Kapitel 13

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Montag, 09. Februar

Nach den Ferien hatten die Schüler der 1a in ihren Praktika Berufserfahrung gesammelt und somit erwarten Jan und Tristan, am ersten Schultag nicht großartig aufzufallen. Schließlich würde bestimmt ein jeder viel zu erzählen haben und wild durcheinanderreden. Womöglich hatte die Klasse das bis zu diesem Zeitpunkt auch getan, doch als die beiden den Klassenraum betraten, wurde es verdächtig ruhig um sie.

Jan grüßte durch die Runde und setzte sich an einen freien Tisch in der letzten Reihe, während Tristan von Jenny abgefangen und von ihr in den Raucherhof geschleppt wurde.

„Hast du ihn also wirklich rumgekriegt!" Mit gerunzelter Stirn zündet sie sich eine Kippe an.

„Nein danke, ich rauche nicht mehr. Diesmal wirklich", meint er, als sie ihm die offene Packung hinhält. Tristan war sich trotz Jans Worte unsicher, was er auf Jennys Bemerkung erwidern sollte. Er bewundert seinen Freund dafür, dass er die Sache so verdammt selbstverständlich nahm, obwohl er aus einer fünfjährigen Heterobeziehung kam. Er wollte den Bogen nicht unnötig überspannen.

Tristans Bedenken waren jedoch völlig unbegründet, schon schwang die Tür auf und Jan stellte sich dicht hinter ihn. Dabei hakte er mit dem Daumen in Tristans vordere Hosentaschen ein. Verspielt biss er ihm in den Hals. „Wollte nur kontrollieren, ob du nicht schwach wirst und dich zum Rauchen verleiten lässt. Und", er sah zu Jenny. „Hi."

Sie sah aus, als würde sie gleich weinen.

„Ich weiß nicht, wer von euch mir wen weggeschnappt hat, ich fand euch beide scharf. Ein Jammer!", meinte sie, konnte aber nicht den Blick von den beiden lassen. Jeder für sich war eine Augenweide, aber zusammen sahen sie noch heißer aus. Und verdammt niedlich.

Zum ersten Mal erlebte Tristan, nicht blöd angemacht zu werden, wenn er sich in der Heterowelt - wie er die Öffentlichkeit bezeichnete - zu einem Jungen bekannte. Vermutlich, weil es sich dabei um Jan handelte, der in dieser Klasse schon ein blaues Auge verteilte. Womöglich lag es aber auch daran, dass Tristan mittlerweile Freunde unter seinen Klassenkollegen fand.

„Was tun Sie denn hier?" Jan wurde von der Direktorin angeblufft, als er mit Jenny und Tristan zurück in die Klasse ging. Zuerst war er irritiert, doch dann verstand er. Abrupt blieb er stehen.

„Fuck, Tristan! Ich habe heute keine Schule! Diesen Block komme ich doch nur dienstags und donnerstags." Viel zu schnell breitete sich das altbekannte Gefühl von Panik in seiner Magengegend aus. Wie so oft, wenn er der Meinung war, dass sein Gedächtnis nun vollends den Geist aufgab.

„Stimmt", grinste Tristan. „Das Wochenende war wohl etwas zu turbulent. Aber wenn du schon mal hier bist, kannst du doch auch‑"

„Auf keinen Fall", beeilte sich Jan zu sagen. Denn dann müsste er sich morgen mit dem Heute auseinandersetzen, das dann in seinem Kopf aber nicht existiert.

„Nicht nötig", rettete ihn die Direktorin. „Herr Kerscher und ich haben etwas zu besprechen. Kommen Sie bitte mit."

Als Jan das Lehrerzimmer betrat, begann er sich sofort zu rechtfertigen: „Ich bin okay, ehrlich! Ich hatte es bloß vergessen, weil die letzten Tage so viel passiert ist", plapperte er los, konnte seinen Worten jedoch selbst keinen Glauben mehr schenken.

Die Strenge aus Frau Liebmanns Gesicht verschwand. „Darum geht es nicht. Ich wollte mit Ihnen über ihre beiden Praktika sprechen. Wussten die Institutionen über ihre Krankheit Bescheid?"

Irritiert sah er hoch. „Nur eine, warum? Gibt es Probleme?" Jan hatte zwar einen Teilzeitjob, doch nebenbei arbeitete er die Stunden für das Krankenhauspraktikum ein. Da Samy dort beschäftigt war, bekam er auch dort eine Sonderbehandlung. Allerdings nur, was seine Arbeitszeiten betraf.

Du bist JanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt