Ein kalter Luftzug strich über Noaks empfindliche Nase und sie bewegte sich unruhig im Schlaf. Ihre Schuppen gaben dabei ein leises Rascheln von sich und sie öffnete zögernd ein Auge. Der Tag nach der großen Schlacht ging zu Ende und versank in der wohltuenden Dämmerung.Die Hrankae rollte ihren Nacken und streckte ihren Schwanz bis zur äußersten Spitze. Es war Zeit, ihren gemütlichen Ruheplatz zu verlassen und nachzusehen, was die Menschen tagsüber alles getan hatten. Auf der anderen Seite der Höhle schlief Salik noch friedlich und benutzte seinen Schwanzschild als Kopfkissen. Sie schubste den jüngeren Drachenschatten an und er blinzelte.
„Lass uns losfliegen und herausfinden, was die Kaedin zu berichten haben."
Salik brummte etwas, erhob sich aber. In ihrer Schattenform, wandten sich die beiden Drachenschatten durch den engen Höhleneingang in der Klippe unterhalb der Grabhügel. Auf dem schmalen Felsband vor der Höhle sog Noak die kühle Abendluft durch die Nüstern. Der hässliche Gestank nach Menschen, Pferden und ihren Feuern war heute nicht mehr so ausgeprägt. Aber der Wind, der über die Ebene strich, trug den süßen Geruch von Tod und Verwesung vom Fluss hinauf zu ihrer Klippe. Noak atmete ihn tief ein bevor sie die Flügel ausbreitete und hinauf zum Treffpunkt beim stehenden Stein flog. Der jüngere Hrankae folgte ihr und landete an ihrer Seite.
Neben dem Stein warteten bereits drei Kaedin auf sie und überfluteten die beiden Drachenschatten mit warmen Gedankenbildern der Dankbarkeit.
Noak legte ihren massiven Hopf auf ihre Vorderpranken, um näher bei den kleinen Wesen zu sein. „Seid ihr sicher, dass die Eindringlinge alle weg sind?"
Sie empfing Bilder von Kriegern, die durch das Grasland flüchteten, sich in kleine Gruppen zerstreuten und auf schmalen Pfaden in die dünn besiedelten Gebiete des Nordens zurückzogen.
Noak blinzelte, immer noch überwältigt von ihrem neuentdeckten Zugang zur Kommunikation der kleinen Dunkelheiten, und wandte sich an Salik. „Die Kaedin glauben, dass sich die Nordländer zerstreuen und zurückziehen."
„Das ist, worauf wir gehofft haben." Er entblößte zwei Reihen scharfer Zähne in einem breiten Drachenlächeln.
Die ältere Hrankae nickte. „Ja, es sieht so aus, als ob die Ebenen bald wieder den Xylin und Kaedin gehören werden. Ohne Zweifel werden die Keleni in ihre Dörfer und Städte zurückkehren, sobald die Gefahr vorbei ist. Es verlangt sie nicht nach den unfruchtbaren Ländern des Nordens."
Sie leckte ihre Lippen und rülpste eine zufriedene schwarze Rauchwolke. „Bald können auch wir nach Hause zurückkehren, wo die Bergwinde den Schnee über die Höhen von Eshekir peitschen und die Menschen nicht zu wandeln wagen."
Die Kaedin erschauerten bei Anblick ihrer Gedankenbilder von schneebedeckten Höhen und sturmgepeitschten Gipfel. Eines rollte sich zusammen, als seien die eisigen Winde real spürbar. Dann huschten die kleinen Dunkelheiten davon, aber nicht ohne noch einmal eine Welle der Dankbarkeit zu projizieren, vermischt mit der Sehnsucht nach warmen Frühlingsnächten.
Ein raues Lachen kitzelte Noaks Kehle. „Es tut mir leid, meine kleinen Freunde. Ich wollte euch nicht erschrecken."
Die Kaedin antworteten mit dem Bild einer friedlichen Wiese im Licht des Vollmonds.
„Lass uns mit unseren eigenen Augen überprüfen, ob dieser Krieg wirklich zu Ende ist." Noak konnte es nicht erwarten, diese trostlose Gegend und die Geschäfte der Menschen endlich hinter sich zu lassen und nach Süden zu fliegen. Aber sie wollte Ranoz einen vollen Erfolg melden können und musste sich deshalb zuerst vom Ende der Kämpfe versichern.
Vom Gipfelplateau flogen die Drachenschatten auf der Suche nach den Truppen der Keleni nach Norden. Die Krieger waren einfach aufzufinden. In ordentlichen Reihen bildeten ihre Lagerfeuer ein regelmäßiges Muster in der Landschaft. Die kleineren Feuer der Tannarí lagen ganz an der westlichen Flanke, aber die Nordländer waren schwieriger zu finden. Wie von den Kaedin gemeldet, hatten sie sich in unzählige Gruppen versprengt und bewegten sich schnell in verschiedene Richtungen.
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Liha & Dánirah - Der Drache und die Träumerin
FantasyLiha würde alles tun, seine Familie zurückzubekommen. Aber ihm bleibt nur die Rache. Deshalb will er dem Heer des Königs beitreten, um dieses Ziel zu erreichen. In der goldenen Stadt Penira lernt er aber rasch, dass er zuerst seinen Wert beweisen mu...