In der Straße, in der Cherrie wohnte, gab es tatsächlich ein Süßwarengeschäft und Sebastian kaufte die verlangten sauren Gummitiere und fragte sich, ob er so fehl am Platz wirkte, wie er sich fühlte. Er wanderte einige Minuten überfordert durch die knallbunten Regale, der süße Duft der Ware bescherte ihm noch schlimmere Kopfschmerzen und gleichzeitig meldete sich sein Magen wieder zu Wort.
Als Teenager hatte er ständig Süßkram und Chips gegessen, aber eines der ersten Dinge, was man ihm auf der Militärakademie eingebläut hatte, war, sich gesund zu ernähren, um fit zu bleiben. Und irgendwie hatte sich das gehalten, obwohl er nun seit knapp vier Jahren nicht mehr beim SAS war. Er hatte den gesunden Lebensstil zwar bis auf Sport nicht weiter beibehalten, aber an so etwas wie Schokolade und Gummitieren hatte er sich schon lang nicht mehr herangewagt.
Beinahe aus Trotz und durch seinen knurrenden Magen dirigiert, kaufte er jetzt einige Tafeln Schokolade und irgendwelche Gummitiere, einige davon mit Lakritze, die er noch nie gemocht hatte.
Mit seinen Einkäufen gerüstet, schlug er schließlich vor Cherries Wohnungstür auf und klingelte bei dem Namen Davy. Eine beunruhigend lange Zeit geschah überhaupt nichts. Dann meldete sich die Gegensprechanlage rauschend zu Wort: „Wer ist da?“
„Ich bin’s. Sebastian.“ Er sah sich in beide Richtungen um, aber niemand achtete weiter auf ihn und seine Süßigkeitenbeutel. Er hoffte, seine Jacke würde nicht verrutschen und seine Waffe entblößen. Er kam sich schon so furchtbar verdächtig und entblößt vor.
„Wer?“, fragte die Stimme.
Sebastian lehnte sich genervt etwas näher zum Mikro und wiederholte nachdrücklich: „Sebastian.“
„Ich kenne keinen Sebastian. Sie haben die falsche Adresse, tut mir leid.“ Das Rauschen verstummte, die Gegensprechanlage wieder ausgeschalten. Sebastian starrte ungläubig auf den Lautsprecher und setzte an, erneut zu klingeln, als sein Handy es stattdessen tat.
Er ließ seine Hand wieder fallen und zog das Handy aus seiner Jackentasche, um den Anruf anzunehmen. „Hör auf meine Nachbarn zu belästigen, Sebastian“, ertönte Cherries Stimme am Ende der Leitung und Sebastian warf einen irritierten Blick auf das Klingelschild – dort stand Davy, genau, wie Cherrie gesagt hatte.
„Bitte?“
Cherrie seufzte. „Ich habe dir eine falsche Adresse gegeben. Ich wohne gegenüber. Name: Lawrence.“
„Wieso?!“, fragte Sebastian genervt und wandte sich einmal um seine eigene Achse, um das Gebäude gegenüber anzusehen. In einem Fenster wurde die Jalousie hochgezogen und Cherrie winkte ihm mit ihrem Handy am Ohr zu. Sebastian zeigte ihr den Mittelfinger, seine schlechte Laune nur noch schlimmer.
„Das ist unhöflich, Sebastian.“ Cherrie winkte ihn dennoch heran. Sebastian verdrehte die Augen, nahm seinen Einkauf aber dennoch wieder auf und lief zu dem anderen Hauseingang. „Sorry für die Verwirrung, aber ich musste sicher gehen, dass du allein kommst und dass dir niemand folgt. Man weiß nie, ob du nicht am anderen Ende der Leitung bedroht wirst. Du verstehst.“
Sebastian gab eine Art Grunzen von sich, das weder das eine noch das andere bedeutete, und klingelte nachdrücklich einige Male beim Namen Lawrence.
Cherrie legte auf und Sebastian klingelte noch dreimal, ehe er sich an die Hauswand lehnte, bis ihm das Surren der Tür bedeutete, eintreten zu können. Er trat in den aus dunklem Holz bestehenden Hausflur, der angenehm blumig roch.
„Zweiter Stock“, rief Cherrie zu ihm herunter, als hätte Sebastian das nicht schon anhand des Fensters, vor dem sie gestanden hatte, herausgefunden.
Sebastian erklomm die Treppen drei Stufen auf einmal, wobei ihm die Tüte mit den Süßigkeiten gegen das Bein schlug. An Cherries Tür angekommen, erstarrte er sogleich wieder. „Ähm … Du trägst keine …“ Er deutete auf Cherries bloße Beine und wusste nicht so richtig, ob er hingucken oder weggucken sollte; Cherrie überschlug ihre sommersprossigen Beine und verschränkte ihre Arme vor dem dünnen Top, das neben ihrer Unterhose das einzige war, das sie trug.
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How To: Keep On Living
FanfictionZwanzig Jahre sind vergangen und Sebastians und Moriartys Wege haben sich wieder gekreuzt. Nun arbeitet Sebastian unter Moriarty und während seine Vergangenheit ihn noch immer nicht ruhen lässt, bröckelt Moriartys Reich, und irgendwie endet Sebastia...