2 Der schwarze Hengst

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Am Anwesen angekommen, brachte Elijah den schwarzen Hengst in den Stall. Es dämmerte bereits und andere hätten den Hengst nur durch seine zwei weiße Hufe erkennen können bei leichtem Lichteinfall.
Die Heimreise war lang und anstrengend gewesen. In manchen Dornenbüschen hatte Arcardo sich Schnitte an den Beinen zugezogen die er versorgen wollte
bevor sich bei dem Herrn anmelden wollte. Mitbekommen hatte Felton sicherlich noch nichts, da seine nichtsnützige Wache
erneut betrunken am Hofe lag und seine Arbeit somit nicht anständig erledigen konnte. Spottend lehnte Elijah
sich über den übelriechenden alten Mann in Rüstung und pustete ihm ins Gesicht. Davon hatte er weder Kenntniss genommen, noch auch nur mit der Wimper gezuckt.
In diesem Moment hatte Arcardo sein Maul in die naheliegende Tränke gehalten, war aber so neugierig was sein Reiter dort veranstaltete, dass er herübergelaufen kam und dem alten geradewegs das angesogene Wasser übers Gesicht laufen ließ.
Elijah lachte laut auf, konnte sich kaum halten.
Die alte Wache erschrak und sprang auf, scheuchte das nichtsahnende Pferd, mit seinen wackeligen Händen in der Luft, davon. Elijah war seines Hauses entsprechend gekleidet. Ein schwarzes Leinenhemd mit einer dunkelgrünen Weste aus gehärtetem Leder, weshalb es nun zu dunkel war um Freund oder Feind erkennen zu können. Der alte zog sofort sein Schwert und rannte schreiend auf den verwunderten Elijah zu,
im Glauben, er hätte einen Eindringling vor sich.
Elijah dachte nicht lange nach und hechtete zu Arcardo an dessen Sattel seine Ausrüstung und Schwert befestigt waren. Er schnappte sich sein Schwert, trat dem alten entgegen und war bereit für einen echten Kampf. Ohne Rückksicht, wer da vor ihm stehen könnte, schlug der alte auf Elijah ein der sich aber wehren konnte und somit den Überraschungsmoment auf seiner Seite hatte. Bereit war er sich weiter zu verteidigen, sein Gegner war jedoch so wackelig auf den Beinen, dass er geradewegs nach hinten umfiel.
Genervt verdrehte Elijah die Augen. Das hätte seine Chance sein können dem Lord zu beweisen dass er mit einem echtem Schwert umzugehen wusste.
Heimlich hatte er an seinem freien Tag geübt, Woche um Woche. Dabei hatte er sich zwar schon ein Paar Narben zugezogen, doch diese waren nie der Rede wert gewesen. Etwas enttäuscht war er schon als die Fackeln des Haupteingangs entzündet wurden und vor ihm Lord Felton selbst stand. Die Wache kam langsam zu sich und gerade als er dem Lord Bericht über einen Eindringling erstatten wollte, sah er im flackernden Licht der Fackeln,
wer da samt Schwert vor ihm stand, Feltons Schützling. Elijah ließ sein Schwert sinken und trat einen Schritt näher um seinem Lord zu grüßen. Ein kleines Nicken unter sich und ihre Blicke trafen sich."Lord Felton, entschuldigt die späte Störung mein Herr, es war gewiss nicht unsere Absicht Ihre Aufmerksamkeit zu stehlen.", erklärte Elijah, während die Wache dessen Namen er nichtmals kannte, nur da stand und versuchte sein Gleichgewicht beizubehalten.
Felton selbst hatte den Atemgeruch seiner Wache wohl wahrgenommen. Scheinbar ignorierte er Elijahs Begrüßung und Entschuldigung und machte sich auf zur Wache.
Ein Mann der vielen Worte war er nicht, doch sein Blick verfinsterte sich. Kopfschüttelnd griff er das Genick seines Untergebenen und brachte ihn mit diesem Handgriff zur Tränke der Pferde in die er sein Gesicht drückte, einen längeren Moment abwartete bis er ihn wieder an den Haaren aus dem eiskalten Wasser herauszog. Eli war in Schockstarre. Hatten seine Taten auch für ihn Konsequenz? Die Wache keuchte, schnappte nach Luft bis sie sich letztendlich erbrach und neben die Tränke zu Boden sinken ließ. "Das war dein letzter Abend im Suff, Gregor.", warnte Lord Felton ihn. Gregor hieß er, der nun blassaussehende Mann der wie in einem Trauerspiel versuchte sich aufzurichten und ein gequältes "Ja, Herr.", von sich gab bevor er sich wieder erbrach. Felton bat seinen jungen Knappen, mit ihm zu dem Hüttchen des Stallburschen zu gehen sodass dieser Arcardo angemessen versorgen konnte.
Eli verstand nicht ganz Recht. Einen kurzen Moment stand Elijah wie angewurzelt an seinem Platz bis er seinem Herren folgte und los stotterte.
"Mein Herr, was...also eigentlich versorge ich doch mein Pferd wenn es ihm nicht wohl geht."
Schleichend näherte er sich dem schwarzen der mittlerweile an einem Haufen Heu stand und sein vorderes Bein mit den Schnitten, entlastete. "Das mochte wohl so sein, Eli. Der Stalbursche kümmert sich ab heute um deinen Begleiter." Mit einem Schnipsen deutete Felton dem rotharigen kleinen Kerl, Arcardo zum Stall zu bringen. Einen kurzen Abschied von seinem Pferd später, merkte er wie Felton ihn interessiert musterte. "Ich scheine nicht ganz zu verstehen Herr,
was der Anlass für diese Hilfe zu sein scheint..." er verwies zum Stall, indem Arcardo stand.
"Mein Junge, du wirst alsbald neue Aufgaben von mir bekommen als einfache Stallarbeiten." mahnte Felton ihn schon beinahe, während er seine Hand auf Elijahs Schulter klopfte.. Elijah nickte. Robert, der sonst so verschlossene Mann, seufzte und sah unter sich. "Du bist ein stattlicher Mann geworden Eli...es ist schwer...", er verstummte wieder. Beide standen kurz in Stille vor Arcardo, der gerade von dem Stallburschen Victor abgesattelt wurde.
"Ich sehe dich morgen, wenn der Nebel auftaut, an der Schmiede." Wieder nickte Elijah und schenkte ihm ein leichtes Lächeln. Sein Herr verabschiedete sich erneut mit der Hand auf der Schulter und die Fackeln wurden von Albert gelöscht der mittlerweile auch hinzugekommen war um nach seinem Herrn zu sehen. Albert war an Robert Feltons Seite, seitdem er nur denken konnte. Als Eli 4 war, hatten Albert und Felton ihn alleine im Wald gefunden, schwach und dem Tode nahe. Erinnern konnte Eli sich als erstes wieder an den Tag, an dem er in Feltons Bett aufgewacht war. Verbundene Füße und Hände die geschmerzt hatten durch sein womöglich tagelanges auf allen-vieren-kriechen durch den Wald. Das erste Gesicht welches ihn angelächelt hatte war Alberts. Der jetzt alte Mann der auch damals schon in die Jahre gekommen aussah, hatte immer gut Acht auf ihn gegeben. Wenn Leute fragten, woher der kleine Junge der Feltons aufgetaucht war, nannte er ihn immer seinen Glücksfund, der ihn gewiss jung hielt. Wenn er an seine Eltern dachte, hatte er keine bekannten Gesichter im Kopf. Es lag nahe, dass seine Eltern ihn aus Hungernöten ausgesetzt, oder gar zurückgelassen hatten. Dieser Krieg war nicht der erste, den König Henry III. geführt hatte. Viele Jahre und viele Kriege hatte der alte König auf dem Buckel. Lange schon, hatte Elijah seinen Eltern verziehen. Er ging in die mitte des Hofes um sein Schwert aus dem Dreck zu heben, welches nach dem beinahe Kampf dort verblieben war.
Gregor der seine gesunde Hautfarbe wieder erlangt hatte stand wie er es sollte am Haupeingang und hielt seine Wache. "Entschuldigt, Gregor" sagte Elijah leise und hoffte, dass der alte Gregor ihn gehört hatte. Sein Frust, der in ihm wuchs, nahm allmählich überhand. Er wollte kämpfen und nicht an strengen Zügeln gehalten werden.
Eli verabschiedete sich von seinem Freund dem Stallburschen Victor, mit dem er eine Hütte neben dem Stall teilte. Nachdem Victors Eltern im letzten Winter gestorben waren, hatte er auf dem Anwesen Obdach gesucht und gefunden. Victor war 12 Jahre alt, ein angenehmer Geselle, tat seine Arbeit recht und hatte den nötigen Respekt den Adeligen gegenüber.
"Ich kann dir helfen Victor, du musst dies nicht alleine erledigen, es ist schließlich mein Gaul.", schlug er dem Hänfling vor, der gerade mühselig versuchte an den Futtereimer zu kommen der auf einem höheren Balken im Stall stand. Ohne eine Antwort abzuwarten, griff er über dessen Kopf hinweg zu dem Eimer und stellte diesen seinem Pferd vor die Nase. "Du bist eben einfach größer Eli", lachte der kleine. Sein Sommersprossen belegtes Gesicht strahlte ihn an.
Damit hatte er Recht. Elijah war ein stattlicher junger Mann mit beiten Schultern, große Statur. Durch seine tägliche Arbeit die Felton ihm erteilte, war er
stark und wusste seine Kraft stets einzuteilen. Elijah war bereits 23 Jahre und damit schon älter als die meisten anderen, die bei den Ritterkämpfen am Königshof antraten.
Er strich dem Rotschopf zum Abschied über die Haare und ließ sich in deren kleinen Hütte auf seinem mit Stroh gestopften Laken nieder. Victor war ein guter Junge, was der kleine Kerl von Hopkins bestimmt auch war.

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