20 - Nächtliche Mission

34 6 4
                                    

Dánirah blickte Melish nach, als er in Richtung des Lagerzentrums davonging. „Glaubst du, dass die wichtigen Männer ihm zuhören werden?"

Berim zuckte die Schultern. „Wenn sie auf jemanden hören, dann auf Melish. Falls deine Information richtig ist, sollten wir sobald als möglich dem König zu Hilfe eilen. Aber ich kann leider nicht ausschließen, dass die Befehlshaber an deinen Worten zweifeln werden oder sogar vermuten, dass jemand dich geschickt hat, um uns in eine Falle zu locken."

Liha wollte aufspringen, aber Dánirah hielt ihn zurück. „Er hat recht, warum sollten Keleni einer Tanna vertrauen, die sie noch nie gesehen haben? Unsere Völker leben zu unterschiedlich, und Misstrauen steht auf beiden Seiten oft im Vordergrund. Aber wie sollte ich euch in eine Falle locken? Ich weiß ja nicht einmal genau, wo die Nordländer ihren Hinterhalt für den König eingerichtet haben, nur dass sie so etwas planen und zuversichtlich sind, dass der König darauf hereinfällt."

„Genau, und schon deshalb glaube ich dir, Tochter der Dämmerung. Wenn unsere Befehlshaber vernünftig sind, werden sie zum selben Schluss kommen." Er stand auf, duckte sich ins Zelt und kehrte mit einer Decke und einer Schale zurück.

„Wann hast du zuletzt etwas gegessen?" Dánirahs Magen nahm ihr mit einem lauten Rumpeln die Antwort ab. Berim lächelte und reichte ihr die Schüssel. „Hier. Es ist zwar kalt, aber bestimmt immer noch nahrhaft."

Dánirah bedankte sich und schlang gierig den Eintopf hinunter. Er schmeckte ungewohnt, aber das tat Keleni-Nahrung eigentlich immer, schon wegen der fremdartigen Gewürze. Sie hatte ihre Mahlzeit noch nicht beendet, als Melish mit einem mürrischen Gesichtsausdruck ans Feuer zurückkehrte.

„Ich hatte leider Pech. Beide Offiziere schlafen inzwischen und ihre Helfer ließen sich nicht dazu bewegen, sie die hohen Herren zu wecken. Sie meinten, keine Information könnte wichtig genug sein, dass sie nich bis morgen warten könnte. Wir werden uns also wohl bis Sonnenaufgang gedulden müssen."

Berim fluchte leise. „Und was ist, wenn wir dadurch zu spät kommen? Vermutlich werden sie dich erst nach einem ausgiebigen Frühstück empfangen."

„Ich weiß." Melish gähnte und hielt sich die Hand vor den Mund, während er die Schultern zuckte. „Leider scheint der Schlaf der noblen Herren wichtiger zu sein als Dánirahs Nachricht. Wir können nicht viel dagegen unternehmen."

Dánirah senkte enttäuscht den Blick. Melish schenkte ihr ein Lächeln. „Ich stehe morgen früh auf und versuche es nochmals."

Damit zog er sich ins Zelt zurück. Berim blickte ihm mit sorgenvollem Gesicht nach. „Er hat wohl leider recht. Kommt, wir sollten uns auch hinlegen."

„Kann ich hier beim Feuer schlafen?" Nach ihrem Abenteuer im Söldnerlager scheute sich Dánirah, mit so vielen fremden Männern ein Zelt zu teilen. Alles hier war fremd und so ganz anders als in einem Lager der Tannarí, wo immer auch Frauen und Kinder zugegen waren.

Berim blickte zum sternklaren Himmel. „Es wird heute wohl weder schneien noch regnen, warum also nicht. Und du, Liha?"

Der junge Mann stand auf, zögerte aber. „Ich hole nur rasche meine Decke und bleibe dann bei Dánirah."

Dánirah glaubte, in den Augen des älteren Kriegers Verständnis zu lesen, als er sich mit einem Nicken verabschiedete und das Zelt betrat. Sie war froh, als Liha kurz darauf mit seiner Decke zurückkam und sich neben sie setzte.

„Wie ist es dir ergangen?" der junge Krieger schien nicht besonders müde zu sein.

Dánirah zog sich die Decke über die Schultern. „Ich bin eigentlich ganz gut vorangekommen, bis ich auf diese Söldner stieß. Allerdings habe ich meine Mutter noch nicht gefunden."

Liha & Dánirah - Der Drache und die TräumerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt