfach alles: Eine liebende Familie, eine gut laufende Firma, ein luxuriöses Penthouse und vor allem mehr Geld, als er ausgeben kann. Nur wenn es um die Liebe g...