19- Das Abendprogramm

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Es reichte, wenn Tim wusste, das er in der Kirche gewesen war und wo er suchen musste, wenn er nicht mehr zurück kommen sollte nächstes Jahr. Immerhin würde er unter dem Jahr nicht in die Kirche gehen. Das war etwas, was er nur an Weihnachten tat und weiterhin tun würde. Stegi spießte sich ein bisschen Rührei auf und schob es sich in den Mund.
„ Ich hoffe, es schmeckt dir Kleiner. Ist ja unser vor letztes gemeinsames Frühstück hier. Die Zeit ist wirklich viel zu schnell um gegangen. Aber vielleicht kann ich mir an deinem Geburtstag ein paar Tage frei nehmen und dich noch mal besuchen kommen. Oder du kommst mal übers Wochenende zu mir. Wenn ich mir davor und danach n Tag frei nehme, haben wir wenigstens n bisschen Zeit zusammen." Wieso denn jetzt das Thema? Wollte Tim ihn zum heulen bringen? Er wollte darüber jetzt nicht nachdenken, aber wenn er bedachte, dass er sich übermorgen von Tim verabschieden musste, wurden seine Augen feucht. Ihm war gerade wirklich nach heulen zumute. Er wollte nicht loslassen. Nicht jetzt, nicht wo er Tim so sehr brauchte. Wo er seine Anwesenheit so sehr brauchte.
„ Kleiner jetzt fang mir nicht so an. Das hier ist ein schöner Tag. Kopf hoch und ein Lächeln auf die Lippen. So kann ich dich nicht sehen. Bitte Stegi. Lass uns das beste draus machen." Stegi hob die Lippen zu einem Lächeln, einfach nur um Tim zu beruhigen. So fühlen tat er sich definitiv nicht im Moment. Dennoch versuchte er es Tim zumindest vorzuspielen.
„ Hast ja recht. Wir machen uns jetzt noch drei schöne Tage und dann sehen wir weiter.", seufzte er und versuchte sein lächelnd aufrecht zu erhalten für Tim.
„ Essen ist ja nicht aus der Welt Kleiner." Da hatte Tim auch recht. Trotzdem war es nicht gerade nah und er hatte keine Lust die Strecke jedes Mal zu fahren. Man fuhr immer über so viele Ecken und Enden, die so unnötig waren, dass man eigentlich lieber mit dem Auto fahren wollte, wenn das nicht so anstrengend wäre. Aber er wollte auch keinen Neuanfang bei Tim in der Gegend machen. Er hatte sich nunmal hier sein Leben aufgebaut. Den Gedanken verbannte er vorerst aus seinem Kopf, um die schöne Zeit mit Tim in vollen Zügen genießen zu können. Trauer schieben konnte er, wenn Tim weg war.
„ Was schauen wir heute Abend nach der Bescherung eigentlich? Es laufen ja gefühlt auf allen Sendern irgendwelche Weihnachtsfilme. Ich würde gerne so nen richtig kitschigen schauen." Tim schien der Themenwechsel besser zu gefallen, denn er ging drauf ein und versuchte von dem traurigen Thema weg zu lenken.
„ Sorry Kleiner, aber es wird Kevin allein Zuhause. Der ist Pflicht. Wenn nicht siehst du ihn bei meinen Eltern. Max muss den jedes Jahr schauen, wenn wir zusammen kommen. Du kommst also nicht daran vorbei." Hatte er ja selbst nicht schon hundert mal gesehen. Wenn er den bei Tims Eltern schauen würde, konnten sie heute Abend ja was anderes schauen. Aber so was richtig gutes fiel ihm auf die Schnelle auch nicht. Mussten sie heute Abend spontan schauen. Genug Auswahl gab es ja.
„ Alternativ wenn du das nicht schauen willst, kann ich auch die Tradition meiner Eltern aufrecht halten und mit dir drei Haselnüsse für Aschenbrödel schauen. Der läuft sicher auf zwei oder drei Channels."
„ Auf gar keinen Fall.", protestierte Stegi sofort. Den hatte er daheim selbst oft genug gesehen wegen seiner älteren Schwester. Den würde er sich nicht freiwillig anschauen. Unter gar keinen Umständen. Nicht in diesem Leben und auch nicht im nächsten. Dazu hatte er ihn einmal zu oft gesehen.
„ Gut dann doch Kevin allein Zuhause. Oder du findest was in die Richtung." Dann suchte er lieber was in die Richtung. Vielleicht fand sich ja noch was gutes, was sie beide nicht kannte. Wobei er bezweifelte, dass es einen gab, den sie beide nicht kannten, der dann noch gut war.
„ Wir finden schon was. Spazieren, Kaffe trinken, n bisschen was zocken, essen machen, Bescherung, Film schauen und kuschelnd im Bett einschlafen. Ist doch bis jetzt ne gute Beschäftigung für den Tag. Was wollen wir noch machen? Wir haben sicher noch ein bisschen Zeit zwischen dem ganzen Essen." Bis jetzt war es sehr essenslastig. Daran mussten sie noch was ändern. Aber was machte man so typisch an Weihnachten. Mit seinen Eltern war er eben in die Kirche gegangen und essen vorbereiten hatte auch gedauert. Dann halt ein langer Spaziergang, als Kinder im Schnee spielen, Bescherung recht früh, damit man alles aufbauen und damit spielen konnte. Je älter sie waren, desto mehr hatten sie sie beim Essen machen geholfen, oder noch Plätzchen gebacken an dem Tag. Aber so wirklich dieses große Programm hatten sie nie gehabt und er bezweifelte, dass es bei Tim anders war. Weihnachten war mehr dieses familiäre zusammenkommen, gutes Essen und einfach die Zeit genießen.
„ Also bei uns war der Hauptpunkt immer einfach nur zusammen sein und miteinander reden. Wir werden ja sicher noch mit unseren Familien telefonieren. Da musst du bei meinen Eltern ne Stunde einplanen mindestens. Drunter wird meine Mutter nicht zulassen, jetzt wo es das erste Weihnachten ist, wo ich nicht daheim bin und erst über die Feiertage heim komme." Damit konnte man bei ihm auch rechnen. Gerade seine Schwester würde ihn ziemlich aufhalten. Immerhin hatte er sie jetzt schon ein paar Monate nicht mehr gesehen. Da hatten sie sich viel zu erzählen und das konnte sich im mehrstelligen Stundenbereich bewegen, wenn es extrem war.
„ Wir lassen den Tag einfach anrollen und dann schauen wir mal. Ich denke, bei mir wird es in ähnliche Dimensionen gehen. Wir schauen einfach mal, was so passieren wird. Ansonsten haben wir uns denke ich genug zu erzählen."

Sie hatten in Ruhe zu Ende gefrühstückt und dann bei Weihnachtsmusik sich was halbwegs ordentliche angezogen und ein paar Weihnachtsgrüße an Freunde und Familie verschickt, da sie ja niemanden sehen konnten. Telefonieren würden sie heute Abend vor oder nach der Bescherung. Danach hatten er Tim zu einem kleinen Special Weihnachtsstream bewegt, wo sie dann so richtig old school eine Runde SG wie früher gespielt hatten.

Eine kleine Weihnachtsüberraschung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt