★[𝐤𝐩𝐭.𝟎𝟓]★

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𝐎𝐫𝐚 𝐏𝐎𝐕...

Ich hörte das sanfte Klirren eines Schlüssels, als Eros die Tür meines Kerkers öffnete. Die schwere Tür schwang langsam auf, und ich konnte sehen, wie Eros Handschellen von der Wand nahm. Er kam auf mich zu, ergriff meinen Arm und legte mir die kalten Handschellen ums Handgelenk. „Mach keinen Mucks!", sagte er mit einem ernsten Ton. Ein merkwürdiges Gefühl durchströmte mich in diesem Moment. Gemeinsam verließen wir den Kerker und durchquerten das Schloss in Stille. Unterwegs trafen unsere Blicke auf Adonis, einen älteren Mann mit weißem Hemd und blauen Haaren, der in der Bibliothek saß. Nach kurzem Grübeln erkannte ich ihn als Adonis. Er schien uns bemerkt zu haben, seine tiefroten Augen folgten uns. Ich wandte meinen Blick sofort ab – Adonis durfte nicht wissen, dass ich hier war.

Eros führte uns durch eine Hintertür des Schlosses nach draußen. Als wir den Hof betraten, drehte er mich um und entfernte die Handschellen, die schmerzhafte Druckstellen auf meinen Handgelenken hinterlassen hatten. „Rheos hat mir befohlen, dich zurück zu deinem Bauernhof zu bringen, bzw. dich zurück in deinen Wald, Ora", erklärte Eros ruhig. Meine Bewegungen stockten kurz bei dieser Nachricht. „Also kennst du mich doch noch?", fragte ich überrascht. „Ja, aber lass uns darüber reden, wenn wir aus dem Königreich draußen sind", schlug er vor.

Schweigend folgte ich Eros bis zum Beginn des Waldes, wo er innehielt. „Ich halte mich kurz. Rheos hat mich damals zum Soldaten gemacht. Ich bin sein Leibwächter. Ich kann nicht allzu lange hier bleiben; er wird vermuten, dass etwas nicht stimmt", erklärte er mir. Ein zustimmendes Nicken war meine einzige Reaktion. Ich umarmte ihn kurz, und obwohl er anfangs verkrampft wirkte, entspannte er sich nach einigen Augenblicken und erwiderte die Umarmung. Als ich mich ein Stück zurückzog, sagte ich leise: „Ich habe dich vermisst, Eros. Auch Alice vermisst dich. Bitte, pass auf dich auf." Mit diesen Worten wandte ich mich ab und sah ein letztes Mal in sein Gesicht. Eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg über seine Wange. Eros und Alice hatten eine enge Verbindung zueinander. Er hatte oft auf sie aufgepasst, aber nachdem Alice ihm ihre Liebe gestanden hatte, hatte er sich nie wieder zurückgekehrt. Mit einem bedrückten Gefühl schritt ich durch meinen Wald. Ich spürte eine angespannte Stimmung, als ob etwas nicht stimmte. Die Bäume wirkten unruhig, und der Wind trug eine ungewöhnliche Spannung mit sich.

Unkonzentriert und in Gedanken versunken wanderte ich durch den Wald, als plötzlich das Jaulen von Arox erklang – ein vertrautes Signal, dass ich zurückgekehrt war. Rasch erschien Alice, die in Lichtgeschwindigkeit herbeigeflogen kam und sich in eine Elfe verwandelte, als sie vor mir stand. "Ora, da ist ein Mann an deiner Hütte und möchte dich sprechen", sagte sie. Verwundert rannte ich zu meiner Hütte, doch als ich näher kam und die Silhouette eines Mannes mit weißem Hemd und Schleier erkannte, verlangsamten sich meine Schritte. "Ora, so schnell rennen habe ich dich noch nie gesehen. Hat sich der Reh in dir erweitert?" hörte ich die weise Stimme von Adonis. "Wie bist du in meinen Wald eingedrungen?" fragte ich ihn wütend. "Beruhige dich. Ich komme in Frieden, nicht wie mein Bruder", sagte er ruhig. Ich konnte ihm nicht glauben, schließlich wohnte er mit Rheos unter einem Dach. "Sprich! Was willst du hier? Ich suche keinen Krieg", betonte ich. "Lass uns erstmal in deine schöne Hütte, Ora. Einen Gast sollte man immer nett einladen", schlug er vor. Er betrat die Hütte und setzte sich an meinen Holztisch. "Ich hätte gern Minztee", sagte er, während ich mich genervt zu meinem Kräuterschrank drehte und Minzblätter aus einem Glasbehälter nahm.

Auch Arox kam zu uns und setzte sich neben Adonis. Dieser begann, Arox zu kraulen, und Arox schien es zu genießen. "Arox mag mich wohl immer noch, seit ich ihn zum Geist gemacht habe, damit er weiter existieren kann", sagte Adonis wertend, während ich mit dem Rücken zu ihm stand und seinen Tee zubereitete. In meiner Bewegung stockte ich. "Was hast du gerade gesagt? Du warst das damals?" fragte ich geschockt. Er schaute auf und durchbohrte mich mit seinen roten Augen. "Ja, damals habe ich gesehen, wie Rheos deinen Wolf verbrannt hat. Er wollte ihn aufhalten, aber Arox war zu schwach. Als er auf dem Baumstamm lag und Rheos auf dich zugehen wollte, weckte ich Arox aus dem Koma, um dich zu retten", erklärte er und stockte kurz. Während er von der Vergangenheit sprach, nahm er einen Schluck Tee. "Du machst immer noch den besten Tee, Ora. Du könntest ihn gut bei uns am Schloss verkaufen", schlug er vor und nahm einen weiteren Schluck. "Damit Rheos mich direkt töten kann? Auf keinen Fall! Erzähle weiter aus deiner Perspektive!" sagte ich genervt. Adonis stellte seine Tasse ab. "Ich sah, wie du Rheos verbrannt hast. Er kam nicht in die Unterwelt, weil er mit mir verwandt ist. Ich nahm Aroxs Seele, um ihn als Geist weiterleben zu lassen", beendete er seine Erzählung. Ich starrte ins Leere und musste das Gesagte erst verarbeiten.

"Wieso kann Arox nicht mehr sprechen?" fragte ich Adonis, während selbst Arox ein Ohr in unsere Richtung spitzte. "Weil Geister unsere Sprache nicht sprechen", erklärte Adonis. "Aber er versteht uns doch", wandte ich verwundert ein. "Ja, aber er ist nur eine Seele, Ora. Er wird nie wieder leben können, weder essen, trinken, atmen noch riechen. Ein Wunder, dass er überhaupt hören kann – eigentlich sollte er uns nicht verstehen können", sagte er grübelnd. "Ich werde ihn wieder zum Leben erwecken!" sagte ich entschlossen. Adonis fing an zu lachen. "Ora, du bist zwar stark, etwas zu stark meiner Meinung. Du bist besonders, aber jemanden von den Toten erwecken kann selbst Rheos nicht", sagte er bedrückt. Doch ich ließ mich nicht entmutigen. Ich war entschlossen, es zu schaffen. Adonis stand vom Stuhl auf. "Es war ein Vergnügen, mit dir zu reden, Ora. Pass auf dich auf. Rheos weiß, dass du noch lebst. Er wird bald kommen", sagte er und verließ meine Hütte.

𝕾𝖔𝖚𝖑𝖘 [𝗴𝗲𝗿 𝗘𝗱𝗶𝘁𝗶𝗼𝗻]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt