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Ich wache von der eisigen Kälte auf.
Ich kann mich nicht bewegen, ich bin zu schwach. Wo bin ich? Wo sind meine Eltern? Ich hoffe, dass es ihnen gut geht.
Wieso denke ich bloß zuerst an sie und nicht an mich?
Endlich mache ich meine Augen auf. Ich bin in einer Halle. Sie ist dunkel und still.
Hallo?
Ich habe keine Stimme. Da kommt kein laut raus. "Ha-o"
ich muss über mich selbst lachen.
Wie bin ich da bloß hinein geraten? Könnte das auch nur ein Traum sein?
Meine Hände kribbeln, als ich anfange sie zu bewegen. Ich fahre an meinen Handgelenken entlang und spüre abdrücke von Fesseln, doch sie wurden mir abgemacht.
Die Tür knarzt. Das Licht geht an und ich werde von der weißen Halle geblendet.

Ich sehe noch sehr verschwommen, aber ich erkenne einen Jungen, der auf mich  zukommt. Seine dunkelblonden Haare lassen ihn jünger wirken, als er wahrscheinlich ist.
"Wen haben wir denn da?" Sagt er und zwischen den Schwarzen Punkten vor den Augen erkenne ich weiße zähne aufblitzen. "Das ist gute Ware, in der Tat."

Meine Augen gewöhnen sich an das Licht, während er mit laut hallenden Schritten in meine Richtung geht.
"W-" ich bringe kein Wort zustande.
Langsam und kläglich stütze ich mich auf die Seite, doch meine hand knickt ein, sodass mein Ellenbogen als Stütze dienen muss. Ich schiele den jungen Kerl an, welcher sich plastik Handschuhe anzieht.
Er neigt sich zu mir runter und tastet mit seinen Händen meinen ganzen Körper ab. Erst das Gesicht. Er greift und tätschelt überall lang.
Als wäre ich der Teller vom Weihnachtsessen, dessen fett vollständig aufgesogen werden muss.

Doch ich muss zugeben, dass die Plastik handschuhe ein angenehmes Gefühl auf meiner kalten haut hinterlassen.

"Hmm"
Was hm?
"Okay. Die Entscheidung fällt mir nicht gerade schwer. Du kommst mit mir, so wie es aussieht."

Ich Seufze zufrieden. Hoffentlich geht es meinen Eltern gut. Und meinem Bruder..

Er nimmt meine Handgelenke in seine beiden warmen, behandschuhten Hände.
Dann schleift er mich den Gang entlang. Meine verschwitzten Beine scheuern am kalten Boden. Meine Oberschenkel werden bestimmt rot.
Ich werde schläfrig und Versuche, die Augen offen zu halten. Das fällt mir schwer, aber ich bin verpflichtet soweit stark zu bleiben. Als kleiner Akt der rebellion.

Ich weiß, dass sich von jetzt an alles ändern wird. Mein Leben lang hätte ich mich darauf vorbereiten können, doch meine Eltern, meine Freunde, niemand wollte es so einfach akzeptieren.
Es gibt Frauen, deren Bestimmung steht von Geburt and fest. Und so eine bin ich.
Ich weiß, was ich tun werde. Ich weiß, wozu ich verpflichtet bin.

Die untere SchichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt