Saphira
Claire hat heute Geburtstag, doch ich verspüre nach wie vor gar nichts. Wie soll ich bitte noch weitere drei Stunden gute Miene zum bösen Spiel machen? Ich merke, wie mein Körper langsam schlapp macht.
Im Auto atme ich einmal tief durch, doch es erfüllt nicht meine Lungen. Es ist, als würde die Luft nicht dorthin gelangen, wo ich sie dringend brauche. Ich versuche es erneut. Mit demselben Resultat.
Ich kann mich auch dann nicht aufraffen, als ich auf unserer Auffahrt ankomme. Ich weiß, Johanna hat eine Torte gebacken, weswegen jetzt nur noch die Dekoration fehlt, bei der ich ihr helfen soll. Im Haus läuft bereits Musik und Johanna streckt sich gerade, um eine Girlande um einen der zwei Kronleuchter zu schwingen, doch sie ist dafür ein wenig zu klein.
„Warte. Lass mich mal, Johanna." Vorsichtig lege ich ihr eine Hand auf die Hüfte, um sie zu stützen, während sie runterklettert.
Nach einer weiteren halben Stunde hat sich das Wohnzimmer in ein pinkes Wunderland verwandelt – Claires Lieblingsfarbe. Die Girlanden fliegen unter unseren Füßen umher und Konfetti liegt ebenfalls verstreut dabei. Ballons in allen Pinktönen, die es gibt, hängen an den Wänden und auf dem Esstisch, einige schweben durch Helium an der Decke. An einer Wand hat Paul einen Tisch aufgestellt, auf welchen ich nun mein Geschenk für Claire ablege.
Nates Aufgabe war es, Claire abzulenken, weswegen er noch mit ihr draußen ist. Somit habe ich nun eine Stunde Ruhe von seinen Fragen.
Als Johanna mir eine Käsesemmel anbietet, lehne ich ab, obwohl ich heute nur einen Eiskaffee und eine Waffel hatte. Und auch die habe ich gerade so runter bekommen, sodass sie mir hinterher wie ein Stein im Magen lag.
„Saphira? Ist bei dir alles ok?", will Johanna wissen.
Ich blinzele schnell und setze mein Lächeln wieder auf. „Sicher. Habe nur in der Schule schon was gegessen. Danke, Jo."
Sie schient überzeugt zu sein und geht zurück in die Küche, wo sie noch letzte Hand an die Torte legt. Es dauert keine Minute, da höre ich Schlüssel klappern. Kurz darauf ertönen Stimmen und Gepolter.
Claire rennt ins Wohnzimmer und ruft ein begeistertes „Wow" aus, als sie die Deko sieht. Sie dreht sich einmal im Kreis und rennt dann auf mich zu, als sie mich erblickt. Wie ferngesteuert hocke ich mich hin, um sie erstmal zu umarmen und ihr ein Küsschen auf die Wange zu drücken, bevor ich sie in meine Arme hebe. „Alles Gute zum Geburtstag, meine kleine Maus."
Claire quietscht, als ich ihr in die Seite pieke.
Ich begrüße auch noch zwei ihrer Freundinnen, die Nate auf dem Weg hierher eingesammelt haben muss.
Nach und nach trudeln die restlichen Gäste ein. Es dauert eine geschlagene Viertelstunde, bis alle da sind. Sobald ich die Türe für die letzten schließe, begebe ich mich kurz zur Seite, wo ich ungestört bin und lehne mich an die Wand.
Komm schon, reiß dich zusammen. Deine kleine Schwester hat heute Geburtstag. Freu dich für sie.
„Für sie", murmele ich, bevor ich meine Schultern straffe und zu der Party zurückkehre.
Erst spielen wir Spiele wie die Reise nach Jerusalem oder Ochs am Berg schau um. Die ganze Zeit schaue ich Claire zu und versuche mir meinen Zustand nicht anmerken zu lassen, während Paul Fotos schießt und ich in die Kamera strahle, als Claire zu mir kommt und ihre Wange an meine drückt. Hoffentlich verraten mich meine Augen auf dem Bild nicht. Denn wenn ich eins durch die Fotografie gelernt habe: Die Augen machen enorm viel aus. Wenn du traurig bist, fröhlich, wütend. Die Augen sprechen in den Fotos. Sogar wenn du lächelst, dabei aber weinen möchtest.

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Desire-Hot as Fire
Romans》Band 1《 Nur wer das Spiel mit dem Feuer nicht beherrscht, verbrennt sich die Finger. Doch was ist, wenn man sich mit den Flammen auf der Haut lebendiger denn je fühlt? Saphira Nelson zieht aufgrund eines Schicksalsschlags zu ihrer Tante und ihrem O...