Ivan
Ich blickte ihr in die Augen. Sie blickte in meine. Wir beide wussten was wir zu tun hatten, es war immer das gleiche. So tun als ob wir kein Blut an unseren Händen hätten. Als ob wir ganz normal seien, kurz gesagt lügen, und unseren Auftrag ausführen. Sie wendete ihren Blick von mir ab. Ihre Augen nun auf das Gebäude neben uns gerichtet. Wie ein Wolf beobachtete sie den alten Ziegelstein-Bau, wachsam und observierend. Unsere angespannten Körper drehten sich nun auch in Richtung Gebäude. Meine Augen konnten ihren Blick endlich von dem Mädchen neben mir lösen so das mein wachsamer Blick ebenfalls auf den Mauern aus Ziegelsteinen ruhte.
Der Bau war alt, rissig, kühl und groß. Eine hässliche Mischung aus Ziegelstein und Beton mit milchigen Fenstern. Schüler betraten und verließen das alte Schulgebäude des Gymnasiums. Ihre lauten Stimmen und das schrille Gelächter drangen an meine Ohren, es nervte. Ihr ging es genauso, dass wusste ich, nur leider war sie viel besser darin ihre Abneigung gegenüber der lauten Schülermenge zu verstecken. Dieser Unterschied hatte dazu geführt das ich zum allseits gehassten Außenseiter wurde, und sie zum coolen Mädchen das alle mochten.
„Drei Monate...", murmelte sie. Ich nickte.
„Ich kann es nicht fassen das wir schon drei Monate lang an dieser Schule sind und keiner in der Lage war uns zu enttarnen."
„Willst du etwa geschnappt werden?" Meine sarkastisch gemeinte Frage brachte mir einen tödlichen Blick über die Schulter ein. Sie konnte es gar nicht leiden wenn man sie verarschte. Natürlich wusste ich was sie meinte. Würde sich jemand der auch nur annähernd so gefährlich ist, wie wir es sind, uns nähern wüssten wir es sofort. Die Aura von Menschen wie uns ist nämlich immer eindeutig. Es ist die Aura eines Predators. Eines tödlichen.
„Die Leute hier sind nun mal nicht wie wir Grimm. Sie haben nicht gesehen was wir gesehen haben. Sie wurden nicht für das trainiert wofür wir trainiert wurden. Sie sind normal. Sie sind keine Monster... zumindest noch nicht. Wer weiß was mal aus ihnen wird."
Während meiner kleinen Ansprache hatten sich unsere Blicke wieder miteinander verschränkt. Ihre schwarzen Obsidiane in denen ich mich sehen konnte, blickten mich mit einer seltsamen Mischung aus Härte und Weichheit an. Ein Blick der sich schon for langer Zeit in mein Gedächtnis einprägen durfte. Ein Seufzer verließ ihre Lippen als sie den Kopf wieder zum Gebäude drehte und los lief. Sie schien von Natur aus einen starken, energischen und stolzen Gang zu haben. Ihre Körpersprache gab nichts anderes als Selbstbewusstsein von sich, eine Eigenschaft für die ich sie unglaublich beneidete. Mit langen Schritten folgte ich ihr hinein in das Gymnasium und dann in den ersten Stock, wo wir vor einer schwarz angestrichenen Tür stehen blieben. In weißen Buchstaben stand dort geschrieben Schulleiter.
Ich klopfte drei Mal an.
„Herein!"
Die rauchige Stimme des Schulleiters drang durch die Tür nur gedämpft an unsere Ohren, und trug das Wort des Einlasses zu uns, unwissend welch ein Urteil es damit sprach. Ich sah hinab auf den Metallenen Türknauf der nun von Grimms schlanken, bleichen Fingern umschlossen wurde. Eine Bewegung ihres Handgelenkes nach links, das ausstrecken ihres Armes, und schon öffnete sich die Tür. Auf leisen Sohlen betraten wir den uns nun offenbarten Raum. Rechts und links von uns waren Bücherregale die mit alten Klassikern überquollen. Direkt vor uns befand sich der Schreibtisch unseres Schulleiters, Michael Lee, welcher in einem Drehstuhl dahinter saß.
Er war ende vierzig, hatte graues Haar und ein paar Kilo zu viel auf den Rippen. Neben seinem Schulleiter-Dasein unterrichtet er uns auch in Französisch und Wirtschaft, beides nicht unbedingt meine Lieblingsfächer. Seine lässige Art zusammen mit seinem sympathischen Lächeln, das auch gerade sein Gesicht zierte, hatten ihn trotz dieser Fächerwahl und dem Fakt das er der Schulleiter war, sehr beliebt bei einigen Schülern gemacht. Auch mir war er ziemlich sympathisch, was mich das folgende schon fast bedauern ließ. Leider konnten wir uns Reue nicht leisten.
So stand ich mit ausdruckslosem Gesicht da als Grimm, kaum das sie die Tür hinter uns beiden geschlossen hat, nach ihrem Lieblings Messer in ihrer Tasche griff. Der Stahl der Klinge glänzte im Licht der Deckenlampe, die Worte die darin eingraviert wurden betonend. Mit schnellen, eleganten Bewegungen war sie plötzlich hinter ihm und hielt die Klinge an seine Kehle gepresst. Immer noch zu schockiert darüber das eine seiner Schülerinnen ihm gerade ein Messer an die Kehle hielt gab er keinen Ton von sich. Langsam aber sicher wurde sein Körper von Angst übernommen. Ihm brach der Schweiß aus, er fing an zu Zittern und der beißende Geruch von Urin machte sich im Zimmer breit als eine gelbe Pfütze sich auf dem Boden zu bildeten begann. Grimm rümpfte angeekelt die Nase und veränderte ihre Position ein wenig so das auch bloß kein Tropfen Pisse ihre Stiefel berührte. Seine wie auch ihre Reaktion ließen mich schmunzeln als ich mich dem Tisch näherte. Mit beiden Händen auf der Tischkante platziert lehne ich meinen Oberkörper nach vorne um seinem Gesicht näher zu kommen was ihn noch mehr einschüchterte.
"Ich denke wir sollten uns noch einmal vorstellen. Man nennt mich Dead Eye und sie dürftest du unter dem Namen Grimm kennen."
Erkenntnis schlich sich in seine Augen und weitete diese nur noch mehr. Sein Zittern nahm zu und Tränen bildeten sich in seinen Augen. Er kennt unsere Namen. Kennt unsere Verbrechen, und jetzt auch unsere Gesichter. Bedauerlicherweise wird er nicht dazu in der Lage sein diese neu dazu gewonnene Information an seinen Boss weiter zu geben.
"Wo ist er?"
"I-Ich w-w-weiß nicht w-w-wen d-du m-meinst..."
"Du weißt ganz genau wen ich meine. Dein Boss Armen Haffenjo. Seine Adresse, jetzt! Du hast dich gestern mit ihm getroffen oder? Bei ihm zu Hause?"
Er nickte, zumindest so gut wie Grimms Messer an seinem Hals das zuließ.
"Gut dann sag mir die Adresse, und wir lassen dich gehen."
Trotz kurzem Zögern schien er sich für sein überleben zu entscheiden und gab uns die Information die wir wollten. Die Information für die wir uns drei Monate lang in dieser Schule rumgequält haben. Ich nahm mir kurz Zeit um die Information in meinem Kopf zu verfestigen.
Schillerstraße 39, Frankfurt am Main. Innenstadt, Hochhaus, oberster Stock, das teuerste Apartment mit dem besten Ausblick.
"Gut dann haben wir ja alles was wir wollen... und sie wissen für meinen Geschmack jetzt auch zu viel..."
Seine Augen quollen noch mehr, als ich es für möglich gehalten hatte, aus seinem Schädel hervor. Die Bedeutung meiner Worte hatte er sofort verstanden. Sein Mund öffnete sich zu einem stummen Schrei als sich die scharfe Klinge an seinem Hals in sein Fleisch bohrte. Er röchelte bei dem Versuch durch seine zerschnittene Luftröhre zu atmen, Blut strömte nun nicht nur aus der Wunde an seinem Hals sondern auch aus seinem Mund. Ein widerliches Knacken war zu hören als Grimm die Wirbelsäule erreichte und diese durchbrach. Ihre scharfe Klinge schnitt nun auch noch durch die letzten Muskeln, Sehnen und Haut bis der Kopf vollständig abgetrennt war. Eine Tat die viel Kraft, Brutalität und einen starken Magen benötigt. Auch wenn das noch was jetzt Folgen würde um einiges grausamer war.
" Muss das seien Grimm?"
"Jetzt lass mir doch meinen Spaß. Du hast mich schon letztes Mal nicht den Schädel von dem Idioten mitnehmen lassen."
"1. Was du da immer machst ist widerlich, 2. du führst dich auf wie ein Kleinkind und 3. wäre der Schädel on Armen Haffenjo nicht viel geeigneter für deine Sammlung als der von so einem unbedeutenden Fisch?"
Mit einem Augenrollen gepaart mit dem frustriertesten Seufzer den ich je gehört habe lässt sie Michaels Kopf achtlos auf den Boden in die Pfütze seines eigenen Urins fallen.
"Aber Armen's Schädel hohl ich mir."
1255 Wörter
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Falling
Teen FictionSie: jung, hübsch, naiv? Er: jung, hübsch, Außenseiter? Nein! Sie: rebellisch, stark, tödlich! Er: Kalt, clever, tödlich! Offiziell sind die beiden ganz normale Schüler an einem Gymnasium. Doch was hinter dieser Fassade lauert ist mehr als gefährlic...