Epilog

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Bereits am Nachmittag des Heiligen Abend war Hogar in seinen Heimatort, Biberach im Schwarzwald zurückgekommen und hatte mit seinem Cousin Jannogar die letzten Vorbereitungen für den gemeinsamen Abend getroffen. Danach begann er einige Schränke und Räumlichkeiten zu durchsuchen.

„Was kramst du da eigentlich die ganze Zeit herum?", wollte Jannogar neugierig wissen, dem Hogars Geschäftigkeit zu nerven begann.
„Hatten wir nicht irgendwo noch diese alten Weihnachtskarten?", fragte nun Hogar.
„Weihnachtskarten? Was stimmt denn mit dir nicht? Hat sich während deines Auftrages eine übertrieben sentimentale Seite an dir aufgetan?", stichelte Jannogar.
„Ja, vielleicht!", gab Hogar zu. „Jedenfalls kam mir eine Idee, die ich irgendwie gut finde."
„Hm, hm, hm", grummelte Jannogar und begann nun ebenfalls darüber nachzudenken, wo sich solche Karten befinden könnten. „Schau mal in der Kiste mit den alten Sachen deines Vaters nach, da könntest du Glück haben", schlug er nach einer Weile vor.

Daraufhin begab sich Hogar in die Abstellkammer unter dem Hausdach. Dort musste er zunächst einiges herausräumen und umsortieren, bevor er schließlich an eine verstaubte Kunststoffkiste heran kam. Auf einem seitlichen Aufkleber war noch die verblasste Bezeichnung ‚Samlabox' zu lesen. 

Danach öffnete der Troll die Kiste und entnahm viele Gegenstände, die er bereits seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hatte. Dabei wurde er langsamer und langsamer, da jedes der Stücke eine schöne Erinnerung an seine Eltern in ihm wach rief. Hogar nahm sich nun mehr und mehr Zeit um sich alles in Ruhe anzuschauen. 

Nach einer ganzen Weile gelangte er tief unten zu einem kleinen Karton, der tatsächlich einen Stapel von etwas mehr als zwanzig unbenutzten Weihnachtskarten, einige Osterkarten und sogar ein winziges Tintenfass mit einem Füllfederhalter enthielt.

Hogar wählte aus den drei verschiedenen Weihnachtsmotiven eine Karte aus, auf der ein altes Foto seines Heimatortes abgebildet war. Biberach selbst hatte sich freilich inzwischen stark verändert. Doch der deutliche Schriftzug ‚Frohe Weihnachten aus Biberach, Schwarzwald' stellte unmissverständlich klar, was die Abbildung zeigte. Zuerst benutze Hogar ein Stück Abfallpapier, um das Schreiben mit dem altmodischen Füller zu üben. 

Zuvor hatte er noch einige Zeit damit verbringen müssen, das Schreibgerät mit neuer Tinte aufzufüllen und sich dabei alle seine Finger dunkelblau eingefärbt. Respektvoll dachte Hogar darüber nach, wie man in früheren Zeiten mit solch primitiv anmutenden Dingen den Alltag meisten musste. 

Jetzt endlich konnte er die bereits historische Weihnachtskarte beschreiben, die er danach von beiden Seiten fotografierte. Schließlich versendete er die Fotos als digitale Nachricht über einen speziellen Grußkanal seines Providers.

Als beide Trolle abends an ihrem offenen Feuer hinter dem Haus saßen, berichtete Hogar über all die persönlichen Dinge seiner Eltern, die er in der Kiste gefunden hatte. Daraufhin tauschten die Cousins Kindheitserinnerungen aus und verloren sich dabei in heiteren wie traurigen Begebenheiten, die ihre jungen Jahre geprägt hatten.
Danach berichtete Hogar noch zusammenfassend von dem eher ungewöhnlichen Auftrag, den er noch am Morgen im weit entfernten Berlin ausgeführt hatte.

„War die Weihnachtskarte für jemanden dort bestimmt?", fragte schließlich Jannogar.
„Vielleicht", sagte Hogar.
„Aber was hast du denn nun auf die Karte geschrieben?", wollte Jannogar noch wissen.
„Süßer die Glocken nie klingen!", gab Hogar zur Antwort.
„Das ist alles? Die erste Zeile eines uralten Weihnachtsliedes?", wunderte sich Jannogar.
„Mehr brauchte es nicht", entgegnete Hogar.
„Hm, hm, hm", quittierte Jannorgar die knappe Antwort und beide Trolle ließen Heilig Abend am langsam niederbrennenden Feuer ausklingen.


aus der „Enzyklopädie der Schicksale",
Band 4: „Schattenhelden",
aufgezeichnet von Sven R. Göbel,
dem Meister in Recherche und Bericht



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Schattenhelden - Weihnachten ÜberlebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt