Kapitel 1-Emerald

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Drei Stunden. So lange war ich nun gefahren.

Die Fensterscheibe des Zuges war schon beschlagen. Es wurde immer kälter. In der Ferne konnte ich auch schon die ersten Berge erkennen. Der Zug fuhr durch einen kleinen Tunnel, durchquerte Nadelwälder und ich wurde immer ungeduldiger.

Wann war ich endlich da!?

Schon gut, ich benahm mich wie ein kleines Kind, aber ich konnte es eben kaum erwarten.

„Mein erster Schultag", dachte ich.

Wie es wohl werden würde?

Vor zwei Jahren endete der letzte Krieg zwischen Magiern und Menschen, der siebte Weltkrieg. In diesem Krieg passierten so viele schreckliche Dinge: Junge Magier und Magierinnen wurden von ihren Familien getrennt und getötet, andere wenige, kämpften und überlebten.

Und dann gab es noch diejenigen wie mich.

Okay, nein, dann gab es noch mich. Ich bezweifle, dass ein anderer Magier es im siebten Weltkrieg so leicht hatte wie ich. Mit einer reichen Tante, die sich überall rauskaufen konnte und meinen Eltern, die als Botschafter vor allem im Krieg viel verdienten.

Erbärmlich.

Während ich mich also in Tante Emilys Winterhaus aufhielt, kämpften andere um ihr Leben.

Ich hatte mich so schuldig gefühlt.

Heimlich hatte ich das Kämpfen geübt, um mich wenigstens im Notfall verteidigen zu können.

Jahrelang hatte ich gelernt, trainiert und perfektioniert.

Dann, letztes Jahr, hatte Emily auf einer Pressekonferenz verkündet, sie würde eine Schule für Magier und Magierinnen gründen wollen, um ihnen schon früh beizubringen, die Magie für etwas Gutes einzusetzen. Hier war ich also. Auf dem Weg nach Element Hill, dem Camp für magische Kinder. Kinder wie mich.

Zwei Stunden später hielt der Zug ruckartig an. Die raue, harte Stimme des Schaffners verkündete: „Forestville, Außenstelle. Dieser Zug endet hier. Danke, dass sie sich für eine Fahrt mit der Waldbahn Kanada entschieden haben!"

Dann knisterte und knackte es kurz und die Ansage war beendet.

Ich nahm mir meine beiden Koffer, schulterte den Rucksack und ging durch die leeren Gänge nach draußen.

Dort angekommen holte ich tief Luft. Ich war hier vier Jahre während des letzten Krieges gewesen. So viel hatte sich gar nicht verändert. Der Geruch von Kiefernnadeln, nach Freiheit und Natur war noch immer derselbe.

Wunderschön.

Der Bahnhof Forestville Außenstelle bestand aus einer halb vereisten Bank, einem Schild auf dem alle Züge verzeichnet waren und einem kleinen, halb zerfallenen Holzunterstand.

Übrigens, auf dem Schild stand nur ein einziger Zug. Den, den ich genommen hatte.

Forestville war das, was ich Einöde nannte. Die rund 300 Einwohner waren zur Hälfte Holzfäller und außer einer kleinen Schule, einem Dorfladen und der Villa meiner Tante gab es hier nichts Interessantes.

Obwohl, ich hatte die Quellen vergessen. Hier gab es nämlich berühmte heiße Quellen oder so. Und eine besondere geologische Felsformation.

Hörte sich doch schon mal vielversprechend an.

Andererseits war es ja auch der perfekte Ort, um geschützt Magie zu lernen.

Außer mir war niemand ausgestiegen. Nur ein blasses, blondes Mädchen, das die ganze Zeit auf die Infotafel schaute, als würde sie sich irgendwie in etwas anderes verwandeln.

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