03 - how to play

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wie gespielt wird


Als wir unter den verschmitzten und in einigen Fällen enttäuschten Blicken der anderen Gäste die Taverne verlassen, ziehe ich einen Autoschlüssel aus meiner Hosentasche und lasse ihn am ausgestreckten Arm vor der Nase des kleinen Mock baumeln.
"Du willst, dass ich deinen Wagen fahre?", neckt er mich und ich finde, er tut wirklich alles, um sich seinen Spitznamen redlich zu verdienen.
"Ich will, dass du mir hinterher fährst, mit dem da", deute ich auf einen kleinen Geländewagen mit Allradantrieb in verblasstem Rot. Er blinzelt überrascht, fängt sich aber schnell und deutet woanders hin.
"Ich könnte auch einfach meinen eigenen nehmen."
Tatsächlich, das könnte er. Ausnahmsweise mal kein tiefer gelegter Angeber-Sportwagen, um mich aufzureißen. Dennoch bestehe ich auf meine Wahl.
"Sicher, aber dieser Wagen hat ein paar Features, die dir gefallen werden", preise ich den Leihwagen an und lasse den Schlüssel hin und her pendeln, bis er ihn endlich aus meiner Hand pflückt.

Ich sehe ihm beim Einsteigen zu und deute auf das erste, wichtige Feature. Mit einem Knopfdruck ist seine Freisprechanlage mit der meines Wagens verbunden und ermöglicht uns eine weitere Unterhaltung während der Fahrt. Anschließend steige ich in meinen eigenen Wagen und wir machen uns auf den kurzen Weg zum Waldrand und den langen, gewundenen Weg durch den dunklen und immer dichter werdenden Wald bis zur Waldhüterhütte.
"Wieso hast du mich nicht einfach bei dir mitgenommen?", klingt es aus den Lautsprechern und ich grinse breit vor mich hin.
"Weil du am Ende einen Wagen brauchst, um zu deinem Bett zurückzukehren", erkläre ich leichthin aber mit einem deutlich ernsten Unterton. Besser, er entwickelt erst gar keine romantischen Gefühle. Dies hier ist ein Sexdate, nicht mehr und nicht weniger.
"Oh, wie lieb von dir. Mietest mir extra einen Leihwagen, damit ich alleine wieder heimkomme, nachdem ich dich zu sehr ausgelaugt habe, um mich zu fahren?", spottet er belustigt und ich lache leise auf. Der Kerl gefällt mir immer besser.
"Nicht ganz", gestehe ich grinsend. "Ich habe ihn nur für ein paar Stunden gemietet. Und auf dich." Zu gerne hätte ich sein Gesicht gesehen, als er entrüstet ins Mikrofon schnaubt. Zum Glück gibt seine Stimme preis, dass er das Ganze mit Humor nimmt. Sehr gut, ich will wirklich kein unnötiges Drama heute Abend.
"Du lässt mich dafür bezahlen?", mokiert er sich dennoch, aber ich höre auch sein Grinsen heraus. Ich lache leise und erkläre ihm dann, dass der Wagen immer vor dem Pub steht und es von mir nur eine offene Hand und ein Wink in seine Richtung benötigt, damit die Wirtin mir den Schlüssel aushändigt und die Verleihkosten aufs Zimmer meiner auserwählten Beute bucht.
"Du findest ihn morgen auf deiner Zimmerrechnung. Wenn es die Sache nicht wert war, kannst du die Position einfach streichen lassen."
Ich muss gestehen, bisher hatte ich nur einmal, dass jemand den Betrag hat streichen lassen und das nur, weil er ihn lieber bar bezahlt hat, um ihn von der Rechnung zu trennen, die er seinem Arbeitgeber zur Erstattung vorzulegen hatte. Ein Leihwagen, obwohl er mit einem Firmenwagen unterwegs war, hätte zu viele unangenehme Fragen aufgeworfen. Statt die Rechnung übernehmen zu müssen, finde ich manchmal sogar ein Guthaben auf meinem Deckel im Come Inn vor, mit dem Vermerk: "Worth every Penny!" Nicht immer von denen, bei denen ich derselben Meinung bin, aber was solls.

"Erzählst du mir von den anderen Features?" Mittlerweile ist eine leichte Anspannung bei ihm zu erkennen. Ihm scheint bewusst zu werden, wie eng und dunkel dieser Waldweg ist, den er später ganz allein und ohne vorausfahrende Rücklichter bewältigen muss. Zeit, ihm zu versichern, dass ich an seine Sicherheit ebenso gedacht habe wie an meine. Denn sie ist der Hauptgrund, warum ich den einsamen Waldweg nicht mit einem mir körperlich überlegenen, fremden Mann in meinem Auto absolviere.
"Abgesehen davon, dass die Scheinwerfer funktionieren und der Wagen geländegängig ist und Allradantrieb hat, verfügt er zusätzlich über ein Fahrassistenzsystem, das dir helfen wird, auf dem Rückweg die Spur zu halten. Außerdem hat er ein GPS-Signal. Es wird die Nachtwache des Stay alarmieren, wenn du nicht rechtzeitig zurück bist und uns darüber hinaus ermöglichen, den Wagen problemlos zu finden, solltest du trotz allem vom Weg abkommen."
"Wow", für einen Moment ist Mock sprachlos, dann lacht er leise, als wäre ihm eine Erkenntnis gekommen, die ihn wider besseren Wissens überrascht.
"Das nenn ich mal ein ausgeklügeltes System. Du machst das hier mit Sicherheit oft genug, damit sich das lohnt."
Ich lache laut auf und bestätige seine Überlegung ohne jede Scham. Ich bin ein Mann mit Bedürfnissen und habe meinen eigenen Weg gefunden, sie alle zu stillen. Mit einem Bruder als Lebensgefährten und einem Hookup hier und da, für den Sex. Aber natürlich wird der Wagen auch oft von Ortsansässigen benutzt, insbesondere wenn unsere Einladung eine Autofahrt im Dunkeln nötig macht.

Twin Tale (eine Zwillings-Saga)✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt