Castle of Secrets

5. Kapitel

Die nächsten Tage musste Milan sich schonen. Jonas folgte ihm stets wie ein Schatten und entschuldigte sich immer und immer wieder dafür, dass er ihn nicht vor den Fischernetzen gewarnt hatte. Als sich Milan erkundigt hatte wer denn nun eigentlich Ramira war, hatte ihn die Antwort nicht wirklich überrascht. Ramira war eine Nymphe.
Sie war offenbar schon ziemlich lange mit Jonas befreundet.

Doch auch wenn sie Milan gerettet hatte, tat ihm trotzdem noch alles weh. Zudem hatte er auch noch mit einer Erkältung zu kämpfen. Jonas saß meistens neben ihm auf dem Sofa und versuchte ihn abzulenken, indem sie alle möglichen Serien schauten. Schließlich entschied sich Milan für einen Test. "Magst du Boyslove? Ich kenne einen guten Anime aus dem Genre."
sagte er möglichst beiläufig. Erstaunt sah Jonas ihn an. "Ich hätte nicht gedacht, dass du ein romantischer Typ bist. Bei unserem Filmeabend an deinem ersten Tag hier bist du schließlich mitten drin eingeschlafen."

Milan sah ihn verdutzt an. Er hatte eher eine andere Reaktion erwartet. Aber er freute sich über das Ergebnis. Und wie! "Ich liebe Romanzen. Aber bei unserem Filmeabend war ich einfach zu fertig. Willst du die Serie jetzt schauen oder nicht?"
"Kommt drauf an. Ist es nur Rumgeknutsche, oder gibt's auch ein bisschen Action?" meinte Jonas grinsend.
"Mehr Action als Romantik. Leider." Milan seufzte überdramatisch.

"Alles klar. Bin dabei!" sagte Jonas kichernd. Das Kichern verging ihm genau eine halbe Stunde später. "Ich hatte keine Ahnung, dass du diese Art von Action meintest." sagte er entgeistert.
"Und ich dachte du wärst nicht so unschuldig wie du aussiehst." sagte Milan und kicherte. Mit Jonas zu reden war so leicht.

"Ach. Sehe ich wirklich so unschuldig aus?" fragte Jonas schelmisch. Milan war gar nicht bewusst gewesen, wie nah sie nebeneinander saßen. Er spürte Jonas' warmen Atem auf seinem Gesicht. Ihm war plötzlich viel zu warm. "Wenn hier jemand unschuldig rüberkommt, dann du." flüsterte Jonas ihm ins Ohr. Milan schauderte. Jonas schnippte ihm gegen die Nase.
"Woran denkst du? Du solltest solche Serien wohl besser gar nicht sehen. Sie lassen dich immer an schmutzige Dinge denken. Und jetzt hör auf mich so anzuschauen. Der Bildschirm ist da vorne." Jonas deutete auf den Fernseher.

Milan hätte sich ohrfeigen können. War es wirklich so offensichtlich, was er dachte? Hatte Jonas gerade mit ihm geflirtet, oder hatte er ihn wieder nur ärgern wollen? Und sie saßen wirklich sehr nah beieinander. Er zuckte zusammen, als Jonas sich an seine Schulter lehnte. Die Schulter mit der Narbe. Es tat nicht weh oder etwas in der Art, aber trotzdem stellten sich seine Nackenhaare auf. Aber es fühlte sich nicht schlecht an.

Aber so sollte er nicht denken! Auch wenn Jonas offensichtlich nicht homophob war, er konnte nicht wissen, wie die Leute an seiner neuen Schule auf seine romantischen und sexuellen Präferenzen reagieren würden. Aber er ließ zu, dass Jonas sich an ihn kuschelte. Das war etwas, das auch beste Freunde tun konnten. "Weißt du," sagte Jonas halblaut. "Ich hab dich echt gern. Auch wenn du dich dauernd so anstellst. Als ich gesagt hab, dass du süß bist, hab ich das ernst gemeint. Es ist wirklich niedlich, wie du ständig rot wirst."

Milan starrte ihn mit großen Augen an. Das hatte er nun wirklich nicht erwartet. Erst dieser Flirt und jetzt nannte Jonas ihn schon wieder süß. "Ich bin... ich bin nicht..." stammelte er.
"Doch bist du. Und du wirst schon wieder rot." Jonas grinste. "Du stehst auf mich, stimmt's?" fragte er scherzhaft.

'Ja, natürlich, du Hohlbratze! Natürlich steh ich auf dich!' hätte Milan am liebsten gebrüllt, doch er traute sich nicht. Er war sich außerdem sicher, dass Jonas ihn nur veräppeln wollte. "Klar. Und morgen ist Weihnachten." erwiderte er. Es klang deutlich ruppiger als er beabsichtigt hatte, doch Jonas schien sich nicht daran zu stören.

"Tja, dann eben nicht. Aber du kannst nicht bestreiten, dass ich unfassbar attraktiv bin, oder?" fragte er und warf sich übertrieben in die Brust. Das brachte Milan zum Lachen.
"Klar. Du bist eine wahre Schönheit." stieß er hervor, während er versuchte, sich von seinem Lachanfall zu erholen. Völlig sinnlos. Auch Jonas konnte sich nicht mehr davon abhalten haltlos zu kichern.