Until Dead

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'Das Gefühl verloren zu sein ist hart. Wenn niemand dich beachtet. Wenn du von deinen Mitmenschen jeden Tag fertig gemacht wirst. Wenn die Schnitte jeden verdammten Tag tiefer und tiefer werden.
Das ist der Moment an dem man sich fragt: sollte ich, will ich wirklich so weiter leben? Würde es irgendjemanden kümmern, wenn man von der Welt gehen würde? Würde jemand um dich trauern? Weinen? Nur eine Träne um mich vergießen?
Oder würden sie lachen und sagen: "Das arme kleine Mädchen hat sich umgebracht" oder "Sie hat es verdient zu sterben!"
Ich glaube, gerade meine Mobber würden am meisten lachen.
Ich bin alleine in meiner dunklen, einsamen, kleinen Welt und warte darauf, dass irgendwer wieder Farbe und Licht in mein Leben bringt. Aber bei mir schwindet diese Hoffnung, auf ein besseres Leben, Tag für Tag. Es heißt, die Hoffnung stirbt zuletzt und meine ist am sterben.
Also was ist da noch in meinem Leben? Jeden Tag das selbe!'

Ich schloss mein Tagebuch, steckte es zurück in meine Tasche und stand auf. Ich zog die Ärmel meines Hoodies noch weiter runter und lief, wie immer, mit gesenktem Kopf. Ich lief zu den Toiletten und stellte mich dort vor den Spiegel.
Ich atmete tief durch. Meine Maske war kurz davor zu brechen. Sie war perfektioniert. So perfekt, dass niemand mein wahres, gebrochenes Ich sehen konnte.

Die Tür öffnete dich und meine weiblichen Mobber traten ein. Als sie mich sahen, fingen sie wie auf Kommando an zu lachen.

"Guckt mal die Schlampe ist ja wieder da!"

Ich musste schlucken, aber das war ich gewohnt. Ich wollte mich an ihnen vorbei drängen und weglaufen, aber die Anführerin der Clique Celine schubste mich zurück, sodass ich zu Boden fiel. Ich machte mir nicht die Mühe wieder aufzustehen, denn sie würden mich immer und immer wieder zu Boden schubsen. Sie kickten meine Tasche in die Ecke und kamen auf mich zu. Ich rührte mich nicht, selbst wenn ich mich wehren würde, würde es auch nichts bringen.

Celine hob ihren Absatz ihrer pinken High-Heels und trat mit aller Kraft auf meine Hand. Ein schmerzerfüllter Schrei entfuhr mir und hallte im Raum nach. Es klingelte zur Stunde. Sie trat mir noch einmal mit voller Kraft in die Seite, drehte sich um und verschwand mit ihrem Fußvolk.

Langsam stand ich ächzend auf, schulterte meinen Rucksack und ohne einen Blick in den Spiegel zu werfen verließ ich die Toiletten. Ich schlich die Gänge zu meinem Klassenzimmer entlang.
Als ich um die Ecke bog, sah ich wer dort alles stand. Meine männlichen Peiniger. Sie standen mitten im Gang. Ich wollte umdrehen und weggehen, aber mein Körper war wie gelähmt.

Einer der Jungs entdeckte mich, stieß dem Anführer in die Seite und sagte ihm etwas. Daraufhin drehte sich die Gruppe um und lief auf mich zu. Ich wollte mich umdrehen und verschwinden, aber meine Füße gehorchten mir nicht.

"Guckt mal die kleine Fette!" rief der Anführer, Daniel. Der Rest, der hinter ihm stand, fing an zu lachen.

"Klein, fett, dumm, hässlich! Oh man ey, mir fallen immer mehr Wörter für das da ein!" rief ein anderer und ebenfalls wie auf Kommando lachten alle wieder.

"Oh, hat die arme Kleine wieder geweint?! Komm geh dich doch ritzen oder noch bessere Idee, geh dich doch gleich umbringen!"

Die Mädchen machten mich körperlich fertig, aber das war ertragbar. Aber die Jungs machten mich seelisch fertig. Die Schmerzen die, die Jungs mir zufügten waren um einiges schlimmer als die der Mädchen.

Körperliche Schmerzen verheilen und sind irgendwann verschwunden. Aber seelische hingegen verheilen nicht, sie verschwinden auch nicht. Sie sind für immer da und erinnern einen für den Rest des Lebens an diese schlimmen Zeiten.

Ich drehte mich um und ging. Wie immer rannte ich davor weg. Aber wer würde das nicht tun? Ich hatte mich entschieden. Einen Fuß vor den anderen.

Sie riefen mir Sachen hinterher wie: 'Schlampe', 'Fette', 'Hässlich' und noch andere Worte.

Der Schmerz war noch nie so stark. Meine Beine leiteten mich zu meinem Ziel. Ich bin angekommen. An der Stelle an der ich oft überlegt hatte es zu tun, aber ich war immer zu feige.

Die Brücke. Ich setzte mich an den Rand und nahm aus mein Tagebuch aus meinem Rucksack. Ich schrieb:

'Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber ich glaube nicht, dass das stimmt.
Ich habe schon lange auf ein besseres Leben gehofft, doch irgendwann habe ich beschlossen, dass es nichts bringt zu hoffen. Ich weiß nicht was ich falsch gemacht habe, dass sie mich so sehr hassen, aber vielleicht habe ich das verdient. Ich denke, dass niemand um mich trauern wird.
Egal. Ein Wort das viel beschreibt. Mir ist jetzt alles egal.
Ihr müsst mich nicht in irgendeinem Grab bei anderen Toten begraben, ihr müsst nicht meine Peiniger anzeigen, ihr müsst keine Träne um mich vergießen.
Das ist egal! Ich bin egal! Ich will auch meine Peiniger nicht beleidigen, denn dann wäre ich kein bisschen besser als sie!
Mein Leben besteht aus nichts.

Auf Wiedersehen!'


Ich legte mein Tagebuch aufgeschlagen auf meine Tasche, zog meinen Hoodie aus, öffnete meine Haare, holte alle Wertsachen aus meinen Taschen und legte alles zu meinem Tagebuch.

Ich kletterte auf das Geländer. Ich sog noch einmal alle Gerüche der Natur ein, drehte mich mit dem Rücken zum Wasser, atmete aus und machte einen Schritt nach hinten. Ich fiel tiefer und tiefer, bis ich aufkam. Meine Klamotten durch nässten bis zu meiner Haut.
Ich sank. Die Luft wurde immer weniger. Meine Lungen zogen sich zusammen und schmerzten.

Ich hielt meine Augen geschlossen und fühlte nichts mehr. Keinen Schmerz. Keine Trauer. Keine Wut oder sonstiges. Ich fühlte mich nur noch frei.
Meine Lungen füllten sich mit Wasser.
Und plötzlich war überall tiefe, schwarze Dunkelheit.

Ich war Tod.

[A/N die Geschichte ist jetzt schon über ein Jahr alt und ich hab sie mal ein bisschen verändert. Mir gefällt es so besser.
Ein Teil der Geschichte erzählt ein bisschen aus meiner Vergangenheit. Wer es mir nicht glaubt oder damit nicht klar kommt, kann einfach gehen. Ich will damit kein Mitleid oder ähnliches. Einfach nur etwas verarbeiten.]

Lied: Nevermind - BTS

Bis in den TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt