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"Ruelle sag etwas."

Was sollte ich sagen. Fünf Jahre. Arden kannte mich bereits seit fünf verdammten Jahren. Fünf Jahre, in denen ich mit Trauer und Wut allein gelassen wurde. Die Welt hüllte sich in einen Schleier, während alles in mir taub wurde und ich an allem zu zweifeln begann. Die Unsicherheit grub sich tief in mich, bis in mein Innerstes. Erfüllte mich mit jeder Faser, tiefer sitzend als zuvor.

"Ruelle"

Ardens Stimme wurde flehender. Aber ich schaffte es nicht gegen den Nebel anzukommen, der mich einhüllte. Der mich zu verschlingen drohte.

Sie hatten mich angelogen. Sie alle. Meine Schwester, meine Eltern, Arden. Lügen über Lügen. Es schnürte mir die Luft zum Atmen ab. Ich würde ertrinken. Würde an diesen ganzen Lügen ersticken.

"Raus hier", befahl Arden, die Stimme getränkt von Macht. Nessaja, Vittoria und Kale gehorchten, konnten nicht anders als dem Befehl ihres Alphas zu folgen, auch wenn alle drei sichtlich unzufrieden waren.

Arden kam einige Schritte auf mich zu. Ich schaffte es mich aus meiner Trance zu lösen und aufzuspringen. Weg von ihm, weg von seiner Nähe, nach der ich mich seit Wochen verzehrte. Weg von dem Mann, der mich angelogen hatte.

"Ruelle bitte."

"Wieso?", brachte ich hervor. Konnte noch immer nicht begreifen, was passierte. Wieso es mir passierte. Wieso jetzt. Wieso, wenn ich das Gefühl hatte, endlich anzufangen ihm vertrauen zu können. Wenn ich mich nicht mehr wie eine Verräterin fühlte. Zumindest nicht meiner Schwester gegenüber.

Arden verzog gequält das Gesicht.

"Ich dachte ich würde das Richtige tun." Das Richtige tun. Wie konnte es richtig sein, mir meine Entscheidung zu nehmen?

"Wie konntest du das denken? Du hast zugelassen, dass ich dich hasse", spie ich ihm entgegen. Hatte zugelassen, dass ich nur das Schlechteste von ihm dachte. Jahre lang. Dass ich, als ich ihn als meinen Seelengefährten erkannte, an nichts anderes denken konnte, als daran Rache für den Tod meiner Schwester zu nehmen. Rache für etwas, was er nicht getan hatte. Hass auf etwas, was er nicht war. Und er hatte es zugelassen. Hatte zugelassen, dass ich meinen Seelengefährten hasste, dass ich ihn nicht wollte. Er hatte mich von sich gestoßen, noch bevor er mir die Chance gegeben hatte ihn kennenzulernen.

Er kam noch einige Schritte auf mich zu, beinah hilflos. Genauso hilflos wie ich mich fühlte. Wie im freien Fall. Und ich wartete nur noch darauf aufzuschlagen. Endlich den Boden zu erreichen, während eine unbekannte Kraft mich immer tiefer und tiefer mit sich riss. Unerbittlich. Ich wollte aufschlagen, endlich nicht mehr in dieser Schwebe sein. Nicht mehr fallen.

"Ich weiß. Aber besser du hasst mich, als dass du meinetwegen in Gefahr bist. Verstehst du? Ich würde dich noch immer am liebsten am Ende der Welt verstecken." Verstecken. Er wollte mich verstecken. Mich wegschicken. Schon wieder von sich stoßen.

"Ich will aber nicht versteckt werden Arden." Nicht vor der Welt, Nicht vor ihm. Nicht mehr. Schon lange nicht mehr. Vermutlich noch nie. Trotz allem. Ich hatte mich lange dagegen gewehrt. Gegen die Anziehung. Die Gefühle für ihn. Ich dachte ich wäre bereit sie zuzulassen. Aber Arden hatte es nicht gewollt. Hatte seine Worte Lügen gestraft. Er wollte mich nicht. Hatte mich die letzten fünf Jahre nicht gewollt, mich von sich gestoßen.

"Du hast keine Ahnung Ruelle. Keine Ahnung davon, wozu ich in der Lage bin, was ich getan habe, um auf diesem Thron zu sitzen. Was ich tun muss, um ihn zu behalten." Er klang gebrochen. Mehr noch als je zuvor.

"Weil du mich nicht lässt, Arden. Du gibst mir keine Möglichkeit dich zu sehen. Du schiebst mich von dir, hast mich fünf Jahr im Dunkeln gelassen, statt mich zu dir zu holen. Du hättest all das eher beenden können, hättest vor Jahren aufhören können, dich selbst leiden zu lassen. Ich weiß, was es bedeutet von seinem Seelengefährten getrennt zu sein, ich kenne die Auswirkungen. Habe sie oft genug gesehen. Auch wenn unsere Bindung nicht so stark ist wie die von anderen, hättest du dir das nicht antun müssen." Ich hatte unzählige Male gesehen was es mit Paaren machten, die getrennt wurden. Welchen Qualen sie ausgesetzt waren, wenn ihre Verbindung stark war. Mir auszumalen, was Arden vielleicht hatte durchmachen müssen, selbst wenn er die Verbindung genauso wenig spürte wie ich. Er konnte sie nur so wenig spüren wie ich, anders hätte er niemals all die Jahre überstanden ohne durchzudrehen, ohne völlig die Kontrolle zu verlieren.

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