Kapitel 1 | Frischer Wind

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Riffstern sprintete mit federnden Pfoten durch den dichten Wald, die Muskeln in seinen kräftigen Beinen angespannt und zugleich geschmeidig. Der weiche Waldboden dämpfte seine Schritte, während das dichte Blätterdach über ihm ein Wechselspiel aus Licht und Schatten auf seinen Pelz warf. Seit Sonnenhoch hatte er die Gesellschaft seiner Schwester Blumenschweif genossen, die erst vor Kurzem zum HimmelsClan kam und damit ihr früheres Leben als Hauskatze hinter sich gelassen hatte. Sie lief direkt neben ihm, das Fell leicht zerzaust vom hastigen Lauf durch Büsche und Farn, doch ein freudiges Leuchten in den Augen zeigte, wie sehr sie den Wald genoss.

Obwohl sie sich so lange nicht gesehen hatten, fühlte es sich für beide an, als wären sie nie voneinander getrennt gewesen. Ihre Schweifspitzen berührten sich, wenn sie an engen Stellen nebeneinander vorbeiliefen, und hin und wieder streifte Blumenschweif mit schnurrendem Lächeln Riffsterns Flanke. In ihren Blicken lag die Vertrautheit zweier Geschwister, die auf eine gemeinsame Vergangenheit voller Abenteuer zurückblicken konnten.

Der Wald war an diesem Tag besonders lebendig: Vögel zwitscherten in den Baumkronen, ab und zu huschte eine Maus durch das Unterholz, und der Wind raschelte in den hohen Ästen, als würde er ihnen ein Willkommenslied singen. Die Sonne stand noch hoch am Himmel und tauchte die Umgebung in ein warmes Licht, das durch die Blätter filterte und goldene Tupfen auf ihre Pelze malte. Riffstern genoss jeden Schritt. Seit Blumenschweif wieder im Clan war, verspürte er eine gewisse Leichtigkeit, die ihm in den letzten Monden gefehlt hatte.

Sie folgten einem alten, schmalen Pfad, der sich zwischen dichtem Farn und üppigen Büschen hindurchschlängelte. Manchmal waren noch schwache Kratzspuren und Duftmarken früherer Patrouillen zu erkennen, was Riffstern daran erinnerte, wie groß das Territorium des HimmelsClans tatsächlich war. Blumenschweif warf ihm einen liebevollen Blick zu und miaute sanft:

„Es ist so schön, endlich wieder durch diesen Wald zu streifen. Ich hätte nie gedacht, dass ich es so sehr vermisse."

Sie hatte seit dem Ende ihrer Hauskatzenzeit wieder Muskeln aufgebaut, und man merkte, dass ihr Herz schon immer dem freien Leben gehört hatte.

Riffstern berührte sie sacht mit seiner Schwanzspitze.

„Wir haben dich alle echt sehr vermisst. Als du auftauchtest und gesagt hast, dass du dich uns Anschließt, ist Wuschelohr fast zum SeelenClan gesprungen!", schnurrte Riffstern.

„Ich wusste, dass ich zu dir muss, nachdem ich spürte, wie sehr du mir gefehlt hast. Auch wenn es schwer war, Mia und das Junge bei ihr zu lassen, hatte ich das Gefühl, hierher zu gehören."

Die Erwähnung von Mia, ihrer anderen Schwester, rief einen kleinen Stich in Riffstern hervor. Er erinnerte sich an die Zeit, als sie alle noch zusammen durch den Wald streiften – damals trug er noch nicht den Namen Riffstern. Dass Mia jetzt immer noch als Hauskätzchen lebte, erschien ihm fern, doch er wusste, dass sie ihren eigenen Weg gehen musste. Blumenschweif erzählte, wie sie das Junge einst vor Streunern gerettet und sich Düster gestellt hatte. Riffsterns Augen funkelten vor Stolz, als er erfuhr, dass Blumenschweif siegreich aus dem Kampf hervorgegangen war – genau wie er selbst vor zwei Monden.

„Du hast wirklich viel Mut bewiesen", miaute er anerkennend.
Blumenschweif schnurrte leise. „Der kleine Fellball schien mir so schutzlos. Ich konnte nicht einfach zusehen. Zum Glück verläuft es dem Jungen jetzt gut – Mia wird sich liebevoll um es kümmern, das weiß ich."

Beide schwiegen einen Moment und genossen die leisen Geräusche des Waldes, der sie umgab. Schließlich setzte Riffstern seinen Weg fort und zuckte mit dem Schwanz, damit Blumenschweif ihm folgte. Mit geschmeidigen Sprüngen kamen sie an Farnhügeln und umgefallenen Baumstämmen vorbei, bis sie die Ringfelsen erreichten – eine hoch aufragende Felsformation, die weit über das Waldgebiet hinausragte. Hier oben konnte man einen Rundumblick auf das gesamte Territorium genießen: Die sanften Wellen von Bäumen, durch die der Wind strich, die entfernten Lichtungen, auf denen sich Beute tummelte, und die geschützten Pfade, die den Clan sicher durch sein Reich führten.

Survival Cats | Seelenfluss (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt